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Jenseits des Spiegels

Jenseits des Spiegels

Titel: Jenseits des Spiegels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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weiß!“, sagte er, und was dann kam, schockierte mich zutiefst. Er zog sich ohne jegliches Zögern den Lendenschurz herunter, einfach so, aus heiterem Himmel. Hastig wandte ich den Blick ab. Klar, ich hatte bereits mitbekommen, dass die Kleiderordnung hier sehr lässig, praktisch überhaupt nicht vorhanden war, aber das ging dann doch zu weit. Erst im zweiten Moment wurde mir klar, dass es vielleicht ziemlich dumm war, einfach wegzugucken. Schließlich war ich hier allein mit ihm im Zimmer, auch wenn die Tür offen stand, und er war nackt. Wegrennen wäre angebrachter gewesen, doch bevor ich auch nur einen Finger krümmen konnte, hörte ich ein leises Fipsen neben mir. Zögernd sah ich zu der Stelle, an er eben noch Pal gestanden hatte.
    Auf dem Boden lag ein großer, rötlicher Wolf mit weißem Bauchfell, und bedachte mich mit einem Blick, den ich nur als Hundeblick interpretieren konnte. Ich starrte ihn nur an, wusste nicht ob es besser war bewegungslos in dem Bett sitzen zu bleiben, oder mich schnellst möglich aus dem Staub machen sollte.
    Pal sah wie mein Blick zwischen der Tür und ihm hin und her sprang. Er öffnete das Maul, ließ die Zunge raushängen, und sah mich erwartungsvoll an. Dann machte er einen Satz auf die Pfoten, der mich fast an die Decke springen ließ, und … fing an seinen Schwanz zu jagen. Im ersten Moment war ich zu verblüfft um irgendwas zu denken, dann stolperte er über seine eigenen Pfoten, und fiel wie ein gefällter Baum um.
    Ich wusste dass er das nur machte um mich aufzumuntern, mir meine Angst zu nehmen, und mir nicht wirklich die Sicherheit gab, dass er ungefährlich war, aber es sah so witzig aus, dass ich gar nicht anderes konnte, als loszulachen.
    „Das findest du also witzig?“, fragte er. Seine Stimme war tiefer geworden, rauer, aber es war immer noch seine Stimme. „Na dann pass mal auf.“ Er sprang wieder auf, und setzte durch das kleine Zimmer, vollführte Bocksprünge, kauerte sich auf dem Boden, das Hinterteil in der Luft, und wedelte mit der Rute wie ein verrückter hin und her. Er sprang nach einer imaginären Beute, und Triumphierte, als hätte er sie wirklich gefangen. Dann tänzelte er auf den Hinterbeinen, machte Männchen, und rollte sich wie ein gut erzogenes Hündchen herum.
    So einen riesigen Wolf das machen zu sehen, war so lächerlich, dass ich mir zum Schluss den Bauch hielt. Es machte ihm gar nichts aus, sich für mich so lächerlich zu benehmen. Schon gestern auf dem Dachboden hatte er das gemacht, aber das hier war um Klassen besser. Ich hatte richtig lachtränen in den Augen.
    Zum Schluss ließ er sich auf den Boden plumpsen, und rollte sich auf den Rücken, den Blick offen und erwartungsvoll auf mich gerichtet. Ich wusste sofort was er von mir wollte, wusste aber nicht, ob ich das konnte.
    Nun sei mal nicht so ein Feigling, er wird dich schon nicht fressen
.
    Naja, so sicher war ich mir da nicht. Und doch, trotz aller Unsicherheiten schlug ich die Decke zurück, und schwang zögernd die Beine aus dem Bett. Pal bewegte sich nicht, als ich mich vorsichtig neben ihn hockte. Und als ich langsam die Hand nach ihm ausstreckte, hielten wir wohl beide die Luft an.
    Du kannst das
, sagte ich mir. Ich hatte doch auch gestern die kleine Tess auf dem Arm gehabt. Das hier war das gleiche, nur halt ein paar Nummern größer. Okay, viele Nummern größer, aber immer noch das gleiche.
    Meine Finger berührten seine Brust, wo das Fell weicher war, als das borstige Deckfell auf dem Rücken. Er schloss genießerisch die Augen, als ich ihn dort kraulte, was mich mutiger werden ließ. Ich nahm auch noch die andere Hand, strich ihm über die Brust zum Hals, und wieder zurück, zum Ende seines Brustkorbs. Dort angelangt zuckte er mit dem Hinterlauf, als wäre er kitzelig. Ich tat es noch einmal, und wieder zuckte er, was mich lächeln ließ, und ermutigte weiterzumachen.
    Doch dann knurrte er plötzlich. Erschrocken zuckte mein Blick zu seinem Kopf, doch er sah gar nicht mich, sondern etwas hinter mir an. Im Türrahmen stand Veith – hey, der hatte seine Kleidung gefunden! – einen missbilligenden Ausdruck im Gesicht. Pal rollte sich herum, so dass meine Hände auf seinem Rücken zum liegen kamen, und knurrte.
    Veith ließ das völlig kalt. „Prisca will sie sehen.“ Und dann war er auch schon wieder weg.
    „Irgendwann einmal“, knurrte Pal, und wurde sich dann wieder bewusst, dass ich noch immer bei ihm auf dem Boden hockte. Er grinste mich mit einem halben

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