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Jenseits von Raum und Zeit

Jenseits von Raum und Zeit

Titel: Jenseits von Raum und Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Laumer
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glauben.
    Wir legten die Strecke schweigend zurück. Woola schnüffelte und grunzte, als wir uns der Hütte näherten. Sie war aus Baumstämmen erbaut, die entrindet, zerhackt und schwarz gefärbt worden waren. Ich sah ein steiles, schiefergedecktes Giebeldach, zwei steinerne Schornsteine und einige Fenster mit bemalten Glasscheiben.
    Der Riese blieb stehen, als wir auf die Lichtung kamen, stützte sich auf seinen Stock und blickte sich um. Die Hütte war noch gut erhalten. Aber sie war auch aus dem Holz und dem Gestein ihrer Umgebung errichtet worden. Und es befanden sich keine überflüssigen Schmuckelemente daran, die Sturm und Wetter hätten zerstören können.
    »Hören Sie, Carl Patton«, sagte der Riese. »Man kann Holgrimms Stimme beinahe hören. Und es ist so, als würde er jeden Augenblick die Tür weit öffnen und uns willkommen heißen.«
    »Wenn er nicht tot wäre.« Ich folgte ihm zum Eingang, einer Platte aus schwarzrotem Holz, deren Dimensionen zur Kathedrale von Notre Dame gepaßt hätten. Mit beiden Händen zerrte ich vergeblich an der großen Eisenklinke. Johnny Thunder öffnete die Tür mit dem Daumen.
    Es war kalt in dem großen Raum. Die Eisdecke auf dem Holzboden knirschte unter unseren Füßen. Im Dämmerlicht, das hier in der Hütte herrschte, sah ich Tierhäute an den Wänden, grüne, rote und goldene Felle, die wie chinesische Fasane glänzten. Es gab noch andere Trophäen: einen Schädel mit einem drei Fuß langen Schnabel und einem Geweih, das wie Flügel aus weißem Elfenbein aussah. Zwischen den einzelnen Geweihsprossen lagen silberne Dolchklingen. Dann entdeckte ich noch einen lederhäutigen Kopf, der nur aus Kiefer und Zähnen zu bestehen schien, eine fleckige Kampfaxt, die zehn Fuß lang war und einen kunstvoll ausgearbeiteten Griff besaß.
    Ein langer Tisch stand in der Mitte des Raumes zwischen zwei Herden, die so groß wie Stadtapartments waren. Ich sah, wie sich das Licht in großen Kelchen, Tellern und Besteck aus Metall spiegelte. Stühle mit hohen Lehnen standen rund um den Tisch. Und in dem größten Stuhl am Tischende saß ein Riese mit grauem Bart und hielt ein Schwert in der Hand. Der Hund winselte laut auf, ein Jammerlaut, der auch meine Gefühle treffend ausausdrückte.
    »Holgrimm erwartet uns«, sagte Johnnys tiefe Stimme sanft hinter mir. Dann ging er an mir vorbei, und ich überwand meinen Schreck und folgte ihm. Als ich näher kam, sah ich die dünne Eisschicht, die den Körper des sitzenden Riesen bedeckte, sah Eiskörner in seinem Bart, auf den Händen und in seinen geöffneten Augen glitzern.
    »Begrabt ihr eure Toten denn nicht?« würgte ich mit brüchiger Stimme hervor.
    »Seine Frauen haben ihn auf seinen Befehl so präpariert, als er den Tod nahen fühlte.«
    »Warum?«
    »Das ist ein Geheimnis, das Holgrimm für sich bewahrt.«
    »Gehen wir lieber wieder. Hier drinnen ist es ja wie in einem Kühlschrank.«
    »Wenn ich Feuer mache, wird es besser.«
    »Dann wird unser Freund hier schmelzen. Ich glaube, so wie er jetzt ist, gefällt er mir besser.«
    »Ich mache nur ein kleines Feuer, damit wir unser Essen erwärmen und daneben unser Lager aufschlagen können.«
    In einer Kiste neben der Tür lagen Holzscheite, dunkelrot und schwer wie Granit. Sie waren bereits in handgerechte Stücke zerkleinert. Ich meine, handgerecht für meinen Reisegefährten. Er trug die acht Fuß langen, achtzehn Zoll dicken Stämme zur Feuerstelle, als wären es Brotscheiben. Sie müssen mit ätherischem Öl getränkt gewesen sein, denn sie entzündeten sich schon beim ersten Streichholz, brannten laut knisternd und verströmten einen Duft von Minze und Kampfer. Johnny braute eine Mischung aus heißem Wein und einer Art Teersirup in einem Topf, den er aus der Eisschicht am Tisch gebrochen hatte, und reichte mir einen Teller, der über eine halbe Gallone von dem Zeug enthielt. Es schmeckte seltsam, aber gut, ein wenig nach Terpentin, das sich plötzlich in Ambrosia verwandelte. Dazu gab es Brot, Käse und eine Suppe, die Johnny in einem Riesentopf auf dem Herd kochte. Ich aß, so viel ich konnte. Mein großer Freund begnügte sich mit einer spartanischen Ration. Bevor er trank, hob er den Krug, um seinem Gastgeber zuzuprosten.
    »Wie lange ist er schon tot?« fragte ich.
    »Zehn Jahre.« Er machte eine Pause und fügte dann hinzu: »Das sind hundert Jahre nach der Zeitrechnung der Union.«
    »War er Ihr Freund?«
    »Wir kämpften. Aber später tranken wir Wein miteinander. Ja, er war

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