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Jenseits des Windes

Jenseits des Windes

Titel: Jenseits des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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Firunensöhnen, die man gezwungen hat, in der Armee zu dienen«, sagte Kjoren mit unverhohlener Bitterkeit in der Stimme.
    Der alte Mann nickte. »Ich habe meine Aktivitäten im Bund der Befreier eingestellt, nachdem man mir Leroy gebracht hatte. Jedoch habe ich gehört, dass andere den König gefangen gehalten haben, und das noch lange, nachdem man ihn für tot erklärt hatte. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt nichts mehr damit zu tun, was es nicht besser macht, ich weiß. Ein Freund von mir war in das Attentat involviert. Er hat damals als Dienstbote im Königshaus gedient. Ohne ihn hätten die Firunen es nie geschafft, in den Palast einzufallen.« Er fuhr sich fahrig durch das schüttere Haar. Die Erinnerung hatte ihn vollends gepackt. Er zitterte. »Als die Befreier die Gemächer des Königs stürmten, hat er sich wohl daran erinnert, dass meine Frau und ich kinderlos waren. Er hat es nicht übers Herz gebracht, den Säugling zu töten. Stattdessen brachte er ihn hierher. Vielleicht auch, weil er in Wahrheit doch noch zu seinem König gestanden hat. Heute sehe ich die Dinge etwas klarer, damals habe ich mir keine Gedanken darüber gemacht. Ich habe das Kind dankbar angenommen und keine Fragen gestellt. Mein Freund, der Diener, brachte mir den Säugling und sagte, er hieße ab nun Leroy. Das war ein schöner, starker Valanenname. Ich habe jahrelang verdrängt, dass ich den wahren Thronerben großzog. Und jetzt hast du es selbst herausgefunden.« Er sah ihm traurig in die Augen. Ein gebrochener Mann. Leroy spürte Stiche in der Brust. Jetzt kannte er also die Wahrheit. Aber bedeutete sie ihm irgendetwas? Nein, es war ihm gleichgültig. Er wünschte sich nichts, außer seinen Vater um Verzeihung zu bitten. Er hatte ihn verraten. Er hatte sich für ihn geschämt, er war sogar zur Armee gegangen, nur um ihn zu verletzen.
    »Ich hätte noch eine Frage«, mischte sich Elane ein. Sie klang nun wieder ruhig, hatte sich die Tränen aus dem Gesicht gewischt. »König Alloret hat in Gefangenschaft einen Brief verfasst, in dem er davon berichtete, dass man Informationen aus ihm herauspressen wollte. Der Brief wurde seinem Bruder Adoran Jahrzehnte später von zwei befreiten Gefangenen übergeben. Wegen dieses Briefes hat Adoran mich ja überhaupt erst enterbt. Wäre alles so verlaufen wie geplant, wäre Jaham vermutlich nie auf die Idee gekommen, die Krone auf andere Weise als durch die Hochzeit seines Sohnes an sich zu reißen. Er hatte seine Hoffnungen auf Jonneth gesetzt, aber er musste sie durch meine Enterbung wieder begraben.« Ihr war deutlich anzumerken, wie schwer ihr die Worte über die Lippen kamen. Vermutlich hatte auch Elane die eine oder andere Hoffnung begraben müssen. Trotzdem bemühte sie sich, ihr Anliegen sachlich vorzutragen. »Wie dem auch sei, Alloret hat in dem Brief nicht erwähnt, welcher Natur die Informationen seien. Er sprach von einer geheimen Formel, die die Magie der Valanen zu steigern vermag. Wissen Sie etwas darüber?«
    Für die Dauer eines Herzschlags verhärtete sich der Ausdruck auf dem Gesicht seines Vaters. »Ich habe mit dieser Geschichte nichts zu tun. Zu dem Zeitpunkt hatte ich meine Aktivitäten im Geheimbund längst eingestellt.«
    Leroy kannte ihn lang genug, um zu wissen, wann er log. Er rang mit sich. Sollte er ihn darauf ansprechen oder die Sache lieber auf sich beruhen lassen? Er blickte abwechselnd in die enttäuschten Gesichter von Elane und Kjoren. Sie schienen beide großes Interesse daran zu haben, dem amtierenden König das Handwerk zu legen, obwohl sich Leroy sicher war, dass es Kjoren dabei nur um seine Belange ging.
    »Vater, ich denke, du weißt mehr, als du zugibst«, sagte er schließlich mit schmerzlich pochendem Herzen. Er klang belegt und räusperte sich. »Ich bitte dich einfach, mir nach all den Jahren endlich die Wahrheit zu sagen.« Leroy wunderte sich, wie selbstsicher er sich plötzlich anhörte.
    Sein Vater straffte sich und richtete sich im Sessel auf, als wäre ihm mit einem Mal neue Lebensenergie in den Leib geschossen. »Du hast recht. Was macht es noch für einen Unterschied? Es ist ohnehin alles verloren.« Er seufzte und machte eine wegwischende Handbewegung. Er schwieg, doch Leroy gab ihm die Zeit, die er benötigte. »Unser Geheimbund hatte damals erfahren, dass König Alloret eine geheime Formel entwickelt hat, die in der Lage sein sollte, Firunenmagie auf die Valanen zu übertragen«, sagte Bjart schließlich. »Sie funktionierte tatsächlich.«

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