Jenseits des Spiegels
probiert, zum Beispiel mit Erion darüber gesprochen?“
„Nein, und das werde ich auch nicht. Erion mag mich vielleicht, aber er ist immer noch Anwars Sohn. Ich glaube nicht, dass er seinem Vater in den Rücken fallen würde, nicht bei den Verdacht den wir hegen.“
„Einen ziemlich weit hergeholten Verdacht“, kommentierte er.
„Aber trotzdem ein Verdacht. Der einzige den wir haben, weswegen wir ihm nachgehen müssen.“ Ich versuchte einen Welpenblick, der bei ihm irgendwie noch nie funktioniert hatte. „Kannst du uns nun helfen?“
Djenan sah mich von oben herab mit diesem strengen Blick an, unter dem ich mich immer ganz klein und hilflos fühlte. „Warum
euch
? Was hast du damit zu tun? Sie haben dich praktisch ausgesetzte.“
Aha, daher kam also diese Feindlichkeit. Er war verärgert darüber, dass die Werwölfe mich einfach bei Anwar gelassen hatten. „Sie haben mir die ersten Tage geholfen.“ Warum verteidigte ich ihr Verhalten jetzt auch noch? Ich sah es doch ganz genauso wie Djenan.
„Du hast deine Schuldigkeit mehr als geleistet“, sagte er völlig ungerührt.
Oh man. „Bitte Djenan, vergiss das einen Augenblick, das ist jetzt nicht Thema.“
Sein Blick teilte mir unzweifelhaft mit, dass er es ganz sicher nicht vergessen würde, beließ es aber vorerst dabei. „Ihr solltet noch einmal versuchen in den verschlossenen Raum zu gelangen. Vielleicht findet ihr da etwas.“
„Wenn sich die Möglichkeit ergibt, werden wir das bestimmte machen“, erwiderte ich, „aber jetzt müssen wir erst mal an die Akten rankommen. Also, was ist nun, hilfst du uns, oder müssen wir eine weiteren, weitaus gefährlicheren Einbruch wagen?“
Dafür dass ich überhaupt diesen Gedanken hatte, ditschte Djenan mir ganz nach Katzenmanie auf den Kopf. Es war nicht das erste Mal. Das tat er immer, wenn er mich wegen unbedachter Äußerungen ermahnen wollte. „Warte hier.“ Immer noch, ohne Notiz von den beiden Lykanern zu nehmen, verließ er das Hinterzimmer.
Kaum das der Vorhang hinter ihm zugefallen war, begann wieder diese nervenaufreibende Stille, die voller Erwartungen auf uns niederdrückte. Was würde geschehen?
°°°
Mit einem schweren Seufzer verließ ich an Pals Seite Gaares Bibliothek. Die Informationen die er uns hatte geben können, waren genau die gleichen, wie beim letzten Mal, nichts Neues. Auch der Besuch im Stadtarchiv hatte nichts ergeben. Von den aktuellen Fällen der verschwundenen und toten Lykaner war dort nicht mal Fitzelchen zu finden gewesen. Jetzt konnten wir nur noch auf die Akten von Recep hoffen.
Natürlich war es nicht so gelaufen, wie wir uns das vorgestellt hatten. Nichts mit auf ein Sprung bei den Wächtern vorbeihüpfen, und mal einen Blick in die Akten riskieren. Doch zum Glück war an dieser Stelle noch lange nicht aller Tage Abend. Recep hatte mehr oder weniger zugesagt. Er würde versuchen an die Akten raunzukommen, was dann so viel hieß wie warten. Da konnte man wirklich nur noch hoffen.
Und noch mal, seufz.
„Hey.“ Pal stieß mich leicht mit der Schulter an. „Nun mach mal nicht so ein langes Gesicht, wir werden schon noch etwas finden.“
„Ja, aber das dauert so lange.“ Ich schüttelte den Kopf. „Und wenn wir gar nichts finden, weil ich mich geirrt habe? Diese Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen.“ Auch wenn ich sie im Moment nicht für sehr wahrscheinlich hielt, es war nicht von der Hand zu weisen, dass ich nichts weiter als Indizien und Vermutungen hatte. „Das führt doch alles zu nichts.“
„Nun mal nicht so schnell den Kopf in den Sand stecken, es wird sich schon was ergeben.“
„Das bleibt zumindest zu hoffen.“
Nebeneinander gingen wir die Treppe ins Erdgeschoss hinauf. Die Anderen hatten sich in ihr Zimmer zurückgezogen, und wollten noch einmal alles durchsprechen, um das weitere Vorgehen zu planen. Eigentlich hatte ich dabei sein wollen, aber das Gaare den ganzen Tag nicht aufzufinden war, hatte ich seine späte Anwesenheit genutzt. Und dann war das Gespräch eben etwas ausgeartet. Kein Wunder bei Gaare.
Pal legte mir eine Arm um die Schulter. Ich war nach dem heutigen Tag so deprimiert, dass ich deswegen nicht mal mehr zusammenzuckte. Warum auch? Er würde es ja doch wieder tun. Schon die Aktion in Anwars Büro war der reinste Reinfall gewesen, aus dem wir nur knapp unentdeckt entkommen waren, und jetzt war es schon wieder dunkel, besser gesagt, jetzt war es schon fast wieder morgen, und wir hatten nichts erreicht. Da
Weitere Kostenlose Bücher