Jenseits von Raum und Zeit
Johnny Thunder hatte eine merkwürdige Art, alles was ich sagte, umzudrehen, so daß es wie ein Querschläger zu mir zurückprallte.
»Ich habe gehört, daß hier viele wilde, gefährliche Tiere leben sollen«, sagte ich. »Bis jetzt habe ich aber noch nicht viel davon gesehen.«
»Sie werden bald Gelegenheit dazu haben.«
»Sagt Ihnen das Ihr Instinkt, oder …«
»Ein paar Schneeskorpione haben uns vor einigen Stunden verfolgt. Wenn wir in offenes Gebiet kommen, werden Sie sie sehen.«
»Wie können Sie das wissen?«
»Woola erzählt es mir.«
Ich betrachtete den großen Hund, der hingestreckt dalag, den Kopf auf den Pfoten. Er sah müde aus.
»Wie kommt es denn, daß Sie Hunde haben?«
»Wir hatten schon immer Hunde.«
»Wahrscheinlich hatten Ihre Vorfahren bei ihrer ersten Landung auf dem Planeten ein Paar Hunde mitgebracht. Oder eingefrorene Embryos. Daraus hat sich dann eine neue Rasse entwickelt.«
»Woola stammt von Kriegshunden ab. Ihr Vorfahr war der starke Anführer Standfast, der die Hunde des Königs Roons auf dem Feld des Zerbrochenen Messers schlug.«
»Ihre Ahnen haben miteinander gekämpft?« Er antwortete nicht. »Meiner Meinung nach haben es Ihre Leute doch schwer genug gehabt, am Leben zu bleiben«, fuhr ich fort. »Da muß man sein Leben doch nicht sinnlos in einem Krieg wegwerfen.«
»Welchen Wert hat ein Leben ohne Wahrheit? König Roon kämpfte für seine Ideale. Prinz Dahl kämpfte nur für sich selbst.«
»Wer hat gesiegt?«
»Sie kämpften zwanzig Stunden lang. Prinz Dahl stürzte zu Boden, aber König Roon trat zurück und forderte ihn auf, sich wieder zu erheben. Und dann brach Dahl den Rücken des Königs.«
»So. Und das beweist, daß der Prinz im Recht war?«
»Es kommt nicht sosehr darauf an, woran ein Mann glaubt, Carl Patton. Wenn er es nur mit seiner ganzen Seele und aus vollem Herzen glaubt.«
»Unsinn. Die Tatsachen kümmern sich nicht darum, wer an sie glaubt.«
Der Riese setzte sich auf und zeigte zu den weißen Gipfeln, die in weiter Entfernung gleißten.
»Die Berge sind wahrhaftig.« Er blickte zum Himmel auf, wo sich große schwarzrote Wolken übereinander türmten wie Festungswälle. »Der Himmel ist wahrhaftig. Und diese Wahrheiten bedeuten mehr als die Tatsachen von rauhen Felsen und Kälte.«
»Diese Art Poesie verstehe ich nicht«, sagte ich. »Es ist schön, wenn man etwas Gutes zu essen hat, in einem weichen Bett schlafen kann und sich das Beste gönnt, das man nur bekommen kann. Jeder, der etwas anderes behauptet, ist entweder ein Märtyrer oder ein Betrüger.«
»Und was ist das Beste, Carl Patton? Gibt es ein besseres Bett als die Müdigkeit selbst? Eine bessere Suppe als den Hunger?«
»Das haben Sie in einem Buch gelesen.«
»Wenn Sie so am Luxus hängen, warum sind Sie dann hier?«
»Das ist ganz einfach. Um Geld zu verdienen, damit ich mir noch mehr von diesem Luxus leisten kann.«
»Und danach – falls Sie nicht auf dieser Reise sterben – kehren Sie in Ihre herrliche Welt zurück und essen die saftigen Früchte, die andere Hände gepflückt haben?«
»Sicher«, sagte ich. »Warum auch nicht?« Ich merkte, daß meine Stimme wütend klang, und fragte mich, warum. Und das machte mich noch wütender. Ich beendete das Gespräch und tat so, als ob ich schliefe.
11.
Vier Stunden später erreichten wir den Gipfel eines langgestreckten Berges und blickten über tausend Quadratmeilen von Wald und Eis. Das Land breitete sich so weit vor unseren Augen aus, daß ich einen Begriff vom Umfang der Welt bekam, die sich Vangard nannte. Wir waren schon seit neun Stunden unterwegs, und trotz meiner fabelhaften Ausrüstung begann ich das auch zu spüren. Aber der Riese sah so gut wie neu aus. Er beschattete seine Augen gegen die Sonne, die klein und grell strahlte. Ihr Licht wirkte drohend, als würde sich bald ein Sturm anbahnen. Der Riese zeigte zu einem Felsen, der sich am Ende des Tales in der Entfernung von etwa einer Meile erhob. »Dort werden wir schlafen«, erklärte er.
»Das liegt abseits von unserer Route. Warum können wir nicht hier rasten?«
»Wir brauchen ein Dach über dem Kopf und ein Feuer. Holgrimm wird uns das nicht mißgönnen.«
»Wer ist Holgrimm?«
»Seine Hütte steht dort drüben.«
Ich spürte, wie mir ein merkwürdiges Gefühl das Rückgrat hinablief. Dieses Gefühl habe ich immer, wenn von Gespenstern die Rede ist. Nicht daß Gespenster mich beunruhigen. Aber die Leute irritieren mich, die an sie
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