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Jenseits des Windes

Jenseits des Windes

Titel: Jenseits des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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älter wirken, als sie war. Tiefe Sorgenfalten zeichneten sich auf ihrem Gesicht ab. »Das ist Hochverrat!«
    Jaham sprang von seinem Schemel auf, reckte drohend eine Faust in die Luft und trat einen Schritt auf seine Frau zu. Sie starrte ihn mit erschrockenem Blick an. Doch Jaham ließ die Hand wieder sinken.
    »Mir ist scheißegal, ob es Verrat ist«, presste er hervor. »Und von dir lasse ich mich nicht zurechtweisen. Es ist eine Tatsache, dass wir das Firunenproblem längst gelöst hätten, wenn Adoran doch nur härter durchgreifen würde.« Er zeigte auf Jonneth. »Was glaubst du, weshalb ich ihn zum Militär geschickt habe?« Er machte eine Pause, aber Annah erwiderte nichts. Jaham knurrte. »Damit er lernt, wie man Herr über das Problem werden kann, und zwar mit Waffengewalt. Die kleinen Scharmützel, in die Adoran seine Soldaten an der Grenze verwickelt, führen doch zu nichts.«
    Jonneth räusperte sich, um die Aufmerksamkeit seines Vaters zu erlangen. »Soweit ich weiß, hat Adoran erst kürzlich einen bewaffneten Trupp nach Eld geschickt, um das Gebiet zu erschließen.«
    Jaham kam zum Tisch zurück und setzte sich. In seinem Gesicht stand ein ablehnender Ausdruck. »Nichts als ein Tropfen auf heißem Stein. Schön, wenn Adoran neue Siedlungen errichten will, jedoch bietet er den Firunen stets an, sich zu unterwerfen. Sie dürfen Handel betreiben, wenn sie Steuern zahlen. Überhaupt dürfen sie alles, was ein Valane auch darf, sofern sie sich gefügig zeigen. Das ist eine Beleidigung unserer Rasse.« Er schlug mit der Faust auf den Tisch, erneut fielen ein paar Spielkarten zu Boden. »Wenn es nach mir ginge, würden wir sämtliche Firunen zusammenpferchen, ihnen irgendein unbedeutendes Stück Land geben und sie sich selbst überlassen.« Er machte eine kurze Pause, bevor er fortfuhr: »Oder noch besser, wir führen die Sklaverei wieder ein.«
    Nicht, dass Jonneth irgendeine Form von Liebe oder Mitleid für die Firunen empfunden hätte, dennoch schüttete er noch einmal bewusst Öl ins Feuer. »Die Firunen sind nicht wie dummes Vieh, man kann sie nicht von hier vertreiben.« Ein böses Lächeln umspielte seine Züge. »Außerdem können sie fliegen.«
    Jaham duckte sich, zog den Umkarton des Spiels unter dem Tisch hervor und schob die Karten und Figuren mit seinem Unterarm über die Tischkante zurück in die Verpackung. »Das erschwert uns leider den Plan, sie auf eine einsame Insel zu verbannen, da gebe ich dir recht. Aber vielleicht könnte man zumindest ihre Magie zerstören, indem man ihnen die Flügel abschneidet, oder ihnen das Bluteisen ihrer Halsbänder direkt in die Venen spritzt.« Er lachte hämisch. Dann wurde er jäh wieder ernst. »Enttäusche mich nicht, mein Sohn.«
    Jonneth knurrte. »Jetzt bin ich wieder dein Sohn. Ich bin doch nur dein Werkzeug, Vater .«
    »Und selbst wenn es so wäre, du tust, was ich dir sage.«
    Jonneth sparte sich einen weiteren Kommentar, stand vom Tisch auf und verließ das Kaminzimmer. Heute Nacht würde er seine schlechte Laune an irgendeinem dummen Hausmädchen auslassen. Die taten wenigstens, was er von ihnen verlangte und stellten seine Autorität nicht infrage. Jonneth grinste. Und wenn doch, dann hatte er zwei Fäuste, um seine Argumente zu untermauern. Sein kaltes Lachen hallte über die Flure.

Fünf
    Zweifel
    D ie Zeit war an Kjoren vorübergeflogen wie ein einziger Augenblick. Wie in Trance hatte er abseits der vor den Toren der zerstörten Burgruine wartenden Gruppe gestanden und Löcher in die Luft gestarrt. Zwischenzeitlich war ihm sogar entfallen, was er überhaupt mitten im Urwald von Eld verloren hatte. Nur langsam kehrten seine Erinnerungen zurück. Hauptmann Lenry hatte auf Befehl des Königs eine Truppe zusammengestellt, die die Firunengebiete im Osten erkunden sollte. Notfalls sollte mit Waffengewalt vorgegangen werden. Auf der Suche nach neuen Siedlungsgebieten und Rohstoffen schreckte der König von Lyn vor nichts zurück. Bilder von einer Schlacht, von Blut und Tod flackerten vor Kjorens geistigem Auge auf. Es fiel ihm schwer, mit seinen Gedanken im Hier und Jetzt zu bleiben, denn sie flogen fortwährend zurück zu dem Moment, als er nicht imstande gewesen war, auf Befehl zu töten. Die Bilder drängten sich mit immenser Brutalität in sein Bewusstsein. Er hatte wie ein Idiot dagestanden, das Gewehr in der Hand, die Augen auf den fliegenden Firunen gerichtet. Kjoren hätte ihn erschießen müssen, doch seine Skrupel hatten ihn daran

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