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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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Nähe und hielt sich im Schatten der Hütten.
    Lulus Kitzlein hatte keine Angst vor den Hunden und ließ sich rundum von ihnen beschnuppern, aber an die Schwarzen oder an mich konnte es sich nicht gewöhnen, und sowie wir versuchten, seiner habhaft zu werden, stoben Mutter und Kind davon.
    Lulu selbst kam nach ihrer ersten langen Trennung vom Hause niemals mehr so nahe heran, daß einer von uns sie hätte berühren können. Im übrigen war sie zutraulich, sie hatte Verständnis dafür, daß wir ihr Kitzlein gern anschauen wollten, und nahm auch ein Stückchen Zucker von der ausgestreckten Hand. Sie trat an die offene Tür des Eßzimmers und schaute nachdenklich in das Dämmerlicht der Zimmer hinein, aber die Schwelle überschritt sie nicht wieder. Sie hatte inzwischen ihr Glöckchen verloren und kam und ging lautlos.
    Meine Hausboys baten, ich sollte sie Lulus Kitzlein fangen und behalten lassen wie einst Lulu. Aber ich fand, das wäre eine rüde Erwiderung auf das noble Zutrauen Lulus gewesen.
    Mir schien auch die freie Bindung zwischen meinem Hause und der Antilope als etwas Kostbares, Ehrwürdiges. Lulu kam herein aus der Wildnis, uns zu zeigen, daß wir mit ihrer Welt in Frieden lebten; mein Haus wurde durch sie so eins mit der afrikanischen Landschaft, daß niemand hätte sagen können, wo das eine zu Ende ging und das andere begann. Lulu wußte, an welchem Ort der Riesenwaldeber sein Lager hatte, sie hatte die Nashörner sich paaren sehen. Es gibt einen Kuckuck in Afrika, der an den heißen Tagen mittags in der Tiefe des Waldes ruft, wie der dröhnende Herzschlag der Welt; ich habe nie das Glück gehabt, ihn zu sehen; aber Lulu war vielleicht auf einem schmalen grünen Wildwechsel grad unter dem Ast vorübergestreift, auf dem der Kuckuck saß. Ich las damals in einem Buch über die alte große Kaiserin von China, wie die junge Yahanola nach der Geburt ihres Sohnes zu einem Besuch in ihr Elternhaus fuhr und in ihrer goldenen, grünverhangenen Sänfte die Verbotene Stadt verließ. Mein Haus, dachte ich mir, war nun wie das Haus des Vaters und der Mutter der jungen Kaiserin.
    Die zwei Antilopen, die große und die kleine, waren den ganzen Sommer über in meiner Nähe, zuweilen war eine Pause von vierzehn Tagen oder drei Wochen zwischen ihren Besuchen, dann wieder sahen wir sie täglich. Zu Beginn der nächsten Regenzeit erzählten mir die Hausboys, Lulu sei wieder mit einem jungen Kitzlein da. Ich habe es selbst nicht gesehen, denn zu der Zeit kamen sie nicht in die unmittelbare Nähe des Hauses, aber späterhin habe ich im Walde drei Buschböcke beieinander entdeckt.
    Das Band zwischen Lulu und ihrer Familie und meinem Hause blieb viele Jahre bestehen. Die Buschböcke waren häufig in der Umgebung des Hauses, sie kamen aus den Wäldern und kehrten in sie zurück, als wäre mein Land eine Provinz ihres wilden Reiches. Sie kamen meist kurz vor Sonnenuntergang und wandelten erst unter den Bäumen wie zarte dunkle Silhouetten auf dunklem Grün, aber wenn sie hervortraten, um in der Abendsonne auf der Wiese zu äsen, leuchteten ihre Decken wie Kupfer. Einer von ihnen war Lulu, denn sie kam bis ans Haus und strich gemächlich herum. Sie spitzte die Ohren, wenn ein Auto vorfuhr oder wir ein Fenster öffneten, und die Hunde kannten sie. Sie kriegte mit den Jahren eine dunklere Färbung. Einmal kam ich vors Haus gefahren und traf auf der Terrasse drei Buschböcke an dem Salz, das für meine Kühe ausgelegt war.
    Es war merkwürdig, daß außer dem ersten großen Buschbock, Lulus Bwana, der mit erhobenem Gehörn unter der Kapkastanie gestanden hatte, sich nie ein männliches Tier unter den Antilopen zeigte, die zum Hause kamen. Anscheinend hatten wir es mit einem Waldmatriarchat zu tun.
    Die Jäger und Naturfreunde der Kolonie interessierten sich für meine Buschböcke, und der Jägermeister kam auf die Farm heraus, um sie zu sehen, und traf sie auch an. Ein Korrespondent hat im »East African Standard« über sie geschrieben.
    Die Jahre, in denen Lulu und die Ihren an mein Haus kamen, waren die glücklichsten meines Lebens in Afrika. Darum betrachtete ich hernach meine Bekanntschaft mit den Waldantilopen als eine besondere Gnade und ein Zeichen, daß Afrika mir wohlgesinnt war. Das ganze Land war darin beschlossen, gute Vorzeichen, uralte Bindungen und Lieder:
    »Eile, mein Geliebter, und sei wie eine Hindin und wie ein junger Hirsch auf dem Berge der Wohlgerüche.«
     
    In den letzten Jahren in Afrika habe ich immer

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