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Jenseits des Spiegels

Jenseits des Spiegels

Titel: Jenseits des Spiegels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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mein Ohr. Diese Geste hatte etwas Vertrautes, Schützendes. Sie war liebevoll. „Ich meine, es gibt bestimmt einen Grund, warum du zu uns gekommen bist.“
    „Du sprichst von höherer Gewalt.“
    „Ich rede vom Schicksal. Vielleicht musst du hier eine Aufgabe erfüllen.“ Seine Nase berührte mich an der Wange. „Deswegen darfst du nicht einfach gehen.“
    „Vielleicht ist aber auch alles nur ein großer Zufall.“
    „Und wie erklärst du es dir dann, das du trotz der Tatsachte, dass du aus einer nicht magischen Welt kommst, Magie in dir trägst, die nur darauf gewartete hat, geweckt zu werden?“
    Das wusste ich nicht. Vielleicht hat jeder Mensch gewisse Magie in sich ruhen, vielleicht hatte ich sie aber auch bekommen, als ich in diese Welt eigetaucht war, oder es war etwas ganz anderes. Das war wirklich nicht einfach zu sagen. „Dafür kann es viele Gründe geben.“
    Damit verfielen wir in Schweigen, in der nur die Geräusche des Waldes uns ummantelten, und jeder von uns seinen Gedanken nachhing.
    Ich streichelte den großen, roten Wolf, versuchte ihn damit zu trösten. Er musste einfach verstehen, dass ich früher oder später wieder nach Hause gehen würde, auch wenn ich mich hier im Augenblick pudelwohl fühlte. Das war nicht der Ort an den ich gehörte.
    Langsam wurde ich schläfrig und dämmerte weg. Ich bekam noch mit, wie die anderen Werwölfe sich zu uns beiden kuschelten, und dann schlummerte ich in dieser wohligen Wärme und Geborgenheit ein. Nein, das hier war nicht mein Zuhause, und trotzdem würde ich es vermissen, das wusste ich jetzt schon.
     
    °°°°°

Tag 71
    Es war ein schmerzhaft hoher Piepton, der mich am nächsten Morgen aus dem Schlaf riss. Ich schlug die Augen auf, und sah … nichts. Mein Blickfeld war komplett von hellbraunem Fell eingenommen, das mich im Gesicht kitzelte. Ich hatte mich an diesen Körper geschmiegt, aber das war nicht Pal, und auch nicht Kovu, wie mir nach einer Geruchsprobe aufging. Ich kuschelte hier mit Veith. Für einen Moment war ich versucht, meine Hände wegzureißen, aber ich tat es nicht. Ich war eine Freundin des Rudels, ich hatte Rudelprivilegien, durfte dass, hatte es mir verdient, besaß ihr Vertrauen – wenn auch nur bis zu einem bestimmten Maß.
    Langsam löste ich meinen Griff, und strich vorsichtig durch den leicht borstigen Pelz, fuhr mit den Fingern in das weichere Fell hinter seinen Ohren, und konnte mir einfach nicht verkneifen zu lächeln. Wer hätte schon gedacht, dass Veith das jemals zulassen würde? Ich sicherlich nicht.
    Ich war so gefangen von dem warmen Gefühl unter meiner Hand, dass ich gar nicht bemerkte, wie Veith träge ein Auge öffnete, und mich beobachtete. Erst als er ein genussvolles Grummeln von sich gab, wurde mir klar, dass er wach war – hatte ich ihn geweckt? Überrascht riss ich nun doch meine Hand weg. Plötzlich schämte ich mich für meinen Mut, egal was mir in diesem Rudel zustand, ich hätte es nicht tun dürfen, und das einzige was mir jetzt noch blieb, war verlegen den Kopf zu senken.
    „Hör nicht auf“, flüsterte er leise.
    Überrascht hob ich den Blick, sah ihm in die offenen Augen. War das sein ernst?
    Sonst hätte er es ja wohl nicht gesagt, Dumpfbacke!
    Fast wie in Zeitlupe hob ich meine Hand wieder, und vergrub sie in dem dichten Pelz. Etwas wie ein erleichtertes Aufatmen kam aus seiner Schnauze. Dann schloss er einfach nur die Augen, und genoss es, dass ich ihn hinter dem Ohr kraulte.
    Erst ein weiteres, ohrenbetäubendes Piepen ließ mich wieder innehalten.
    Irgendwo an meinen Beinen grummelte Julica, und mir wurde klar, was dieser unmenschliche Laut, der mir fast das Trommelfell zum Platzen brachte, bedeutete. Da versuchte uns jemand über das Vox zu erreichen – diese Dinger waren nicht gerade freundlich zu denen, die ein besseres Gehör hatten.
    „Kann das mal jemand abstellen“, murmelte Kovu irgendwo neben Veith.
    Ich richtete mich ein wenig auf, und wollte mich frei machen, um an meinen Beutel zu gelangen, aber Tyge war schneller, hatte sich schon verwandelt, und hockte nackend an meiner Tasche. Schnell ließ ich mich wieder zurückfallen. Zwar hatte ich die Lykaner schon oft nackt gesehen – viel zu oft nach meiner Auffassung –, aber trotzdem war es mir noch unangenehm. Das gehörte sich meiner Meinung nach einfach nicht. Ich war ja schon dürftig bekleidet, aber bei mir waren wenigstens noch alle wichtigen Stellen verdeckt. Noch weniger ging ja mal gar nicht.
    In Veiths Augen

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