Jenseits des Spiegels
davon auch wenige auf den Lehnen, aber die meisten hatten sich auf dem Boden breitgemacht, und sahen erwartungsvoll zu der schwarzen Glaswand auf.
Mein Outfit bekam zwei drei schelle Blicke, wurde dann aber nicht weiter beachtet, genau wie ich. Es war das erste Mal an diesem Tag, dass ich nicht feindlich, oder unverhohlen neugierig angestarrt wurde. Die Stimmung war ausgelastet. Leute lachten, und quatschten, und schienen auf irgendwas zu warten.
Nachdem ich einen ersten Eindruck von dem Raum bekommen hatte, dirigierte Pal mich zwischen den Anwesenden durch, verscheuchte ein paar Teenys von ihren Plätzen ganz Vorne, und verfrachtete mich dort auf den Boden. Es gab einiges Gemurmel und Stirnrunzeln, aber niemand schien sich wirklich an meiner Anwesenheit zu stören. Trotzdem wäre es mir lieber gewesen weit hinten im Raum zu sitzen, und nicht hier Vorne wie auf dem Präsentierteller. Ich fühlte mich einfach nicht wohl, mit all den Blicken in meinem Rücken. Blicken von Werwölfen.
Krass, ich konnte es immer noch nicht glauben: Werwölfe! Das war doch einfach … nun ja, unglaublich eben, auf eine sehr schräge Art. Und dann noch Magie. Das ganze wurde wirklich immer besser.
Pal schien dieses Problem nicht zu haben. Lächelnd setzte er sich neben mich, und stupste mich mit der Schulter an, weswegen ich mich sofort wieder versteifte. Man, morgen würde ich einen ordentlichen Muskelkater haben. „Entspann dich, die Meisten von uns haben bereits zu Abend gegessen.“
„Wenn du nur halb so witzig wärst wie du denkst, wärst du doppelt so witzig wie du bist!“
Pal halbes Lächeln entfaltete sich zu einem Ganzen. „Hast du mich etwa gerade beleidigt?“
„Ich …“ Oh nein. Talita an Hirn, Werwolf beleidigen nicht gut. Überhaupt nicht gut.
„Ganz ruhig, ich werde dich schon nicht gleich fressen.“
„Ja, drück nur immer weiter mit dem Finger in die Wunde.“ Verdammt, könnte mir mal jemand eine Maulschelle verpassen, damit ich wieder Vernunft annahm?
„Wow, wenn du nicht vor Angst bibberst, gefällst du mir gleich viel besser.“
Bevor ich darauf antworten konnte, legte er mir einen Finger auf die Lippen. Ich riss erschrocken die Augen auf, und brauchte all meine Willensstärke, um davor nicht zurückzuschrecken. Und Pal wusste das genau. „Pass auf, es geht gleich los.“
Nun zog er seine Hand von alleine fort. Ich wollte fragen was losginge, da flackerte die schwarze Glasscheibe, und ein Bild erschien.
„Ein überdimensionaler Fernseher“, rief ich aus, und bekam dafür von allen Seiten komische Blicke zugeworfen.
Auf dem Bildschirm war eine junge Frau erschien, die der Kleidung zu urteilen, oder besser gesagt, deren weitläufiges Fehlen, eine Werwölfin. Sie lief völlig entspannt im Wald herum. Aber sie war nicht alleine, jemand verfolgte sie. Sie wurde nur von hinten, aus dem Blickwinkel des Verfolgers gezeigt.
Es war schon seltsam, die Szene war weder mit Musik unterlegt, noch wurde das Mädchen mal aus einem anderen Winkel gezeigt. Außerdem war das Bild zu den Rändern hin verschwommen.
Vor dem Mädchen breitete sich eine große schlammige Pfütze aus. In dem Moment, in dem sie darüber hinwegsetzten wollte, schoss ihr Verfolger aus dem Gebüsch, und stieß sie mit dem Gesicht voran hinein. Sie stieß noch einen überraschten Schrei aus, dann landete sie auch schon mit der Nase im Dreck. Das dreckverschmierte Gesicht wandte sich den Zuschauern zu, dann …
„DU!“
Über den Ausruf fuhr ich mal wieder vor Schreck zusammen. Ein junges Mädchen, vielleicht Neunzehn, war aufgesprungen. Ohne den ganzen Matsch im Gesicht war sie nicht ganz leicht zu erkennen, aber es war ganz eindeutig das Weib aus dem Film.
„
Du
warst das!“
„Oh Mist, du bist ja auch hier.“ Das kam von einem Jungen, der sein hellbraunes Haar im Nacken zu einem Flechtzopf zusammengefasst hatte. Der Zopf reichte ihm bis weit auf den Rücken. Er war jünger als sie, und ziemlich erschrocken über ihre Anwesenheit. Hastig sprang er auf, als das Mädchen sich durch die Leute auf ihn zubewegte.
„Kovu, bleib stehen!“
Aber Kovu dachte nicht im Traum daran. Er floh eilig aus dem Raum, gefolgt von einer stinkwütenden Wölfin. Alle im Raum lachten, und amüsierten sich köstlich. Außer mir, ich verstand nur Bahnhof.
„Jetzt ich“, rief ein Mann in den mittleren Jahren. Etwas Kleines, Schwarzes wurde an ihn weitergereicht. Er legte die Finger darauf, nahm einen konzentrierten Ausdruck an, und die schwarze
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