Jenseits von Timbuktu
schüttelte dann langsam den Kopf. »Ich glaube nicht, dass sie â¦dass so etwas passiert ist.« Sie konnte sich nicht dazu zwingen, das Wort »vergewaltigt« zu benutzen. »In dem Fall würde sie anders reagieren, aber ich werde es herausfinden.« Sie zog ihn zu sich heran und küsste ihn auf den Mund. »Ich bin gleich wieder da.«
Im Kinderzimmer war Kira dabei, ihren Schlafteddy in ihren Rucksack zu stopfen. Jill beobachtete sie für ein paar Augenblicke. Ihre Tochter erschien ihr weder verschüchtert noch verängstigt. Und das war ein sehr gutes Zeichen. Sie schloss die Tür hinter sich und kniete neben ihrer Tochter auf den FuÃboden. »Hast du deine Shorts eingepackt? Die leichten, du weiÃt schon ⦠und das T-Shirt mit dem lustigen Krokodil drauf?«
»Nein, die finde ich doof â¦Â« Kira stand auf und setzte sich aufs Bett, sah ihre Mutter aber nicht an.
»Deine Lieblingsshorts? Seit wann denn das?« Jill schaute sie betont ungläubig an.
»Schon lange â¦Â«
»Aber das stimmt doch nicht, mein Herz. Du läufst doch ständig damit herum. Allerdings habe ich sie jetzt schon einige Zeit nicht mehr gesehen.« AuÃerdem waren die Shorts erschreckend teuer gewesen. Warum Kinderkleidung oft genauso viel kostet, wie die für Erwachsene, würde sie nie verstehen. Weniger Stoff und weniger Arbeit, und doch der gleiche Preis. »Kira? Hast du mich gehört? Wo sind deine Shorts?«
Kira baumelte mit den Beinen, ihr Bick flatterte im Zimmer umher. »Hab ich schon eingepackt.«
Ein heiÃes Kribbeln manifestierte sich in Jills Magengegend. Sie sah ihre Tochter scharf an. Sie log, und das war sie von ihr nicht gewöhnt. Sie log über den Verbleib von einem Paar lächerlichen
Shorts. Warum? Sie setzte sich zu ihr. »Soll ich deinen Rucksack auspacken und nachsehen?« Sie fing Kiras Blick ein. »Ich glaube, mein Schatz, du sagst mir nicht die Wahrheit, und da du das sonst immer tust, macht mir das jetzt groÃe Sorgen. Hat dir jemand die Shorts weggenommen, hast du deswegen so sehr geweint?«
Heftiges Kopfschütteln, ein tränenumflorter Blick aus unglaublich blauen Augen.
Jill spürte den Druck einer dumpfen Vorahnung. »Hast du Angst, uns zu sagen, warum du im Gelände warst, als du zwischen die Elefanten geraten bist?«
Kira war in die Betrachtung ihrer nackten Zehen versunken. Spreizte sie, wackelte damit, schlenkerte die Beine hin und her. Und schwieg.
Jill verzweifelte fast, bemühte sich jedoch, das nicht zu zeigen. Vorsichtig schob sie ihren Arm um Kiras Taille und zog sie an sich. »Schatz, du weiÃt, dass bei Daddy und mir ein Geheimnis so sicher ist wie in einem Safe. Es gibt nichts auf dieser Welt, was du uns nicht erzählen kannst.« Sie strich ihr übers Haar. Es fühlte sich an wie warme Seide. »Ist da jemand, der unsere Hilfe braucht?«
Kira hörte auf, mit den Beinen zu baumeln, und starrte angestrengt auf den Boden. Langsam ballte sie ihre Fäuste, bis die Finger weià waren, sagte aber immer noch nichts. Gerade als Jill aufgeben und den Raum verlassen wollte, hob sie den Kopf, schaute ihre Mutter an und begann, leise und stockend zu sprechen.
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Nils war ins Wohnzimmer gegangen und lief dort umher wie ein gefangener Tiger. Als Jill eintrat, fuhr er heftig herum. »Hat sie mit dir geredet?«
»Hat sie. Setz dich hin. Das ist eine längere Geschichte.«
»Und?« Nackte Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Jill schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin mir sicher, in dieser Hinsicht ist alles â¦in Ordnung.«
Nils lieà sich mit offensichtlicher Erleichterung auf die Couch fallen und zog sie mit sich. Jill legte die Beine auf den niedrigen Couchtisch. »Kinder können verdammt anstrengend sein. Ich bin völlig erledigt.«
»Willst du einen Drink? Einen Grappa?«
Sie nickte, und gleich darauf kam er mit zwei Gläsern zurück und reichte ihr eines. Jill kippte den Schnaps, schüttelte sich und begann zu erzählen.
»Also, Kira sagt, dass Jetlags Käfig offen stand und er nicht aufzufinden war. Nur eine Feder lag ein paar Meter weiter auf der Erde, woraus sie messerscharf schloss, dass jemand ihren Gockel geraubt hatte. Mensch oder Tier. Du kennst ja unsere Tochter. Angst ist ihr fremd, also ist sie auf ihrer Suche schnurstracks über die Veranda an den Bungalows vorbei in den Busch
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