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Jenseits des Spiegels

Jenseits des Spiegels

Titel: Jenseits des Spiegels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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mich nicht völlig an meine Furcht verlor.
    Veith nahm mein Gesicht zwischen die Hände, damit ich ihn ansehen musste. In seinen Augen sah ich Angst – um mich? – und Unsicherheit, gemischt mit Wut und dem Bedürfnis zu beschützen. „Was ist passiert?“
    Am Rande meiner Wahrnehmung bemerkte ich, dass Julica auch da war. Von Tyge und Pal fehlte jede Spur.
    „Talita, sag mir was passiert ist.“
    „Ich … d-der Wolf, er k-k-kam und Kovu … oh Gott K- Kovu … er ist, ist … ich konnte nicht, ich hatte A-A-Angst“, schluchzte ich. War ich wirklich so verängstigt, dass ich in meiner Panik Kovu vergessen hatte? „E-Es tut mir leid, ich woll-woll-wollte nicht … und K-Kovu, er hat sich nicht mehr be-be-bewegt. Kovu … oh Gott, Kovu, nein …“
    Veiths Griff wurde fester. „Talita, konzentrier dich, was ist mit Kovu?“
    Jetzt erst verstand ich. Diese Besorgnis und Angst in seinen Augen. Es ging gar nicht um mich, er wollte wissen was mit seinem Bruder geschehen war. Wie sollte ich ihm erklären, dass ich ihn in meiner Panik im Stich gelassen hatte, dass mich dieser Tigerwolf so erschreckt hatte, dass ich ihn einfach mit Kovu allein gelassen hatte?
    Veith schüttelte mich. „Verdammt, sag mir was mit Kovu ist!“
    „Ich … ich weiß nicht, er hat … hat sich nicht mehr bewegt.“
    Veith kniff die Lippen zusammen, drehte sich um, und marschierte hastig in die Richtung, aus der ich zuvor gekommen war. Dabei hielt er meine Hand fest umklammert. Ich wusste nicht was ich tun sollte. Ich wollte da nicht wieder hin, wollte nicht sehen, was mit Kovu geschehen war, weil ich einfach weggelaufen war, aber ich wollte auch nicht allein zurückgelassen werden. Ich konnte nichts anders tun, als mich an seinen Arm zu klammern, und aufzupassen, dass ich nicht über die raustragenden Wurzeln am Boden stolperte.
    Meine Sicht war verschwommen, die Tränen wollten nicht nachlassen. Als mir dann auch noch der intensive Geruch nach Katze in die Nase drang, fing mein Körper an zu zittern wie Espenlaub, und Hijas Worte klangen in meinen Gedanken wieder.
Das Knurren eines Wolfes.
Jetzt verstand ich, wie es möglich war, aber auf diese Erfahrung hätte ich durchaus verzichten können.
    Julica trappte wachsam neben uns, und bleckte lautlos die Zähne, als der Geruch dieses Tigerwolfes immer stärker wurde. Als er sich dann mit dem Duft nach Blut vermischte, hielt sie nichts mehr, und sie rannte einfach los. Auch Veith wurde schneller. Das Blut trug eindeutig die Note von Kovu.
    Ich erwartete das Schlimmste, als wir auf die Lichtung rannten, aber nicht das sie leer war. Der Wolf mit dem Tigerfell war verschwunden, nur Kovu lag noch dort, genauso wie ich ihn verlassen hatte. Starr, völlig bewegungslos mit geschlossenen Augen. Und dem Blut am Kopf.
    Ein Schluchzen entrang sich mir. Veith ließ meine Hand fallen, und stürzte an die Seite seines Bruders. Eilig überprüfte er den Herzschlag und die Atmung, tastete am Kopf nach der Wunde, und stieß dann erleichtert die Luft aus.
    Meine Beine sackten unter mir zusammen. Kovu war nicht tot, der Wolf hatte ihm nichts getan, bis auf die Wunde am Kopf, war er völlig unversehrt.
    Vorsichtig schlug Veith dem Kleinen auf die Wange, und als er nach einer gefühlten Ewigkeit endlich die Augen aufschlug, weinte ich vor Erleichterung.
     
    °°°
     
    Die Schatten des Waldes wurden schon ein wenig länger, als wir uns auf den Weg machten, um Pal und Tyge zu suchen. Kovus Hand lag warm in meiner, während er sich mit der anderen auf Veith stürzte. Vorhin noch hatte er über Mörderkopfschmerzen geklagt, jetzt versuchte er einfach nur noch auf den Beinen zu bleiben, ohne sich von der nächsten Unebenheit im Boden in die Knie zwingen zu lassen. Sein Kopf wurde von einem Turban geziert. Veith hatte dafür, einen meiner Schals in Streifen gerissen, und ihn dem Kleinen als notdürftigen Verband um den Kopf gewickelt. Und die ganze Zeit über hatte ich Kovus Hand gehalten. Ich machte mir solche Vorwürfe, dass ich ihn einfach hatte liegen lassen, und abgehauen war. Es hätte sonst was passieren können, und ich wäre Schuld daran gewesen. Das würde ich mir niemals verzeihen können, und so wie Veith die Lippen zusammenkniff, er mir auch nicht.
    Kovu drückte meine Hand. „Guck nicht so, ist doch nichts weiter passiert.“ Er verzog das Gesicht, als schmerzte ihn das Sprechen. „Ich hätte auch ganz ohne fremde Hilfe auf den Kopf fallen können.“
    „Genaugenommen ist er das schon“,

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