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Jenseits des Spiegels

Jenseits des Spiegels

Titel: Jenseits des Spiegels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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Seidenband auf sich hatte. Die Bilder kamen unkontrolliert in schneller Abfolge. Wechselnde Gesichter, andere Situationen. Wie Fang mich auf dem Dachboden angesehen hatte, Prisca, Tess, das Pärchen Am Fluss. Dann kam Domina, wie sie auf der Couch lag, und mit dem Ball spielte.
„Hier rumzusitzen ist ganz schön langweilig.“
Wieder war Pal zu sehen, und sagte:
„Wir sind vielleicht anders als du, aber das macht uns noch lange nicht zu Monstern.“
    Und dann sah ich Wulf vor mir, wie er in das Zimmer gestürzt kam, den Hass und die Verzweiflung in den Augen. Es folgte die Verwandlung, die gebleckten Zähne, wie er sich auf mich stürzen wollte. Er wollte mich töten, ich sah es an dem Funkeln in seinen Augen …
    Pal riss mir die Azalee aus der Hand, und überdeckte meine Erinnerung mit seiner Eigenen. Wieder die Szene in der ich Tess auf dem Arm hatte, wie sie mir das Gesicht abgeleckt hatte, und ich kicherte, diesmal nur aus seinem Sichtwinkel.
„Katze!“
rief die Kleine begeistert, doch konnte dieses Bild das andere nicht überdecken. Sie existierten beide, wie zwei Seiten einer Medaille, Gut und Böse, Tag und Nacht, schwarz und weiß.
    Alles hat zwei Seiten
, rief ich mir ins Gedächtnis.
    Pal versuchte mich nicht zu bedrängen, blieb still, aber ich bemerkte deutlich, wie er mich von der Seite beobachtete.
    „Schon gut.“ Es stimmte zwar nicht, aber ich wollte ihn nicht beunruhigen. „Ich komm damit schon klar, und jetzt gib her, ich war noch nicht fertig.“ Ich brachte die Azalee wieder an mich, auch wenn ich eigentlich gar nicht wusste, was ich den anderen zeigen sollte. Ich tat es einfach nur, um nicht durchzudrehen. Das schien mir in diesem Moment am sinnvollsten.
    Als wüsste Pal was in meinem Kopf vorging, flüsterte er: „Zeig uns doch die Dinge an die du dich erinnerst.“ Er neigte den Kopf leicht zur Seite. „Zeig uns das Band mit den vielen kleinen Bildern.“
    „Welchen denn?“ Dumme Frage, als wüsste er welche Filme es alles gäbe.
    „Wie viele gibt es denn?“
    „So weit kann ich gar nicht zählen.“ Ich überlegte, und dann ließ ich auf dem Flimmerglas einen Fernseher erscheinen.
    „Was ist das?“, fragte eine weibliche Stimme aus den hinteren Reihen.
    Ich antwortete ohne mich umzudrehen. „Ein HD-TV Flattscren.“ Als niemand darauf regierte, fügte ich hinzu: „Das ist so etwas ähnliches wie eurer Flimmerglas, doch statt Erinnerungen spielt dieses Gerät Filme ab.“
    „Was sind Filme?“ Das kam dieses Mal von der Blonden neben Pal.
    Ich versuchte es so gut es ging zu erklären, aber ich glaubte nicht, dass sehr viele im Raum verstanden, was ich da dozierte. Aber so begann unser Spiel. Ich zeigte Dinge an die ich mich erinnerte, besonders technische Geräte, und erklärte dann wozu diese nutzten. Auch Orte und berühmte Menschen erschienen auf dem Flimmerglas, doch am meisten fasziniert waren die Werwölfe von den technischen Errungenschaften des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Computer, Lampen, Handys, Waschmaschine, Kühlschrank, Steckdosen, Kabel, MP3-Player, Toaster. Auch Häuser, und andere berühmte Monumente, wie die Freiheitsstatur, das Brandenburger Tor, und der schiefe Turm von Pizza. Aber besonders witzig fanden die Wölfe, wie wir Menschen sie uns und auch andere Fabelwesen vorstellten. Aus
Twillihgt
zeigte ich ihnen den glitzernden Edward im Sonnenlicht, was zu allgemeinen Erheiterung beitrug. Oder auch die Hexen und Zauberer aus
Harry Potter
.
Charmed
und
Buffy
waren auch der Renner, oder
Reaper
. Besonders amüsant fanden sie unsere Vorstellung von Einhörnern, obwohl mir nicht klar wurde, was daran so witzig sein sollte.
    So machten wir weiter. Keiner nahm mir die Azalee ab, alle wollten wissen, was in meinem Kopf vorging. Es mussten Stunden vergangen sein, als mir das Bild eines Spiegels in den Sinn kam, und auf der Leinwand erschien. Eine Sekunde nur, dann wurde das Flimmerglas von einem blauen Blitz durchzuckt, und mein Verstand setzte einfach aus. Das Bild wurde schwarz.
    Ich kannte das …woher kannte ich das, was war das? Dieses Licht, ich …
    „Talita?“
    Ich drehte den Kopf zu Pal herum. So wie er mich ansah, hatte er schon ein paar Mal meinen Namen gerufen, ohne damit eine Reaktion bei mir auszulösen.
    „Alles okay mit dir? Die bist plötzlich so blass.“ Er forschte in meinen Augen, meinem Gesicht, und was er da sah, beunruhigte ihn.
    Ich schüttelte den Kopf, und sagte „Ja.“ Ja ich weiß schon, widersprüchlicher ging es nicht.

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