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Jenseits des Spiegels

Jenseits des Spiegels

Titel: Jenseits des Spiegels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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sollte, kann ich mich nicht daran erinnern.“
    Meine Schultern sackten herunter. Toll, super, jetzt war ich nicht nur ohne Vergangenheit, jetzt bekam ich auch noch Halluzinationen. Wie sonst konnte ich mir so sicher sein, dass ich schon mal hier gewesen war? Verdammt, das war so frustrierend! Ich wusste genau, dass ich mich nicht irrte, aber andererseits war  mir in Fangs Haus auch so vieles vertraut gewesen, und es stand nun mal fest, dass ich da noch nie gewesen war. „Ich bin so was von im Arsch“, murmelte ich bitter.
    „Hey, nun lass mal den Kopf nicht hängen.“ Kovu zog mich in seine Arme, und achtete gar nicht darauf, dass ich mich bei der plötzlichen, körperlichen Nähe anspannte. Oder – was ich eher glaubte – er ignorierte es einfach. „Es dauert vielleicht ein bisschen länger, aber irgendwann wirst du wieder alles wissen.“
    Ich fragte mich, wie er sich da so sicher sein konnte. Er klang so überzeugt, dass ich es fast selber glaubte, dass neue Hoffnung ihr Haupt in meinem Innersten erhob, und zu einer wunderschönen Blüte reifen wollte. „Und wenn nicht?“
    „Dann erfinden wir halt eine.“
    Das ließ meinen Mundwinkel zuckten. „Erfinden?“
    „Wir überlegen uns wo du geboren wurdest, wie es da aussah, und wie deine Eltern so waren, wir schaffen dir eine Vergangenheit, mit zehn Brüdern auf einem großen Bauernhof, auf dem ihr Greife züchtet. Und du musstest da weg, weil du dich mit deiner Familie verkracht hast, da ihnen dein neuer Freund nicht passte.“
    Oh man, und ich hatte schon geglaubt, dass ich eine blühende Phantasie besaß. Aber wenigstens konnte ich mich bei seinen Hirngespinsten entspannen. Es war mir dabei nicht mal unangenehm, dass er mich im Arm hielt. Er war einfach … normal. Kein Knurren, kein Fell, nur ein netter Typ, der mich ein wenig trösten wollte, und das rechnete ich ihm sehr hoch an.
    Natürlich warf ein Moment wie dieser wieder die Frage auf, warum ich es nicht mochte angefasst zu werden. Hatte es wirklich etwas damit zu tun, dass sie Werwölfe waren, oder steckte mehr dahinter?
    „Dann bist du mit sechzehn durchgebrannt, und hast den Kerl zu deinem Gefährten genommen“, baute Kovu seine Hirngespinste weiter aus. „Doch leider war er dir nicht so treu, wie du es dir gewünscht hast, weswegen seine Einzelteile nun verstreut in verschiedenen Gewässern vor sich hin rotten.“
    Der Gorgone schien nicht so recht zu wissen, was er mit uns anfangen sollte. Wahrscheinlich hielt er uns mittlerweile beide für verrückt. Kein Wunder bei Kovus Geschichte.
    „Du hast einen ganz schönen Knall, weißt du das eigentlich?“ Ich kuschelte meine Wange unter sein Kinn, und genoss es einfach nur, so im Arm gehalten zu werden. Ich wusste nicht mal mehr, wie lange es her war, dass ich das so völlig entspannt tun konnte, einfach nur einen anderen spüren, ohne das kleinste bisschen Angst. Das war nicht mal bei Pal so gewesen. Klar, ich hatte mich bei ihm schon ziemlich sicher gefühlt, und ihm hin und wieder auch erlaubt, mich zu berühren, aber bei Kovu war es trotzdem etwas anderes. Es war einfach seine Kindliche Art ohne Hintergedanken. Bei ihm konnte ich mich völlig entspannen.
    „Nein, das ist mein Ernst. Wir müssen uns nur noch überlegen, wie du von der Ermordung deines betrügerischen Gefährten auf Fangs Dachboden gekommen bist, danach können wir uns weitere Einzelheiten ausdenken, und …“ Er verstummte einen Moment. „Mist, jetzt wird’s lustig.“
    Kovus plötzliche Anspannung, spürte ich sofort, und als ich den Kopf ein wenig drehte, wusste ich auch woher sie kam. Vor der Glaswand, in Reih und Glied, standen Tyge – mit verschränkten Armen –, Veith – eine echt tiefe Falte zwischen den Augen –, Julica – über irgendwas schien die sich tierisch zu freuen –, und Pal – neugierig hatte er den Kopf geneigt, als wollte er fragen: „Was soll das werden?“  Ihre Gesichter waren schon halb in Schatten getaucht, weil die Dämmerung bereits weit fortgeschritten war, der Abend stand direkt vor der Tür, genau wie die vier da draußen.
    Sie alle hatten ihre Augen auf uns gerichtet, und plötzlich war ich mir nicht mehr so sicher, ob es so eine gute Idee gewesen war, schon mal mit Kovu in die Stadt zu gehen. „Wir könnten durch die Hintertür verschwinden“, überlegte ich laut.
    „Sie können dich hören“, teilte Kovu mir mit.
    „Durch die Wand?“
    Darauf brauchte der Kleine nicht antworten, das taten die vier auf der Straße

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