Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jenseits des Windes

Jenseits des Windes

Titel: Jenseits des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
Vom Netzwerk:
billigen Pferden, dass ich ihn noch ein paar Mal kurze Strecken laufen lasse. Bis nach Budford schafft er es in jedem Fall.«
    Kjoren betrachtete das arme Tier, das nicht den Eindruck erweckte, als hätte es noch viel Freude am Leben. Es war stämmig und recht groß, vermutlich ein Kutschpferd. Warum erzählte Mort ihm das? Weil er das Monopol besaß und man eh bei ihm kaufen musste?
    »Wie teuer ist der Gaul pro Tag?« Kjoren machte eine kurze Pause und strich sich verlegen durch das verfilzte Haar. »Es gibt leider ein kleines Problem. Ich könnte ihn nicht zurückbringen. Ich beabsichtige, in Budford zu bleiben.«
    Mort lachte und hielt sich den dicken Bauch. »Machen Sie sich deswegen keine Sorgen. Unser Mietstall hat seine Hauptstelle in Budford, dies ist doch nur eine kleine Zweigstelle. Oder glauben Sie, ich könnte all die Tiere mit den Einnahmen, die hier in die Kasse fließen, versorgen? Hier kommt selten jemand vorbei, der ein Pferd mieten will. Die meisten sind in umgekehrter Richtung unterwegs und geben die Tiere hier wieder ab. Einer meiner Stalljungen bringt die Pferde wieder nach Budford zurück. Das ist im Preis inbegriffen.«
    Kjoren atmete erleichtert auf. Zumindest das Problem wäre geklärt. Blieb nur noch die Frage nach dem Geld ...
    »Sie haben mir noch nicht gesagt, was Cliff kosten soll, vorausgesetzt, ich schaffe es, ihn innerhalb eines Tages in Budford abzugeben.« Kjoren bemühte sich, ehrlich interessiert zu klingen, dabei war er sich beinahe sicher, keinen Preis, und sei er noch so gering, bezahlen zu können.
    Mort antwortete nicht sofort, als müsste er zunächst darüber nachdenken, was er für den alten Klepper haben wollte. Kjoren hoffte, dass das Tier die Reise überhaupt überleben würde. Aber alles war besser, als noch drei weitere Tage zu Fuß unterwegs zu sein.
    »Sieben Taler«, sagte Mort schließlich.
    Es dauerte einige Augenblicke, ehe die Bedeutung der Worte sich einen Weg in Kjorens Gehirn gesucht hatte. »Sieben Taler? Ich wollte Cliff nicht kaufen! So viel habe ich nicht. Tut mir leid, wenn ich Ihre Zeit verschwendet habe.« Kjoren wandte sich ab und entfernte sich, doch schon einen Herzschlag später spürte er die Berührung einer Hand auf seiner Schulter.
    »Ach, kommen Sie. Sie können nicht gehen, ohne mir ein Gegenangebot zu machen. Vielleicht einigen wir uns noch.«
    Kjoren trug gerade einmal zwei Taler und zwanzig Groschen bei sich, und einiges davon würde er noch benötigen, um seine Vorräte aufzufrischen. Den Luxus eines überteuerten Pferdes konnte er sich nun wahrlich nicht leisten. Er dachte kurz darüber nach, ob er den Namen des Schmieds nennen sollte, um einen besseren Preis zu erzielen, entschied sich jedoch dagegen. Irgendetwas im Blick des Schmieds hatte ihm verraten, dass die beiden kein gutes Verhältnis zueinander pflegten.
    Kjoren schämte sich, Mort ein Angebot zu machen, das in seinem Budget lag, deshalb sagte er: »Nein, ich kann das definitiv nicht bezahlen. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.« Er wandte sich abermals ab, doch Mort gab nicht nach.
    »Bitte, ich höre mir Ihr Angebot gern an.«
    Kjoren seufzte und klimperte mit den Münzen in seiner Hosentasche. »Ich kann Ihnen maximal zwei Taler geben.«
    »Zwei Taler? Sie sind aber ein knallharter Geschäftsmann.«
    »Ich bin kein Geschäftsmann, sondern …« Kjoren hätte beinahe Soldat gesagt. Er konnte es sich weder leisten, seine Fahnenflucht durch ein unbedachtes Wort zuzugeben, noch entsprach es der Wahrheit. In seinem Herzen war er nie ein Soldat gewesen. »Ich habe einfach nicht mehr Geld. Und jetzt lassen Sie mich gehen. Wenn ich den Marsch morgen zu Fuß zurücklegen will, muss ich ausgeruht sein.« Bitterkeit und Enttäuschung lagen in seiner Stimme, sie ließen sich nicht so gut unterdrücken, wie er vorgehabt hatte.
    »Kommen Sie morgen früh zurück. Ich will es mit meiner Frau Kelly besprechen, wenn sie heute Abend heimkehrt.« Mort grinste ihn an. Wahrscheinlich schrieb die Zweigstelle der Pferdevermietung seit Längerem rote Zahlen. Anders konnte sich Kjoren sein Einlenken nicht erklären. Er versicherte Mort, am Morgen herzukommen und verabschiedete sich.
    Nachdem Kjoren an mehrere Türen geklopft und sich mindestens zwanzig Abfuhren eingefahren hatte, fand er am Ende ein Nachtlager bei einer Firunenfamilie im ärmeren Stadtteil von Feddys. Die Gasthäuser verlangten allesamt zu viel für seinen schmalen Geldbeutel, davon hatte er sich gleich zu Anfang überzeugt.

Weitere Kostenlose Bücher