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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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jener Zeit wieder. Während der letzten Monate in Afrika, als alles über mich hereinbrach, befiel es mich zuweilen plötzlich wie eine Finsternis: ich fürchtete mich davor wie vor einer Art Gemütsstörung.
    An jenem Donnerstag beschlich mich der Alpdruck unversehens und wurde so mächtig, daß ich mir Gedanken machte, ob ich wohl daran sei, den Verstand zu verlieren. Irgendwie lastete auf der Stadt und den Menschen, die ich traf, eine tiefe Traurigkeit, und mitten im Getriebe fühlte ich, wie sich alles von mir abwandte. Niemand wollte stehenbleiben und mit mir plaudern, Freunde, die mich kommen sahen, stiegen in ihre Autos und fuhren davon. Sogar der alte Mister Duncan, der schottische Kaufmann, bei dem ich seit vielen Jahren eingekauft, mit dem ich auf den großen Bällen im Government House getanzt hatte, sah mich, als ich eintrat, fast erschrocken an und ging aus dem Laden. Ich begann, mich in Nairobi so einsam zu fühlen wie auf einer verlassenen Insel.
    Ich hatte Farah auf der Farm gelassen, um Denys zu empfangen, und hatte niemanden bei mir, mit dem ich hätte reden können. Die Kikuju sind in solchen Fällen nichts nütze, denn ihre Vorstellung von der Wirklichkeit, ja, ihre Wirklichkeit selbst, ist anders als die unsere. Aber ich war zum Frühstück bei Lady MacMillan in Chiromo und dachte mir, dort würde ich Weiße finden, mit denen ich sprechen und mein seelisches Gleichgewicht wiederherstellen könnte.
    Ich fuhr in Chiromo vor, einem reizenden Haus im alten Nairobistil am Ende einer langen Bambusallee, und fand eine Tischgesellschaft beisammen. Aber in Chiromo erging es mir geradeso wie in den Straßen von Nairobi. Alles war todernst, und als ich hereintrat, hörte das Gespräch auf. Ich setzte mich zu meinem alten Freunde Mister Bulpett; er schlug die Augen nieder und sagte nur ein paar Worte.
    Ich versuchte den Schatten, der immer schwerer auf mir lastete, abzuschütteln und mit ihm von seinen Bergbesteigungen in Mexiko zu sprechen, aber er schien sich nicht mehr an sie zu erinnern.
    Ich sagte mir: Diese Menschen können mir nicht helfen, ich will zurück auf die Farm. Denys wird inzwischen gekommen sein, und wenn ich nur seinen Wagen vor dem Hause stehen sehe, werde ich wieder gesund sein und alles wissen und begreifen.
    Aber als das Frühstück beendet war, bat mich Lady Mac-Millan zu sich in ihr anstoßendes Wohnzimmer und erzählte mir, in Voi sei ein Unfall passiert und Denys habe mit seiner Maschine havariert. Ich sagte, dann wolle ich versuchen, mit meinem Wagen bis nach Voi zu kommen. Aber sie hielt mich zurück, und die Tränen liefen ihr übers Gesicht: »Sie verstehen nicht«, sagte sie, »Denys ist beim Sturz verunglückt. Er ist tot.«
    Da war es so, wie ich mir’s gedacht hatte, daß schon beim Namen Denys sich mir die Wahrheit offenbarte und ich alles wußte und begriff.
    Später erhielt ich einen Brief vom Bezirkskommissar in Voi, der mir die Einzelheiten des Unfalls berichtete. Denys hatte bei ihm übernachtet und war morgens mit seinem Boy auf dem Flugplatz zur Heimfahrt auf die Farm aufgestiegen. Als er kaum in der Luft war, kehrte er rasch wieder um: er flog ganz niedrig, nur etwa achtzig Meter. Plötzlich schwankte die Maschine, geriet ins Trudeln und schoß wie ein herabstoßender Raubvogel zur Erde. Als sie den Boden berührte, flammte sie auf, die herbeilaufenden Leute prallten vor der Glut zurück. Sie warfen Zweige und Erde auf das Feuer; als es erstickt war, fanden sie das Flugzeug völlig zertrümmert, die beiden Insassen waren beim Sturz ums Leben gekommen.
    Noch Jahre nach diesem Unglückstag empfand die Kolonie Denys’ Tod als einen Verlust, der nicht zu ersetzen war. Ein schöner Zug offenbarte sich in der Einstellung der einfachen Leute, eine Ehrfurcht für Werte, die ihre Begriffe überstiegen. Wenn sie von ihm sprachen, rühmten sie meist seine athletischen Leistungen, sie redeten von seinen Erfolgen im Kricket und Golf, Dingen, von denen ich noch nie etwas gehört hatte; erst jetzt erfuhr ich, wie groß sein Ruhm als Sportler war. Wenn die Leute sein Geschick in allen Spielen gelobt hatten, fügten sie hinzu, daß er selbstverständlich auch sehr gescheit gewesen sei. Was sie aber wirklich an ihm bewunderten, war sein völliger Mangel an Eitelkeit und Selbstsucht, eine bedingungslose Gläubigkeit, wie ich sie außer bei ihm nur noch bei Schwachsinnigen erlebt habe. In einer Kolonie gelten diese Eigenschaften gemeinhin nicht für sonderlich nachahmenswert, aber

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