Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jenseits von Feuerland: Roman

Jenseits von Feuerland: Roman

Titel: Jenseits von Feuerland: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
Vom Netzwerk:
ertrug, sondern endlich zu reden anfing.
    »Vielleicht sollten wir uns tatsächlich aussprechen«, schlug er vor. »Sie werden uns früher rauslassen, wenn sie das Gefühl haben, dass wir wie Erwachsene miteinander umgehen.«
    Emilia grummelte etwas Undeutliches, ehe sie schließlich erwiderte: »Aber das tun wir doch, oder nicht? Und worüber sollen wir uns schon aussprechen!« Sie verdrehte ungeduldig die Augen und fügte wütend hinzu: »Rita und Balthasar sind verrückt!«
    Er zuckte die Schultern. »Vielleicht sollten wir über das reden, was geschehen ist«, meinte er.
    Sie war sich nicht im Klaren, ob seine Stimme verlegen, verärgert oder spöttisch klang. Nun sah sie ihn doch an und konnte das grimmige Funkeln in den Augen nicht unterdrücken. »Was meinst du?«, herrschte sie ihn an. »Etwa das, was damals in Punta Arenas geschehen ist? Das ist Jahre her! Du denkst doch nicht ernsthaft, dass ich auch nur einen Gedanken daran verschwende.«
    »Ja, glaubst du, ich etwa?«, rief er.
    Nun klang er eindeutig gekränkt, und das befriedigte sie. Hastig wandte sie sich ab und musste unwillkürlich grinsen, doch ihr Lächeln erstarb schnell.
    Eins der Schafe verhielt sich schon länger unruhig. Es hatte sich von den anderen abgesondert, hatte sich mehrmals niedergelegt und war wieder aufgestanden. Seine Beinwunde konnte die Unruhe nicht verursachen, denn die war gut verheilt. Nun trat das Tier ganz dicht an Emilia heran. Sie strich ihm über den Kopf – und wurde für diese Zärtlichkeit damit belohnt, dass sie im nächsten Augenblick ein heißer, scharfer Strahl traf, der einen beißenden Geruch verbreitete.
    Arthur lachte auf, als sie angewidert zurücksprang.
    »Hör auf!«, zischte sie. »Das ist nicht lustig!«
    »Ist es nicht?«, fragte er angelegentlich.
    »Du hast keine Ahnung von Schafen. Wenn sie häufig urinieren, dann kann das nur bedeuten …« Sie kniete sich nieder und befühlte die Euter des Schafs. Diese waren prall gefüllt. »Auch das noch!«, stieß sie aus und fügte ein paar Flüche hinzu.
    Arthur war näher getreten.
    »Was ist los?«, fragte er.
    »So wie es aussieht, wird das Tier gleich lammen.«
    Im nächsten Augenblick stieß das Schaf ein erbärmliches Mähen aus, und wieder ergoss sich ein gelber Strahl. Nun, da sie gewarnt war, konnte Emilia rechtzeitig ausweichen. Beinahe stolperte sie gegen Arthur, der nun dicht neben ihr stand, doch sie zuckten beide voreinander zurück.
    »Müssen wir dem Vieh irgendwie helfen?«, fragte er nachdenklich.
    »Wir?«, rief sie auf. »Als ob du wüsstest, was zu tun ist!«
    »Nun, du könntest es mir erklären.«
    Sie stemmte die Hände in ihre Hüften und musterte ihn stolz. »Weißt du, wie viele Schafe ich ohne deine Hilfe auf die Welt gebracht habe? Lass mich einfach in Ruhe!«
    »Dann eben nicht«, gab er trotzig zurück.
    Schulterzuckend verzog er sich wieder in die Ecke. Emilia krempelte indes die Ärmel hoch und nahm in Augenschein, welche Geräte sich hier im Stall befanden: Sie entdeckte ein Schäfermesser, eine Klauenschere und die Spannzange zum Kupieren, außerdem Deckgeschirr, eine Kerbzange und den Viehzeichenstift. Nichts davon konnte sie gebrauchen.
    »Du könntest vielleicht doch etwas tun«, erklärte sie schließlich kleinlaut.
    »Ach ja?«, stieß Arthur höhnend aus. »Obwohl du schon soooo vielen Lämmern auf die Welt geholfen hast?«
    »Das schaffe ich in der Tat allein«, gab sie mürrisch zurück. »Aber achte darauf, dass die anderen Tiere fernbleiben. Siehst du die Heuraufe dort? Nimm etwas daraus und gib es in den Futtertrog, dann sind sie erst mal mit Fressen beschäftigt.«
    Sie überprüfte nicht, ob er tatsächlich tat, was sie von ihm verlangte, sondern wandte sich dem Schaf zu. Ausdruckslos glotzte es sie an, zwischendurch blökte es leise. Schafe waren, wie sie längst wusste, phlegmatische Tiere, die nur manchmal zur Hysterie neigten. Sie hoffte, dieses würde seinen Gleichmut bewahren. Die meisten Mutterschafe brachten ihre Lämmer ganz ohne Hilfe zur Welt, doch sie hatte schon das ein oder andere Mal erlebt, dass beide verendet waren, weil das Lamm falsch lag und mit dem Kopf zuerst herausdrängte. Dann war menschliche Hilfe unverzichtbar. Man musste den Kopf zurückdrücken und das Lamm stattdessen an den Vorderbeinen herausziehen.
    Abermals streichelte sie über den Kopf des Schafs, befühlte noch einmal die Euter und wandte sich dann seinem Hinterteil zu.
    »Gott sei Dank!«, stieß sie nach einer Weile

Weitere Kostenlose Bücher