Jenseits des Spiegels
Küche verzogen, um uns den Wanst vollzuhauen – ja, Pal hatte auch kräftig zugelangt, sein zweites Frühstück, wie er mir erklärt hatte –, und hatten anschließend das Haus verlassen. Pal, Julica und Kovu hatten sich kurz darauf von uns getrennt, um im Stadtarchiv nach möglichen Hinweisen zu forschen, die uns entgangen sein könnten.
Nach unserer Rückkehr würde ich mit Gaare sprechen. Vielleicht hatte er ja was Neues zu berichten, aber jetzt stand erst mal – hoffentlich – ein Besuch bei den Wächtern an.
Die ganze Wartezeit über, blieb es mehr oder weniger Still im Raum. Tyge war ein genauso schweigsamer Typ wie sein Sohn – na irgendwoher musste er das ja auch haben. Als Djenan dann endlich durch den Vorhang kam, war das schon fast eine Erleichterung. Diese drückende Stille voller Anspannung und Erwartungen war ja kaum auszuhalten.
Er beachtete die Werwölfe gar nicht, kam direkt zu mir, und drückte mir einen Kuss auf die Wange, wie er es immer tat. Natürlich musste er sich dazu sehr weit runter beugen. Manchmal fragte ich mich, ob die Luft da oben nicht zu dünn war. „Alles gut gelaufen? Hast du den Weg gefunden?“
Ich nickte. „Alles prima, die Lykaner haben mich kurz vor dem Lager aufgegabelt, und zu ihrem Alpha gebracht.“ Das sie vorher versucht hatten mich zu lynchen, ließ ich besser unerwähnt. Musste ja nicht jeder wissen, dass ich bei den Werwölfen nicht so beliebt war, wie ich es gerne hätte.
„Und der Rückweg?“
„Auch super, ich hatte ja Gesellschaft.“ Die mich auf halbem Wege einfach im Stich gelassen hatte – oder ich sie? Das war Ansichtssache. Aber auch das ließ ich erst mal unerwähnt.
Er nickte, und lehnte sich gegen den Tisch. Die Lykaner in seinem Rücken wurden immer noch nicht beachtet. Hatte er was gegen sie? Musste die alte Geschichte zwischen Hund und Katz sein. „Und warum musst du dann so dringen mit mir
alleine
sprechen?“
Mein Mundwinkel zuckte. Alleine. Meine Gesellschaft passte ihm wohl wirklich nicht. „Du hast mir mal erzählt, dass Obajas Gefährte ein Wächter ist.“
Mit einer Kopfbewegung stimmte er mir zu. „Recep, ein Vampir.“
Ein Vampir? Ich wusste gar nicht, dass es hier auch Liebeleien speziesübergreifend gab. Hatte ich noch nie gesehen, und das durfte auch die eine oder andere Auseinandersetzung zwischen dem Pärchen erklären. Ich hatte den doch sehr kühlen Feriin kennengelernt, und wenn Recep genauso war, wunderte es mich nicht, dass er mit dem Feuer einer Therianerin nicht umgehen konnte. Die Geschichte wie die beiden zusammengekommen waren, würde ich gerne mal hören, aber nicht jetzt, jetzt hatte ich anderes im Kopf. „Ähm ja, meinst du … also, wir bräuchten …“
„Soll ich später noch mal wiederkommen, wenn du deine Worte geordnet hast, oder soll ich entschlüsseln, was du mir durch diesen Wortsalat versuchst mitzuteilen?“ Typisch Djenan.
„Entschlüsseln wäre schon nicht schlecht“, murmelte ich, und warf einen Blick zu Veith. Keine Ahnung warum, aber nachdem er mir zunickte, als wolle er sein Einverständnis dazu geben, dass ich Djenan alles erzähle, lockerte sich meine Zunge.
Ich berichtete Big Daddy von Isla, von Anwars feindlicher Haltung gegenüber den Lykanern, von der Auseinandersetzung mit dem Steinbachrudel, von meinem Gespräch mit Gaare, und von dem Besuch in Priscas Haus. Auch ließ ich unseren kleinen, nicht sehr ergiebigen Einbruch in Anwars Büro nicht aus. „… eigentlich nur herausgefunden, dass Anwar Kaj erpresst“, endete ich. „Mir den verschwundenen Lykanern sind wir noch keinen Schritt weiter gekommen.“
Eine von Djenans Augenbrauen wanderte nach oben, eine Reaktion, die ich häufig bei ihm hervorlockte. „Und jetzt möchtest du, dass ich mich mit Recep in Verbindung setzte, damit er euch Einblick in die Wächterakten gibt.“
Mein Grinsen wurde von ihm mit einem ungläubigen Schnauben kommentiert.
„Weißt du eigentlich wie sich das anhört?“
„Wie ein schlechter Krimi voller Verschwörungen und Intrigen, die nur durch einen strahlenden Helden enträtselt werden können?“
„Nein, als hättest du das letzte bisschen Verstand das dir noch geblieben ist nun auch noch verloren.“
Veith knurrte, und Tyge stellten sich praktisch die Nackenhaare auf.
Ich machte mir nicht sehr viel daraus. Das war eben mein Big Daddy. „Ich wusste gar nicht, dass da noch was übrig war.“
Das ließ Djenan lautstark seufzen. „Hast du es schon mal auf anderem Wege
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