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Jenseits des Spiegels

Jenseits des Spiegels

Titel: Jenseits des Spiegels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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lauschte. Irgendwie hatte ich bei seinem Anblick ein Gefühl von Déjà-vu. Das Wasser, die Bäume, Veith ganz alleine. Nur war er dieses Mal ein Wolf und kein Mensch, das sollte wohl verhindern, dass ich wieder über ihn herfiel – oder er über mich.
    Lautlos bewegte ich mich über den laubbedeckten Boden, und ließ mich neben ihm am Bachufer nieder. Die Flüssigkeit wirkte in der Dunkelheit so schwarz wie Tinte. Ruhig und gleichmäßig floss er dahin. Der musste sich bestimmt nicht mit solchen Problemen wie ich rumplagen, wie auch, war ja nur ein Bach.
    Oh Gott, ich musste wirklich an Schlafmangel leiden, wenn ich jetzt sogar schon einen Bach um seine Existenz beneidete. Ich war echt fertig mit mir und der Welt.
    „Es tut mir leid, ich hätte das nicht tun dürfen“, murmelte Veith leise.
    Meine Lippen drückten sich zu einer festen Linie zusammen. Ich hatte es doch gewusst, reden war der größte Käse, den die Menschheit jemals zustande gebracht hatte.
    „Ich habe einen Schwur geleistet.“
    „Testiculus“, flüsterte ich.
    Er sah nicht überrascht aus, oder verärgert, nur nachdenklich.
    „Kovu“, sagte ich, bevor er nachfragen konnte. „Er hat mir … ein paar Sachen erklärt.“
    Es entstand eine kurze Pause.
    „Das hätte er nicht tun dürfen“, kam es schlussendlich von Veith. „Der Testiculus gehört allein den Lykanern, keiner sonst darf von ihm wissen. Es ist …“
    „Mach dir keine Sorgen, Kovu hat mir nicht gesagt, was das genau ist, sondern nur dass du einer bist, und deswegen nicht auf der Suche nach ´ner Freundin, oder nach … anderen Sachen bist.“
Pling
, und ich war feuerrot. Sich Veith in gewissen … Situationen vorzustellen, war nichts für einen niedrigen Blutdruck, nicht wenn ich gleichzeitig auch an den Kuss mit ihm denken musste, und der hatte mir ordentlich eingeheizt. Ich riskierte einen Blick zur Seite, aber er sah mich nicht mal an. Veiths Augen waren auf den Wasserlauf gerichtet, als müsse er sich mit ein paar schweren Gedanken auseinandersetzten.
    „Er hätte es dir nicht sagen dürfen.“
    „Ich hab ihn dazu gedrängt.“ So mehr oder weniger.
    Veith schüttelte den Kopf. „Das ist egal.“
    „Keine Sorge, ich werde damit schon nicht hausieren gehen.“ Wem sollte ich es auch erzählen? Außerdem konnte ich mir nicht vorstellen, dass es dem Rest der Welt irgendwie interessierte, dass es da ein paar Lykaner gab, die aus irgendeinem Grund dem Sex entsagten, und dafür auch noch ein zungenbrecherisches Wort hatten. „Ich werde es niemanden sagen, dass du keine … niemanden suchst.“
    „Darum geht es hier gar nicht“, kam es grob von ihm. „Es ist nicht … es …“ Er schüttelte den Kopf, als müsste er einen lästigen Gedanken loswerden, und seufzte einmal tief durch. „Talita, ein Testiculus zu sein ist sowohl eine Ehre, als auch eine Pflicht. Ich habe mich dafür entschieden, weil … weil … es ist das richtige für mich. Was gestern geschehen ist, hätte mir nicht passieren dürfen, es ist eine Schande. Ich habe einen Weg gewählt, von dem ich nicht abweichen darf. Es ist das einzig richtige für mich.“
    Ich horchte auf. Irgendwie hörten sich die Worte eher so an, als wollte er sich selber davon überzeugen, und nicht mich. Was hatte das zu bedeuten?
    „Es ist das richtige“, wiederholte er leiser. „Der Testiculus ist mein Weg, und daran wird sich auch nicht ändern.“
    Meine Hand zuckte, als wolle sie ihn berühren, aber ich zwang mich sie bei mir zu behalten, wickelte sie um meine Beine, damit sie etwas zu tun hatte. Irgendwie kam es mir im Augenblick nicht richtig vor, ihn zu berühren, nicht nachdem, was zwischen uns gewesen war.
    Als wenn da etwas war,
spottete ein Stimmchen in meinem Kopf. Ich kniff die Lippen fest zusammen. Ein Kuss, nur ein einziger Kuss war es gewesen. Das war nicht die Welt, aber … ja, dieses Aber. Ich hätte das nicht tun sollen, wurde mir klar. Ohne diesen Kuss wären wie irgendwann einfach wieder unserer Wege gegangen, aber so? Jetzt war das nicht mehr möglich. So jedenfalls kam es mir vor. Wie sollte ich auch einfach gehen, jetzt wo ich wusste was mein Herz wollte?
    So saßen wir eine Zeitlang da, hingen unseren Gedanken nach, und beobachteten das langsame Aufgehen der ersten Sonne. Das Schweigen war … unangenehm, aber irgendwie bekam keiner von uns beiden den Mund auf. Vielleicht sollte ich einfach wieder gehen? Das wäre vermutlich das klügste gewesen, aber ich schaffte es einfach nicht, meinen Hintern

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