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Jenseits des Spiegels

Jenseits des Spiegels

Titel: Jenseits des Spiegels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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du ein Mann oder eine Maus?“
    „Wir sollen hier warten“, wiederholte er schlicht. Meine Worte ließen ihn völlig kalt. Es schien als hätte er doch ein paar Eigenarten seines Bruders, verdammt! Werwölfe waren so stur.
    „Ich will aber nicht …“
    Knack
.
    Wir fuhren beide herum.  Kamen die anderen schon wieder? Aber keiner zeigte sich uns, und auch sonst blieb alles ruhig. Aber ich hatte das starke Gefühl, heimlich beobachtet zu werden. Ich wurde zunehmend nervös, das hier gefiel mir gar nicht. „Bist du immer noch der Meinung, dass wir warten sollten?“
    Langsam und Systematisch ließ er noch Mal seine Augen über die Büsche und Bäume gleiten, dann ließ er meinen Arm los. Ein wortloses „nein bin ich nicht“. Mehr Ermutigung brauchte ich nicht. Fast lautlos, wie Big Daddy es mir gezeigt hatte, glitt ich durchs Unterholz. Das Gefühl beobachtete zu werden folgte uns. Plötzlich nahm ich im Augenwinkel eine Bewegung wahr. Ich fuhr herum, doch bevor ich eine Warnung rufen konnte, stürzte sich schon etwas aus den Büschen auf Kovu. Er stieß noch einen Laut der Überraschung aus, kippte wie ein gefällter Baum um, und bewegte sich nicht mehr. In Bruchteilen von Sekunden registrierte ich, was uns da Angriff: der Geruch von Katze, viel zu intensiv, der riesige aber schmale Körper eines Wolfes, das Fell eines Tigers, und scharfe Zähne, die nach Kovus Kehle schnappten.
    Ich reagierte ohne nachzudenken, schnappte mir einen stabilen Ast vom Boden, der sich gut als Knüppel eignete, und schlug zu. Nur leider traf ich nicht so wie ich mir das vorgestellt hatte. In meinem Kopf war ein Bild, wie ich den getigerten Wolf perfekt am Schädel traf, und ihn in die Bewusstlosigkeit zu Boden streckte. In der Realität streifte ich gerade mal seine Schulter, und verhinderte so, dass er Kovu die Kehle zerfetzen konnte. Zu allem Überfluss stolperte ich auch noch über Kovus Beine, so dass ich der Länge nach hinschlug, und sicherte mir damit die Aufmerksamkeit unseres Angreifers. Und das war der Moment, in dem die Panik ihre kalten Klauen in mich schlug.
    Ich blickte in ein geiferndes mit scharfen Zähnen versehendes Maul. Ein klägliches Wimmern entrang sich mir. „Veith!“, schrie ich mit so schriller Mini-Mouse-Stimme, dass sie jedem Wolf in den Ohren wehtun musste. Mein Atem ging hektisch, mein Herz schlug viel zu schnell, und die Angst drohte mich blind zu machen.
    Das nächste was geschah beobachtete ich irgendwie von außen. Es war als hätte ich meinen Körper verlassen, um mir alles aus sicherer Entfernung anzusehen. Ich sah mich selber da bäuchlings auf dem Boden liegen, noch immer den Knüppel in der Hand, sah Kovu bewegungslos neben mir, dem Blut aus einer Wunde am Kopf sickerte. Und natürlich den Wolf mit der Tigerzeichnung, der knurrend und geifernd einen drohenden Schritt auf mich zumachte.
    Alles geschah wie in Zeitlupe, wie ein Film. Ich folge mit angehaltenem Atem, wie sich meine Erstarrung löste, wie ich den Knüppel mit der mir verbliebenden Kraft schwang, und dieses Mal traf. Der Wolf jaulte auf, ich sprang auf die Beine, und rannte um mein Leben, dann war ich wieder in meinem Körper.
    Zweige und Äste peitschten mir ins Gesicht, und gegen Arme und Beine. Ich strauchelte, als ich an einer Wurzel hängen blieb, fing mich aber wieder. Weg, nur weg, das war alles was ich wollte. Wie durch dichten Nebel hörte ich mich selber wimmern und schluchzen, hörte meinen Atem, wie er stoßweise durch meine Lungen fuhr. Mein Arm tat weh. Ich wusste nicht mal warum, und es war mich auch egal, genau wie meine schmerzenden Muskeln, und das Seitenstechen. Ich musste die anderen finden, musste aus diesem bescheuerten Wald raus, musste …
    Zwei Arme schlangen sich um mich.
    Ich schrie, trat, und schlug um mich, versuchte mich dem Griff zu entziehen. Nur am Rande nahm ich wahr, was mein Kopf schon wusste, aber mein Körper nicht glauben konnte: Wölfe fingen ihre Beute mit Zähnen und Klauen, nicht mit Armen. Aber das drang nicht ganz bis zu mir durch. Ich wollte nicht sterben, nicht hier, nicht so.
    Nur langsam drang eine Stimme durch den Nebel meiner Panik.
    „… bin es. Talita, ich … uff! Hör auf, Tal …“
    Das war Veith! Seine Stimme, seine Arme. Ich fing an zu schluchzen, und klammerte mich an ihn. „Veith … Veith …“ Wie eine Beschwörung wiederholte ich seinen Namen immer und immer wieder, als wenn er dadurch realer werden würde. Er war in diesem Moment mein Anker, der Grund warum ich

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