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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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zu töten. Der den Vater des Kindes mit einem Schuss fast umgebracht hatte, um ihn dann den Grausamkeiten der Schergen des Apartheidregimes zu überlassen.
    Sie glitt von ihrem Stuhl und hockte sich vor ihre Schwester, die ihr Gesicht abgewandt hatte. »Aber du hast durchgehalten und das Baby bekommen … Maurice? Das ist … wunderbar. So ist ein Teil von Mandla immer bei dir. Das ist doch zumindest ein Trost …« Verzweifelt suchte sie nach weiteren Worten, die Cordelia helfen könnten.
    Â»Trost? Wie man’s nimmt. Natürlich habe ich meinen Sohn, aber in seinen Augen sehe ich Mandla. Jedes Mal, wenn ich ihn ansehe, sehe ich Mandlas Gesicht hinter den Gitterstäben des Polizeiwagens.« Cordelia legte mit zusammengekniffenen Augen
und schmerzverzogener Miene die Hand auf die Stirn. Sie zitterte. »Ich kann jetzt nicht mehr, Anita. Den Rest erzähle ich dir vielleicht ein anderes Mal.«
    Anitas Herz sank, als sie die Zeichen erkannte. Ein Migräneanfall war im Anzug. Cordelia würde für einige Stunden außer Gefecht sein, vielleicht sogar für Tage, und sie würde ihre Ungeduld zähmen müssen. »Willst du dich hinlegen? Ich bringe dir eine Kühlpackung  – du hast doch sicher so etwas?«
    Cordelia ließ es geschehen, dass Anita sie in ihr Schlafzimmer begleitete, die Vorhänge vorzog und ihr eine Packung aus Eiswürfeln  – erst in Plastik und dann in ein dünnes Geschirrtuch gewickelt  – auf die Stirn legte. Zum Schluss stellte sie den Ventilator auf die höchste Stufe, sodass sich die Vorhänge blähten.
    Â»Wir haben noch keine Klimaanlage«, sagte Cordelia leise. Sie war blass geworden und hatte einen Arm über die Augen gelegt. Selbst jetzt vermied sie es, Anita voll anzusehen.
    Â»Kann ich ein wenig in deinem Garten herumspazieren? Ich liebe Gärten. In einer halben Stunde schaue ich nach dir. Abgemacht?« Als Cordelia nur wortlos nickte, verließ sie das Zimmer und schloss behutsam die Tür. Nach einigem Suchen fand sie Cathy in der Küche. Die Zulu lehnte mit gekreuzten Beinen am Tisch, auf dem frische Karotten und ein Schälmesser lagen, und schob mit einer Hand lustlos ihren Besen hin und her. In der anderen Hand hielt sie eine fast aufgegessene Banane. Als sie die Schwester ihrer Arbeitgeberin erblickte, stopfte sie die Banane in die Tasche ihrer Kittelschürze und fing an, geschäftig zu fegen. Anita unterdrückte ein Lächeln und teilte ihr mit, dass Cordelia mit Kopfschmerzen im Bett liege und dass sie bitte keinen Krach machen möge.
    Hinter Cathy entdeckte sie die Tür, durch die Len Pienaar in den Hof gegangen war. Sie war zweigeteilt wie eine norddeutsche Klöntür. Der obere Flügel stand offen, das Licht, das hereinfiel, war gleißend hell. Wo sich Maurice’ Doggen aufhielten,
fragte sie Cathy. Allein die Aussicht, diesen riesigen Bestien zu begegnen, erfüllte sie mit Fluchtgedanken.
    Cathy hörte auf zu fegen. »Keine Angst, die sind eingeschlossen. Sonst würden sie uns alle auffressen.« Sie kicherte vergnügt. »Monster sind das, Ma’am.« Sie rollte die Augen, dass nur noch das Weiße zu sehen war, bleckte dabei ihre kräftigen Zähne und lachte laut.
    Auf die Frage, ob die Tür vom Hof in den Garten führte, brummte Cathy zustimmend, dann machte sie sich über die Karotten her. Anita schob den unteren Teil der Tür auf und trat hinaus.
    Der Hof war nicht sehr groß, vielleicht achtzig oder neunzig Quadratmeter, und wurde von etwa drei Meter hohen, frisch getünchten Mauern begrenzt, von denen die Mittagshitze abprallte. Die Schatten waren kurz und hart wie schwarze Lacksplitter, die sonnenbeschienenen Mauerflächen grell weiß, dass es ihr die Tränen in die Augen trieb. Geblendet setzte sie die Sonnenbrille auf, öffnete die Holztür am anderen Ende des Hofs, und dann stand sie im Garten.
    Großblättrige Stauden, eine Pflanze, die sie erstaunt als Monstera deliciosa, als das Fensterblatt, identifizierte, das sie zu Hause neben ihrem Fenster päppelte, und ein hoher sattgrüner Strauch, vor dessen korallenfarbigen Blütenbüscheln ein kleiner Vogel mit grünblau schillerndem Gefieder schwirrte, ließen sie an den brasilianischen Dschungel denken.
    An ihren Vater.
    Ihre Gedanken machten einen Satz und landeten auf dem Wort »Engelmacherin«. Es tat so weh, dass sie laut

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