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Jenseits von Feuerland: Roman

Jenseits von Feuerland: Roman

Titel: Jenseits von Feuerland: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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aus.
    »Was ist?«, fragte Arthur – die Heugabel in der Hand.
    »Das Lamm kommt in Hinterendlage«, stellte sie fest.
    »Das heißt?«
    »Die Klauenstellung verrät, ob das Lamm entweder mit den Vorderbeinen oder mit den Hinterbeinen zuerst kommt. Oh, du machst das sehr gut …«
    »Redest du mit mir?«
    »Natürlich nicht! Ich rede mit dem Schaf.«
    Er stützte einen Fuß auf die Heugabel auf. »Stimmt, etwas, das ich tue, könntest du ja nicht für gut befinden«, spottete er.
    Eine heftige Entgegnung lag ihr auf den Lippen, doch dann erschien ihr die Situation so grotesk – sie mit Arthur und einem lammenden Schaf in einem Stall eingesperrt –, dass sie ungewollt grinsen musste. Er trat zu ihr, beugte sich über das Schaf, und diesmal schickte sie ihn nicht weg.
    »Und jetzt?«, fragte er und klang ehrlich neugierig.
    »Mit jeder Presswehe muss man nun abwechselnd an den beiden Beinchen ziehen«, erklärte sie, »aber nie an beiden zugleich!«
    Die Wehen kamen in immer kürzeren Abständen, das Mähen des Schafes blieb jedoch matt. Schweigend und konzentriert half Emilia dem Lamm auf die Welt und störte sich nicht daran, dass Arthur sie neugierig beobachtete. In diesem Augenblick war er ihr nicht lästig, und vergangener Hader spielte kurz keine Rolle mehr. Wie immer, wenn ein Lamm auf die Welt kam, stieg Triumphgefühl in ihr auf. Wie ein kleiner Sieg erschien ihr eine solche Geburt, als sichtbares Zeichen, dass es mit der Estancia aufwärtsging – heute noch mehr als sonst, da sie während Estebans und Jerónimos Überfall so viele Tiere verloren hatten. Dieses Lamm, dieses zittrige, hilflose, feuchte Wesen bewies, dass diese beiden Schufte ihr nichts anhaben konnten, dass sie es schaffen würde, immer und immer wieder, dass sie sich und die Ihren durchbrachte und alle Bedrohungen irgendwie zu überwinden wusste.
    »Na also!«, rief sie stolz.
    Arthur blickte fasziniert auf dieses blut- und schleimverschmierte Bündel, das alsbald auf dem Stallboden lag. Irgendwann waren die Glieder entwirrt, so dass man ein Köpfchen und vier Beine erkennen konnte, Letztere freilich so dünn, dass man ihnen kaum zutraute, dem Gewicht des Leibes standzuhalten.
    »Wie winzig!«, rief Arthur ehrfürchtig. Kurz streiften sich ihre Blicke, und sie las in seinem nicht die geringste Feindseligkeit – nur das Staunen eines kleinen, frechen, neugierigen Jungen. Rasch wandte sie sich ab und beobachtete, wie das Schaf wenig später einen blutigen Klumpen hervorpresste – die Nachgeburt.
    »Wir bräuchten …«, setzte sie an, überlegte es sich dann aber anders. Anstatt nach einem Stück Leinen erst mühsam zu suchen, hob sie einfach ihr Kleid, riss ein Stück Stoff von ihrem Unterrock ab und hüllte den blutigen Klumpen ein.
    »Du musst das irgendwo vergraben!«, befahl sie.
    Das neugierige Leuchten schwand aus Arthurs Blick; angewidert starrte er auf das Bündel. »Warum ich?«, fragte er trotzig.
    »Die Nachgeburt muss unbedingt entfernt werden – sonst fressen die Schafe sie auf, und das kann zu Verdauungsproblemen führen. Nun mach schon! Ich habe anderes zu tun!«
    Nur widerwillig leistete er ihrem Befehl Folge und ergriff das Bündel. Wenig später hörte sie, wie er ein Loch in der Ecke grub und das Bündel darin verscharrte.
    In der Zwischenzeit hatte sie sich wieder neben das Schaf gekniet und machte sich an den Eutern zu schaffen. Behutsam molk sie beide Striche an, um mögliche Zitzenpfropfen zu entfernen. Danach galt es, das Lamm zu versorgen: Sie überprüfte den Mund-Rachen-Raum und zog einen Strohhalm heraus, der sich irgendwie hineinverirrt hatte. Sicherheitshalber hob sie die hinteren Gliedmaßen hoch, damit es das Fruchtwasser ausspie, ehe es in die Luftröhre eindringen konnte.
    »Eigentlich sollte ich die Nabelöffnung mit Jodtinktur einreiben«, sinnierte sie laut. »Diese ist sehr empfänglich für Keime. Aber wie es aussieht, gibt es hier keine.« Ärgerlich schüttelte sie den Kopf. »Was haben sich Rita und Balthasar nur dabei gedacht!«, schimpfte sie.
    Arthur trat wieder zu ihr und rieb sich die erdigen Hände an seiner Hose ab. »Wahrscheinlich amüsieren sie sich immer noch«, murrte er nicht minder verärgert als sie.
    Am ganzen Leib bebend und mit sichtlicher Mühe richtete sich das Lamm auf, stieß ein Mähen aus, das erst kläglich, danach sehr fordernd klang, und ließ sich schließlich von Emilia zur Zitze führen. Seine Beine zitterten weiterhin, knickten jedoch nicht ein.
    »Es muss

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