Jenseits des Windes
ihm mit seinem massigen Leib den Weg versperrte. Das Pferd stieg unvermittelt und sein Kopf prallte mit dem der Dame zusammen. Sie taumelte rückwärts und sank in die Knie. Das Pferd schlug mit den Hufen aus. Bevor es sie noch am Kopf traf, machte Kjoren einen Satz nach vorn und griff beherzt nach dem Zaumzeug. Ein Hufeisen prallte auf seine Schulter. Schmerz durchzuckte ihn, doch er bekam es zu fassen und brachte das wilde Pferd zum Stehen. Aus den geblähten Nüstern drang heißer dampfender Atem und die weit aufgerissenen Augen rollten umher, doch wenigstens stand es wieder mit allen vier Hufen auf dem Boden. Die blonde Frau erhob sich und warf Kjoren einen gleichermaßen überraschten wie dankbaren Blick zu. Der Mann nahm seine Begleiterin mit besorgtem Ausdruck in die Arme.
»Kelly, hast du dich verletzt? Beim b armherzigen Gott, das sieht aber böse aus!« Er deutete auf die Platzwunde, die der harte Pferdeschädel auf ihrem Kopf hinterlassen hatte.
»Lass gut sein, Gord. Es ist nicht schlimm. Wäre der fremde Retter nicht gewesen, hätte mich das Pferd zertrampelt.« Kelly ließ sich von Gord stützen und reichte Kjoren eine ihrer kleinen Hände. Zaghaft griff er danach und erwiderte den Händedruck.
»Sie sind wirklich ein Geschenk Gottes«, sagte sie. Ein Blutstropfen rann ihre Schläfe hinab, doch sie kümmerte sich nicht um die Wunde. Stattdessen lächelte sie Kjoren liebevoll an, ihre grünen Augen funkelten vor Dankbarkeit.
Kjoren war die Situation unangenehm. Er drückte Gord die Zügel in die Hand und wischte sich seine schweißnassen Finger an der Hose ab. »Ist schon in Ordnung.«
»Nein, das ist es nicht«, sagte Gord. »Sie verdienen eine Belohnung. Die Räuber hätten uns töten können. Vermutlich waren sie wütend, dass sie nicht viel erbeutet haben. Außer den Postsendungen befindet sich in dieser Kutsche nämlich nichts Brauchbares.« Auch Gord hielt ihm die Hand entgegen. Widerwillig schlug Kjoren ein. Gord war um einiges kleiner als er, schlank, mit wettergegerbtem Gesicht. Trotz der Statur schien er kräftig zu sein. Muskeln spannten sich unter seinem Hemd.
»Was können wir Ihnen zum Dank anbieten?«, fragte Kelly.
Beinahe hätte Kjoren losgelacht. Er warf dem alten Klepper Cliff einen Seitenblick zu.
»Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich nach Budford mitnehmen könnten«, sagte Kjoren. Ihm entging nicht, dass Gords Blick an seinem Halsband haften blieb, doch der valanische Mann zeigte keinerlei Reaktion darauf.
»Nur eine Mitfahrgelegenheit? Das ist alles? Sie haben mir das Leben gerettet.« Kelly fischte in ihrer Rocktasche nach einem Taschentuch und tupfte sich das blutverschmierte Gesicht ab. »Gibt es sonst nichts, das wir für Sie tun könnten? Sie haben sich auch verletzt.«
Kjoren lächelte bitter. »Nicht der Rede wert. Nun ja, ich suche Arbeit in Budford. Nach etwas anderem verlangt es mich nicht.« Außer vielleicht nach Bargeld oder einer Überfahrt nach Ona . Doch das wäre eine unverschämte Forderung. »Vielleicht kennen Sie jemanden, bei dem ich es versuchen könnte?«
Kelly und Gord tauschten einen undeutbaren Blick. »Wir suchen noch nach jemandem, der in unseren Ställen arbeitet. Einer unserer Stallburschen ist ausgefallen. Den armen Kerl hat das Fieber dahingerafft.« Gord lächelte. »Wir führen eine gut gehende Pferdevermietung. Es wäre körperlich anstrengend, aber Essen und Unterkunft sind inklusive. Dass Sie mit Pferden umgehen und beherzt zupacken können, haben Sie soeben bewiesen. Hätten Sie Interesse?«
Hatte der Valane ihm gerade tatsächlich Arbeit angeboten? »Und wenn ich ja sage?«, fragte er zögerlich. Nur Narren sprangen Hals über Kopf in unbekanntes Gewässer.
»Dann stelle ich Sie ein.« Gord grinste und offenbarte eine Reihe weißer Zähne. »Es ist schwer, jemanden zu finden, der schwere Arbeit machen möchte. Wie ist Ihr Name?«
»Leroy.« Inzwischen kam ihm der falsche Name rasch über die Lippen.
Sie besiegelten das Geschäft mit einem weiteren Händedruck. Nachdem Kelly sich von der Unversehrtheit ihrer Pferde überzeugt hatte, kletterte sie neben Gord auf den Kutschbock. »Steigen Sie ruhig in die Kutsche.«
»Nein danke, ich werde auf dem sandfarbenen Wallach reiten, den Sie im Schlepptau führen«, sagte Kjoren. Diesen Triumph wollte er sich gönnen.
Zehn
Ehre und Pflicht
S ein Körper brannte vor Schmerz. Bis zum heutigen Tag war sich Leroy nie über die Anzahl Muskeln in seinem Körper bewusst gewesen. Jeder
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