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Jenseits des Windes

Jenseits des Windes

Titel: Jenseits des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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einzelne schien ihn quälen zu wollen.
    Er hatte sich immer für einen sportlichen Soldaten gehalten, doch jetzt wusste er, dass sein Training immer nur einseitig gewesen war. Allem voran bereiteten ihm Gesäß und Rücken Probleme. Sein letzter Ritt lag lange zurück, und damals war das Pferd kein so großes Schlachtross wie Rigo gewesen. Er war pechschwarz, hochbeinig und sein Rücken so breit, dass Leroy glaubte, er hätte die kurzen Beine eines Kleinkinds, das kaum die Steigbügel erreichte. Die Prozession zog seit dem Vormittag vom großen Friedhof in den Wäldern vor Valana zurück zum Palast, dessen goldene Zinnen er in der Ferne bereits über den Dächern der Häuser emporragen sah. Er ritt zwischen zwei Soldaten, die er noch nie gesehen hatte. Sie gehörten zum Regiment von Offizier Torren. Sie schwiegen, niemand in dem fast hundert Mann starken Tross sprach. Es war gespenstisch. Leroy ritt in der Mitte des Zuges, unmittelbar vor ihm fuhr die große geschlossene Kutsche, in der König Adoran und seine Frau Celesa saßen. Die zugezogenen Vorhänge an den Fenstern des Fahrgastraumes versperrten den Blick in dessen Inneres. Vor der Kutsche ritten weitere Soldaten auf ihren schwarzen Schlachtrössern, und davor gingen Fußsoldaten. Alle trugen zum Zeichen der Trauer schwarze Kleidung. Insgeheim wünschte Leroy, sie würden endlich das große Zelt erreichen, das man für das Totenmahl im riesigen Schlosspark vorbereitet hatte. Die Schmerzen waren nun kaum noch zu ignorieren. Er war eben kein Kavallerist, sondern Fußsoldat. Weshalb man ihn aufgefordert hatte, die Prozession zu Pferde zu begleiten, blieb ihm ein Rätsel. Er war erst vor wenigen Tagen von der letzten Mission in den Grenzgebieten zurückgekehrt. Niemand anderem aus seinem Regiment war nach einer derart kurzen Erholungspause eine Aufgabe auferlegt worden, und erst recht keine wie diese. In den letzten beiden Tagen, seit man Leroy mitgeteilt hatte, er stehe als Kavallerist auf der Liste der Ehrengäste des Königs, hatte er sich den Kopf zerbrochen, ob es einem Irrtum oder seinen besonderen Leistungen zu verdanken war. Er entschied sich für die einzig logische Erklärung: Man hatte ihn verwechselt. Das Mitglied des Kronrats, das den Trauerzug organisiert hatte, musste sich geirrt haben. Was auch in Ordnung war, denn nun ritt er auf einem edlen Ross hinter der Kutsche des Königs und durfte an einem Festmahl teilnehmen. Trotz Versehen erfüllte es ihn mit Stolz und war sicher einen schmerzenden Hintern wert.
    Die Kolonne bewegte sich durch die für gewöhnlich belebte Innenstadt, doch heute ließ sich kaum ein Valane blicken, zumindest nicht auf den Straßen. Die wenigen, die ihre Köpfe aus den Fenstern streckten, machten ein betretenes Gesicht und beobachteten schweigend, wie die schwarz gekleideten Edelmänner und Soldaten vorüberzogen. Leroy kannte den Verstorbenen nicht einmal. Sein Name war Kase Borey, vermutlich ein Palastangestellter. König Adoran musste viel von ihm gehalten haben, wenn er seinetwegen so viel Aufhebens machte. Leroy war zu Ohren gekommen, dass Borey des Nachts im Schlaf in seinen Gemächern erstickt sein soll, weil der Abzug des Kamins verstopft gewesen war. Ein tragischer Tod. Ein sinnloser Tod. Es fiel ihm nicht schwer, ein einer Beerdigung angemessenes Gesicht zu machen. Es stimmte ihn tatsächlich traurig. Ein wenig ärgerte er sich aber auch über seine Weichherzigkeit. Als Soldat stand es ihm nicht zu, weich zu sein. Er begleitete die Prozession, um für ihre Sicherheit zu sorgen, mehr nicht. Es war seine Pflicht, seriös aufzutreten. Er hatte kein Recht, Trauer zu zeigen.
    Ein Blick in die Gesichter der anderen Soldaten verriet ihm, dass sie ihre Aufgabe ernst nahmen. Sie starrten geradeaus, keine Emotion schien sich in ihnen zu regen.
    Die Kolonne bog von der Hauptstraße auf einen sich allmählich aufwärts zum Palastgelände schlängelnden Kiesweg ab. Die Sonne stand hoch am Himmel und brannte Leroy auf den Leib. Er schwitzte. Der Sommer war merklich vorangeschritten, doch an einem wolkenfreien Tag wie diesem stiegen die Temperaturen noch auf ein kaum erträgliches Maß. Auch die Pferde glänzten mittlerweile vor Schweiß.
    Wenig später erreichten sie das Tor zu den weitläufigen Parkanlagen. Der Tross blieb stehen und die Ordnung innerhalb der Reihen löste sich rasch auf. Leroy und die anderen Kavalleristen saßen ab und übergaben die Zügel den Stallburschen, die schon auf sie gewartet hatten. Die

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