Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jenseits des Windes

Jenseits des Windes

Titel: Jenseits des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
Vom Netzwerk:
seinem Thron zu stoßen und die Gesetze wieder zu ändern.«
    Wut brandete durch ihn hindurch. Aus Kjorens Mund klang es wie ein Kinderspiel, aber es war unrealistisch, dumm und absolut undenkbar. Leroy wollte sich lediglich versöhnen, damit er seinen Seelenfrieden wiederfand.
    Sein Vater warf Kjoren einen verwirrten Blick zu. »Vom Thron stoßen? Ich habe Leroy nie für größenwahnsinnig gehalten!« Er stieß ein kurzes Lachen aus, aber sein Grinsen reichte nicht bis zu den Augen hinauf. »Was hat es damit auf sich?« Er wandte sich Leroy zu und setzte dieselbe strenge Miene auf, mit der er ihn schon als kleines Kind eingeschüchtert hatte.
    »Es hat nichts zu bedeuten«, presste er hervor. »Ein Hirngespinst. Dennoch würde ich gern von dir erfahren, ob du meine leiblichen Eltern kanntest.«
    Kjoren öffnete abermals den Mund, doch er brachte ihn mit einer Handbewegung und einem zornigen Blick zum Schweigen.
    Bjart seufzte und strich sich über das lichte mausgraue Haar. »Haben wir nicht bereits Hunderte Male darüber diskutiert? Bist du gekommen, um mir eine Frage zu stellen, die ich dir schon vor Jahren beantwortet habe?«
    Leroy hätte wissen müssen, dass die Unterhaltung zu nichts führen würde. Jetzt stritten sie sich beinahe schon wieder. Er hätte sich den weiten Weg sparen können. Leroy senkte den Kopf und starrte auf seine Fußspitzen. Er hatte einfach nicht mehr die Kraft, sich seinem Vater entgegenzustellen.
    »Und wie lautet die Antwort? Ich bin nicht den ganzen Weg hierhergekommen, um ohne irgendwelche Informationen wieder zu gehen!« Elanes energische Stimme zerschnitt die Stille wie ein Peitschenhieb. Leroy hob verwundert den Kopf. Ihre Augen funkelten, den kleinen Mund presste sie vor Empörung zu einem schmalen Strich zusammen. Leroy hatte ihr niemals so viel Selbstbewusstsein zugetraut.
    Sein Vater zog die Augenbrauen hoch. »Ich bin Ihnen keine Rechenschaft schuldig, junge Dame.« Leroy entging nicht, wie abschätzig er Elane beäugte. Sie war Valanin, und das allein genügte schon, um seinen Unmut zu wecken. Je länger Leroy darüber nachdachte, desto schockierender empfand er die Tatsache, dass sein Vater einst einen Valanen als seinen Sohn aufgezogen hatte. Er hatte nie einen Hehl daraus gemacht, wie sehr er die Valanen verachtete. Für einen kleinen Jungen, der seine unerwünschte Andersartigkeit genau spürte, war es schlimmer gewesen als eine Tracht Prügel. Leroy hatte sich immer wertlos gefühlt. Immerzu hatte er nach Anerkennung getrachtet, andernfalls wäre er nie in die Armee eingetreten ...
    »Ich habe Leroy die Wahrheit erzählt.« Sein Vater riss ihn aus seinen düsteren Gedanken. »Seine Mutter Ista und ich konnten keine Kinder bekommen«, fuhr er fort. »Eines Tages wurde uns ein Säugling angeboten. Ein Mann brachte ihn in unser Dorf. Wir haben keine Fragen gestellt.«
    Ein wütendes Schnauben aus Kjorens Richtung unterbrach ihn. »Das glauben Sie doch wohl selbst nicht! Sie haben sicherlich Leroys Magisches Mal auf seinem Arm bemerkt, auch wenn er es gern von sich schiebt und nicht wahrhaben will. Sie sagen, ein Fremder hätte Ihnen einen Säugling geschenkt? Schwachsinn! Wer täte denn so was?«
    Die Gesichtsfarbe seines Vaters färbte sich zunehmend rot. Jetzt hatten sie den Bogen überspannt. Kjoren war ein unerträglicher Nörgler, der mit seiner aufdringlichen und unsensiblen Art jeden vergraulte, dem er begegnete. Leroy hätte sich nie an seine Fersen heften dürfen. Er verfluchte sich. Vermutlich hatte er sich die Aussicht auf eine Versöhnung jetzt endgültig verspielt.
    »Ich gebe Kjoren recht«, meldete sich Elane zu Wort. Sie verwunderte Leroy immer mehr. »Nach unserem Kenntnisstand hat man Leroy töten wollen, weil er der leibliche Sohn des verstorbenen Königs Alloret ist. Alles deutet darauf hin. Man hat all die Jahre nichts von ihm gewusst und hält ihn nun für tot. Ich bin mir sicher, man hätte ihn damals auch getötet, wenn irgendwer ihn nicht weggeschafft hätte. Und Sie wollen uns weismachen, ein Fremder hätte Ihnen den Thronfolger geschenkt? Ohne etwas zu sagen oder zu verlangen? Ohne dass Sie je sein Mal beachtet hätten? Sie lügen, Bjart!« Ihre Stimme war mit jedem Wort lauter geworden. Leroy glaubte, einen sehr, sehr schlechten Traum zu träumen. Beinahe erwartete er, jeden Moment von der Glocke zum Morgenappell geweckt zu werden. Er konnte kaum glauben, was sich im Salon seines Elternhauses abspielte. Einzig die Tatsache, dass sein Vater

Weitere Kostenlose Bücher