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Jenseits des Spiegels

Jenseits des Spiegels

Titel: Jenseits des Spiegels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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seinen Geruch in der Nase hatte. Lange konnte er noch nicht weg sein.
    Ohne seine gemurmelten Worte zu unterbrechen, machte Pal mit der Schnauze eine ruckartige Bewegung Richtung Schlucht. Zuerst verstand ich nicht, was er damit sagen wollte, aber als Veith sich dann mit angespannten Schultern, dem Rand in den Abgrund nährte, entglitt mir nicht nur meine Gesichtsfarbe. „Er ist in der Schlucht?“, quiekte ich mit Mini-Mouse-Stimme. Scheiße, was war hier nur passiert?
    Der kleine, weiße Wolf gab einen erstickten Schluchzer von sich.
    Mich hielt nichts mehr an meinen Platz. Auf allen Vieren krabbelte ich neben Veith. Mir graute es vor dem Blick nach unten, doch ich konnte einfach nicht anders. Vorsichtig, ganz langsam ließ ich meinen Blick hinab gleiten, und entdeckte Tyge ein paar Meter unter mir, auf einem Felsvorsprung. Unverletzt.
    Er versuchte tiefer zu klettern, und ich wollte schon anfahren, was er da unten zu suchen hatte, und wie er es wagen konnte, mir einen solchen Schrecken einzujagen, das mir fast das Herz in die Hose rutschte, als ich die zweite, unbekannte Person entdeckte, besser gesagt einen Wolf – einen weißen Wolf. Der Körper sah … gebrochen aus, und aus der Schnauze lief ihm eine rötliche Flüssigkeit. Ich glaubte nicht, dass dieser Wolf noch lebte, er wirkte einfach … tot.
    Mein Blick wanderte zurück auf den weißen, bebenden Pelz, und ich ahnte Übles.
    „Hier riecht es nach Katze“, knurrte Julica, und schlich an meine Seite, um auch einen Blick in die Tiefe zu werfen, aber im Gegensatz zu mir, wandte sie sich nicht gleich wieder ab.
    Ich konnte dort kein zweites Mal hinunter gucken, wollte das kein zweites Mal sehen, und konzentrierte mich stattdessen auf die Witterung an der Schlucht. Julica hatte Recht, auch hier roch es unnatürlich stark nach Katze, genau wie auf der Lichtung. „Der Tigerwolf war hier gewesen.“
    Veith horchte auf, warf dann noch einen letzten Blick in die Tiefe, und wandte sich dann ab. „Ich geh nachsehen, ob sich dieses Mistvieh hier noch irgendwo rumtreibt.“
    „Warte.“ Ich streckte meine Hand nach ihm aus, auch wenn ich genau wusste, dass ich ihn nicht aufhalten konnte, wenn er nicht wollte, aber ich musste es wenigstens versuchen, und als ich ihn an der Hand berührte, riss er sie nicht weg, sondern sah mich nur ausdruckslos an. Nervös leckte ich mir über die Lippen. „Du kannst nicht … du solltest nicht alleine gehen.“ Nicht solange da draußen noch diese Bestie rumlief. „Ich will nicht … was wenn dir etwas passiert?“
    Der kalte Ausdruck in seinen Augen zog sich leicht zurück, und als er mir dann auch noch über die Wange strich, wollte ich vor Freude jubeln. Er hatte sich nicht von mir abgewandt, oder? Nein, dann würde er sowas sicher nicht machen. „Mir passiert schon nichts“, waren seine einzigen Worte, dann wandte er sich ab, zog aus dem Rucksack auf meinem Rücken seinen Lendenschurz, und tauchte damit in den Wald ein.
    Ich biss mir auf die Lippen, und verbot mir, aufzuspringen, um ihn hinterherzurennen. So ein sturer Esel! Glaubte der wirklich, dass ihm nichts passieren konnte, nur weil er es sagte? Der Wolf mit dem Tigerfell konnte genau hinter diesen Bäumen lauern, und sonst was mit ihm anstellen.
    „Du brauchst die keine Sorgen zu machen“, sagte Kovu leise, als könnte er meine Gedanken erraten. „Veith ist nicht leichtsinnig, er kann schon auf sich aufpassen.“
    Das bezweifelte ich nicht, aber das Schicksal konnte grausam und hart zuschlagen, und ich war nicht bereit an diesem Tag noch mehr Blut zu sehen. Eigentlich hatte ich gehofft, dass wir nach diesem Tag neue Erkenntnisse haben würden, die uns helfen könnten, diese ganze Scheiße aufzuklären. Stattdessen hatten wir noch mehr Fragen, noch mehr Verschwundene, noch mehr Tote, einen Verletzten, und einen Wolf im Tigerfell, der so unnatürlich nach Katze stank, dass einem davon die Sinne taub werden konnten.
    Kovu berührte meine Hand. „Wirklich, du brauchst dir keinen Kopf machen.“
    Wortlos zog ich meine Hand weg, und erhob mich. Keinen Kopf machen? Der hatte gut reden. Wegen mir wäre er fast drauf gegangen, und nun spazierte sein großer Bruder frisch fröhlich durch den Wald, als wäre das hier ein netter Sonntagnachmittag, an dem die Vögel in ihren Bäumen zwitscherten, und nicht als würde ein blutrünstiges Monster darin sein Unwesen treiben. Das war einfach … Moment. Ich stoppte meine Gedanken, und spulte ein Stück zurück. Ein Monster trieb

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