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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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säbelbeinigen Kikuju, einen Zwerg mit stummem flachem Gesicht.
    Was hat Kamante zu sagen, wenn er nach Nairobi geht und sich vor dem geldgierigen, hochnäsigen Briefschreiber aufstellt und ihm die Botschaft: anvertraut, die um die halbe Erdkugel gehen soll? Die Zeilen sind so krumm wie Kamantes Finger, und die Sätze des Briefes besagen nicht viel. Aber Kamante besitzt eine große Macht der Seele; wer ihn gekannt hat, wird sie auch aus dem krächzenden wirren Getön klingen hören, wie ein Echo der Harfe des Hirtenknaben David.
    Ich setze das Bruchstück eines »zweiten Briefes« her:
    »Ich bin nicht vergessen dich Memsahib. Ehrwürdige Memsahib. Nun alle deine Diener sie sind nicht glücklich, weil du sein außer dem Lande. Wenn wir sein Vogel, wir fliegen und sehen dich. Dann wir heimkehren. Dann deine alte Farm sein guter Ort für Küche, kleine Kälber, schwarze Menschen. Nun sie haben keine Kühe, Ziegen, Schafe, sie haben nichts. Nun alle bösen Menschen freuen sich im Herzen weil deine alten Diener, sie sein nun arme Leute. Nun Gott weiß in seinem Herzen das alles, zu helfen deinen Dienern.«
    Und in einem »dritten Brief« zeigt Kamante an einem Beispiel, wie ein Schwarzer einem etwas Liebes sagen kann; er schreibt:
    »Schreibe und sage uns, ob du kommst, wir glauben, du kommst. Weil wir denken, daß du noch immer erinnerst alle unsere Gesichter und unserer Mutter Namen.«
    Ein Weißer, der einem etwas Freundliches sagen wollte, würde schreiben: »Ich kann Dich nie vergessen.« Der Afrikaner sagt: »Wir trauen dir nicht zu, daß du uns je vergessen wirst.«

E IN U NFALL AUF DER F ARM

Der verhängnisvolle Schuß
    Am Abend des 19. Dezember trat ich vor dem Schlafengehen aus dem Hause, um zu schauen, ob es wohl regnen wollte. Viele Farmer im Hochland mögen um die gleiche Stunde das gleiche getan haben. Zuweilen, je nach der Gunst der Jahre, wurden uns um die Weihnachtszeit einige starke Güsse geschenkt, eine segensreiche Gabe für den jungen Kaffee nach der Blüte in der kurzen Regenzeit des Oktober. In dieser Nacht war kein Regen in Aussicht. Der Himmel war klar und von majestätischer Ruhe, voll flimmernder Sterne.
    Am Äquator ist der Sternenhimmel reicher als im Norden, und man sieht ihn dort mehr, da man häufiger nachts im Freien ist. In Nordeuropa sind die Winternächte zu kalt, als daß man mit Behagen die Sterne betrachten könnte, und im Sommer sieht man sie kaum in dem hellen Nachthimmel, der blaß ist wie ein Hundsveilchen. Der tropische Nachthimmel hat etwas von der Freizügigkeit der katholischen Dome im Vergleich zu den protestantischen Kirchen, die nur zu Gottesdiensten Zutritt gestatten. Hier in dem mächtigen Raume kommt und geht ein jeder, hier ist der Ort, an dem sich etwas ereignet. In Arabien und Afrika, wo die Mittagssonne lebensgefährlich ist, ist die Nacht die Zeit für Reisen und Geschäfte. Hier sind die Sterne benannt worden, hier sind sie seit Jahrhunderten die Führer der Menschen und zeichnen ihnen die unendlichen Linien vor, quer über den Wüstensand und das Meer, nach Osten eine und nach Westen oder nach Norden und Süden. Autos ziehen gut bei Nacht, und es ist schön, unterm gestirnten Himmel einen Wagen zu lenken, es verleitet dazu, Ausflüge zu Freunden über Land auf den nächsten Vollmond zu verabreden. Auf Safari geht man bei Neumond, um eine ununterbrochene Kette mondheller Nächte vor sich zu haben. Es ist so seltsam, wenn man besuchsweise nach Europa kommt, zu sehen, wie die Bekannten in der Stadt ohne jede Beziehung, ja, fast ohne Kenntnis der Bewegungen des Mondes leben. Die junge Mondsichel war das Signal für die Kameltreiber Chadidschas, dessen Karawane aufbrach, sowie sie am Himmel sichtbar wurde. Von ihrem Anblick gebannt, wurde er einer der »Philosophen, die aus dem Mondschein das Gewebe des Weltalls spinnen«. Er hat sie viel betrachtet, sie wurde ihm zum Zeichen, in dem er siegte.
    Ich galt etwas bei den Eingeborenen, weil ich mehrere Male als erste auf der Farm den neuen Mond wie einen silbernen Bogen im Abendrot sah; besonders weil ich drei Jahre hintereinander als erste im Monat Ramadan, dem heiligen Monat der Mohammedaner, den Neumond erspähte.
    Der Farmer läßt seine Augen langsam rings um den Horizont wandern. Erst gegen Osten, denn von Osten kommt, wenn er kommt, der Regen, und dort steht leuchtend die Ähre im Sternbild der Jungfrau; dann gegen Süden, das Kreuz des Südens zu begrüßen, den Türhüter der großen Welt, den Schützer und

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