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Jenseits des Windes

Jenseits des Windes

Titel: Jenseits des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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erstrahlen.«
    Die maßgeschneiderte Uniform saß Oberst Ripps immer noch tadellos am kräftigen Körper. Nur die teils ergrauten Haare zeigten sein fortgeschrittenes Alter. Er verkörperte gemeinhin das, was man sich unter einem Kommandanten vorstellte. Jonneth erinnerte sich nur allzu lebhaft an die Jahre auf der Militärakademie. Es verschaffte ihm ein Gefühl der Genugtuung, wenn Oberst Ripps ihn nun durch Adorans plötzlichen Tod mit »Prinz« ansprach und sich vor ihm verbeugte. Die vielen Strafrunden, die er Jonneth seinerzeit auf dem Exerzierplatz hatte drehen lassen, konnte er ihm nun heimzahlen.
    »Werden Sie im nächsten Sommer zweihundert neue Rekruten aufnehmen können?«, fragte Jaham.
    Seit sein Vater König war, trug er die Nase noch höher. Jonneth schlang sich den Pelzumhang enger um die Schultern, denn ein frischer Wind pfiff über das Kasernengelände.
    »Gewiss, Eure Majestät«, sagte Oberst Ripps mit einem selbstzufriedenen Lächeln auf den Lippen. Sein Vater hatte der Garnison einen ordentlichen Batzen Geld zukommen lassen, seitdem überschlug der Oberst sich beinahe vor Freundlichkeit.
    Jaham ließ den Blick über die Baustelle schweifen und Jonneth folgte ihm. König Jaham beabsichtigte, die Kapazität der Kasernen um mindestens ein Drittel zu steigern. Sein Alter war vernarrt in das Militär.
    »Nun gut«, sagte Jaham und drehte auf dem Absatz um. Oberst Ripps hastete ihm hinterher. »Ich habe große Pläne mit dieser Garnison. Ich möchte die letzten Teile Yels innerhalb der nächsten fünf Jahre in das Königreich eingliedern.«
    Oberst Ripps hob erstaunt die Augenbrauen. »Das ist ein wahrlich ehrgeiziges Projekt.«
    Jaham machte eine abwertende Handbewegung. »Ich weiß. König Adoran war viel zu lasch im Umgang mit den Firunen. Die verstehen doch nur eine Sprache, und das ist die Sprache der Gewehrkugeln.«
    Jonneth beobachtete Oberst Ripps genau, der es nicht wagte, seine Meinung zu dem Thema kundzutun oder dem König zu widersprechen. Jaham beschleunigte seine Schritte und steuerte auf die Kutsche zu, die sie zurück nach Valburg bringen würde. Jonneth trottete ihm hinterher. Als Kronprinz stand es ihm zu, seinen Vater zu solchen Pflichtbesuchen zu begleiten, doch Jaham machte nicht den Eindruck, als läge ihm sonderlich viel an der Gegenwart seines Sohnes. Jonneth schluckte seinen Ärger hinunter. Früher oder später würde er König sein.
    Ein Diener half Jaham, mit seinem üppigen Pelzmantel in die Kutsche zu steigen. Er verabschiedete sich von Oberst Ripps mit einem Kopfnicken und einem frostigen Lächeln. Jonneth nahm gegenüber auf der mit Samt bezogenen Sitzfläche Platz. Als der Kutscher die Peitsche knallen ließ und sie durch das Kasernentor rumpelten, stieß Jaham einen tiefen Seufzer der Selbstzufriedenheit aus.
    »Ist es nicht wunderbar, wie sich das Schicksal auf unsere Seite geschlagen hat? Da sieht man mal, was Adoran seine Beterei zum b armherzigen Gott eingebracht hat. Jetzt liegt er gerade sechs Wochen unter der Erde, und ich habe in dieser Zeit mehr zustande gebracht, als er in drei Jahren.«
    Jonneth bedachte ihn mit einem kritischen Blick, doch er erwiderte nichts, sodass Jaham ungerührt fortfuhr. »Ich hätte nie geglaubt, dass alles so einfach sein könnte. Der dämliche Arzt hat nicht einen Moment daran gezweifelt, dass Adoran an einem Herzinfarkt gestorben ist. An Giftpilze hat er nicht gedacht, weil die roten Pusteln bei seiner Ankunft längst verschwunden waren. Wie gut, dass der alte Adoran sich nach dem Essen zum Trauern allein zurückgezogen hat. Ich habe wirklich saubere Arbeit geleistet. Findest du nicht? Der König und sein Neffe sind tot, niemand zieht eine Verbindung, niemand der anderen Gäste hat vergiftetes Essen vorgesetzt bekommen und niemand ist mehr übrig, der uns gefährlich werden könnte.«
    Jonneth spürte Wut aufsteigen. Sein Vater ließ keine Gelegenheit aus, sich für seine Einfälle zu loben.
    »Was ist mit Tivor Breel und seinem blinden Freund Redland?«, fragte Jonneth, obwohl er nicht glaubte, dass sein Vater ihn wenigstens für seine Umsichtigkeit loben würde. »Noch mehr Tote können wir uns nicht erlauben. Der Rat der Obersten ist schon jetzt skeptisch.«
    Jaham machte eine abwertende Handbewegung. »Ich denke, die beiden führen ein schönes Leben in Sendrone. Die Steinbrüche dort wachsen und wachsen, seit ich beschlossen habe, die Garnisonen des Landes zu erweitern.«
    »Du lässt die alten Männer im Steinbruch

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