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Jenseits des Windes

Jenseits des Windes

Titel: Jenseits des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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Adoran vergiftet hatte und er nur knapp dem Anschlag entkommen war. Elane hatte oft genug von dem Tyrannen berichtet, der sich jetzt Thronerbe nannte, und ihr das Leben zur Hölle machte. War dem König die Angelegenheit tatsächlich so wichtig, dass er seinen Sohn schickte, um dieses verdammte Tagebuch zu holen?
    Jonneth machte einen Satz nach vorn und packte Elane am Kragen der Felljacke. Die anderen Soldaten beobachteten stumm das Geschehen. Niemand rührte sich.
    »Du Schlampe! Hier treibst du dich also herum!« Seine Stimme hallte laut und donnernd durch das Tal. Er holte mit der Faust aus, aber Kjoren fing den Schlag knapp vor Elanes Gesicht ab.
    »Fass sie nicht an«, donnerte er nicht weniger überzeugend. Kjoren war zwar kleiner als Jonneth, aber deutlich muskulöser. Jonneth hingegen war bewaffnet, doch er zog sein Schwert nur eine Handbreit aus der Scheide, ehe er es wieder zurücksinken ließ. Er schnaubte verächtlich.
    »Das Thema ist noch nicht vom Tisch. Dich krieg ich noch«, knurrte er durch zusammengepresste Zähne.
    »Ich würde Eurer Hoheit nicht raten, Hand an den Thronerben zu legen«, mischte sich ein großer und hagerer Mann aus Jonneth’ Truppe ein. Seine Augen funkelten bösartig. »Der König verlangt ihn lebendig.«
    Jonneth fuhr herum, das Gesicht vor Empörung verzerrt. Es sah zunächst so aus, als wollte er auf den Soldaten losgehen, doch er hielt in der Bewegung inne. Er zischte: »Ich habe dich nicht nach deiner Meinung gefragt! Außerdem ist der da doch nicht der Thronerbe, du Vollidiot!« Er deutete auf Kjoren, in dessen Mimik jetzt eindeutig Unbehagen abzulesen war.
    »Ist er nicht?« Die Verwirrung sprach aus jedem von Bens Worten. »Das ist doch der Kerl, den wir den ganzen Weg von Feddys bis fast nach Valana geschleppt haben, bevor er in den Abgrund gestürzt ist.«
    Jonneth’ Kopf lief rot an wie eine Tomate. Leroy glaubte, er würde bald platzen vor Zorn. »Seid ihr eigentlich alle dumm wie Brot?« Jonneth spie ihnen seine Wut entgegen. » Der da ist der Mann, den mein Vater kalt machen wollte!« Er zeigte auf Leroy, der daraufhin am liebsten im Erdboden versunken wäre. Alle glotzten ihn an. Er hasste solche Situationen, erst recht, wenn es dabei um seine Zukunft und sein nacktes Überleben ging. Wäre er doch bloß davongelaufen, als er noch die Gelegenheit dazu gehabt hatte!
    Jonneth schnaubte, rieb sich mit der Hand über das Gesicht und wechselte überraschend das Thema. »Es ist jetzt auch vollkommen egal, wer hier wer ist. Soll mein Vater sich doch daran ergötzen, ihn an den Galgen zu hängen, meinetwegen soll er sie gleich alle drei vierteilen. Ich habe Wichtigeres zu tun.« Sein Mund verzog sich zu einem hämischen Grinsen. Leroy hätte niemals geglaubt, dass es einen Valanen geben konnte, der derart unsympathisch sein konnte. Elanes Geschichten, nach denen er sie geschlagen, vergewaltigt und gedemütigt hatte, nahmen Gestalt an und mit einem Mal überflutete ihn eine Woge aus Mitgefühl, gemischt mit grenzenlosem Hass.
    Jonneth ging indes auf Cirnod zu, der mit Brynn und William teilnahmslos am Rand des Geschehens verharrte. Cirnod sah blass aus und wirkte älter als zuvor. Eine tiefe Falte zog sich über seine Stirn, die Augen hatten von einem Moment zum nächsten ihren Glanz verloren. Er stand vollkommen reglos da. Brynn und William traten nervös von einem Fuß auf den anderen, die Köpfe stets gesenkt.
    »Hast du es dabei?«, fauchte Jonneth Cirnod an. Er erinnerte Leroy an eine Schlange, die hervorschnellte, um ihr Opfer zu erlegen.
    »Wovon sprechen Sie, Hoheit?«, fragte Cirnod. Er bemühte sich um eine emotionslose Stimme.
    »Na wovon spreche ich wohl, du Pfaffe? Ihr habt doch nicht umsonst die dicken Mauern von Ceregrym verlassen, oder?« Jonneth hob mahnend den Zeigefinger, als spreche er mit einem unerzogenen Kind. »Ich muss dich wohl nicht daran erinnern, dass der Fortbestand des Klosters maßgeblich von der Gunst meiner Familie abhängt?«
    Cirnod schluckte. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber Ben war schneller. »Er hat angegeben, dass er uns entgegenkommen wollte, damit wir den weiten Weg nicht auf uns nehmen müssen«, sagte er.
    Brynn kaute auf seiner Unterlippe. Seine Knie zitterten ein wenig.
    Cirnod nickte. »Das ist wahr.«
    War dies nur eine Schutzbehauptung? Leroy traute dem alten Priester noch immer nicht.
    Jonneth’ Hand schnellte vor, er streckte sie Cirnod entgegen. »Dann gib mir das Tagebuch von Alloret! Du hast es doch

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