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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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gehabt. Aber wie hatten sie Kinanjui darin untergebracht, und wie lag er jetzt darin? Man setzte den Sarg dicht vor dem Platz, auf dem ich stand, zu Boden.
    Auf dem Deckel war eine große silberne Platte mit einer Inschrift, die – wie ich später erfuhr – besagte, der Sarg sei ein Geschenk der schottischen Mission an den Häuptling Kinanjui; dazu ein Spruch aus der Heiligen Schrift.
    Es gab eine langwierige Beerdigung. Einer nach dem anderen traten die Missionare vor und sprachen und brachten, wie ich mir denken kann, mancherlei Bekenntnisse und Ermahnungen vor. Aber ich hörte nicht zu, ich hielt mich fest an dem Strick um Kinanjuis Grab. Ein paar von den christlichen Schwarzen folgten dem Beispiel der Prediger und posaunten ihre Grabreden weithin über die grünen Steppen.
    Schließlich wurde Kinanjui in die Erde seiner Heimat gesenkt und mit ihr zugedeckt.
    Ich hatte meine Hausboys mit nach Dagoretti genommen, damit sie dem Begräbnis beiwohnen konnten. Sie blieben noch eine Weile, um sich mit ihren Freunden und Angehörigen zu unterhalten, und wollten zu Fuß nachkommen. So fuhr ich allein mit Farah heim. Farah war stumm wie das Grab, das wir verließen. Er hatte es nur schwer verwunden, daß ich Kinanjui nicht zu mir ins Haus hatte nehmen wollen; zwei Tage war er wie ein irrender Geist, von schwerem Zweifel und Kummer bedrückt, umhergegangen. Als wir jetzt an unserer Haustür vorfuhren, sagte er: »Laß dir’s nicht zu Herzen gehen, Memsahib.«

Das Grab in den Bergen
    Denys Finch-Hatton kam von einer seiner Safaris heim und blieb eine Zeitlang auf der Farm; aber als ich den Haushalt aufzulösen und zu packen begann und er nicht mehr bei mir wohnen konnte, zog er zu Hugh Martin nach Nairobi. Von da kam er täglich heraus und aß bei mir zu Abend. Schließlich, als ich meine Möbel verkaufte, waren Kisten unsere Stühle und eine Kiste unser Tisch; so saßen wir und plauderten bis tief in die Nacht.
    Einige Male sprachen Denys und ich so, als müßte ich nun wirklich von Afrika scheiden. Er selbst betrachtete das Land als seine Heimat und verstand mich sehr gut und teilte meine Trübsal, auch wenn er mich auslachte, weil die Trennung von meinen Leuten mir schwer wurde. »Glaubst du wirklich«, fragte er, »daß du ohne Sirunga nicht leben kannst?« – »Ja«, sagte ich, »das glaube ich.« Aber die meiste Zeit, wenn wir beisammen waren, sprachen und handelten wir, als gäbe es keine Zukunft; es war nie seine Art gewesen, sich um sie zu sorgen, es war, als ständen ihm in der Not Hilfskräfte zu Gebote, die uns versagt waren. Er ging zwanglos auf mein Vorhaben ein, den Dingen ihren Lauf zu lassen und andere Leute denken und reden zu lassen, was sie mochten. Wenn er im Hause war, schien es nichts Besonderes und nur eine Laune unseres Geschmacks zu sein, daß wir auf Kisten in einem leeren Hause saßen. Er zitierte mir einen Vers:
     
    »Gib nur deinen Klagetönen
    Lust’ge Melodeien!
    Käm ich wohl, mit dir zu stöhnen?
    Nein, mich zu erfreuen.«
     
    In diesen Wochen stiegen wir öfters zu einem kurzen Flug über die Ngongberge oder das Wildreservat auf. Einmal, als Denys mich ganz früh morgens auf der Farm abholte – die Sonne war eben im Aufgehen –, sahen wir südlich vom Gebirge einen Löwen auf der Steppe.
    Er sprach davon, seine Bücher zu verpacken, die seit Jahren in meinem Hause standen, kam aber nie dazu, sich ernstlich dranzumachen. »Behalt sie«, sagte er, »ich habe doch keinen Platz für sie.« Er konnte sich nicht darüber schlüssig werden, wo er bleiben sollte, wenn mein Haus ihm nicht mehr offenstand. Einmal brachte ihn das energische Drängen eines Freundes so weit, daß er nach Nairobi fuhr und die Bungalows besichtigte, die da zu vermieten waren, aber er kam so angewidert von allem, was er gesehen hatte, zurück, daß er nicht einmal davon reden wollte; bei Tisch, als er einen Anlauf nahm, mir die Häuser und die Möbel zu beschreiben, stockte er gleich wieder und versank in Schweigen mit einer Miene des Abscheus und Kummers, die an ihm selten war. Er war mit einer Existenzweise in Berührung gekommen, deren Vorstellung ihm unerträglich war. Sein Widerwille war dabei durchaus sachlich und unpersönlich; daß er selbst an dieser Existenzweise hatte teilhaben sollen, hatte er schon vergessen. Als ich davon sprach, fiel er mir ins Wort: »Was mich anlangt«, sagte er, »ich werde vollauf glücklich sein in einem Zelt im Massaireservat, oder ich werde mir ein Haus im Somaliviertel

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