Jenseits von Timbuktu
zu erlauben, dass sie ihr Talent einfach vergeudete.
Etwas beherrschter lehnte Anita sich jetzt über den Tisch und sah ihn verständnisheischend an. »Wenn ich nicht darüber reden kann, kann ich schon überhaupt nicht darüber schreiben. Ist doch logisch, oder? Das musst du doch verstehen!«
»Natürlich. Entschuldige, ich werde nicht wieder danach fragen.« Das war natürlich gelogen. »Wann müssen wir wieder hier sein, damit wir die Nachtsafari nicht verpassen?«
Die Ablenkung funktionierte insoweit, dass sie ihm die Abfahrtszeit nannte, aber ihre Federn waren noch immer leicht gesträubt, das war unschwer zu erkennen. Umso erfreuter war er, als er Nils mit flatterndem, schreiend buntem Hawaiihemd den Pfad vom Swimmingpool herauf zur Veranda rennen sah. Er winkte ihm heftig zu. »He, Nils, warum hast du es so eilig? Ist ein Löwenrudel hinter dir her?«
»Nee, meine Frau«, gab Nils trocken zurück. »Hi, Anita. Wenn der Kerl zu frech wird, ruf mich. Ich weiÃ, in welchem Schrank bei ihm welche Skelette vor sich hin klappern, auÃerdem bin ich kräftiger als er.«
Nilsâ Sprüche zauberten schlieÃlich zu Dirks Erleichterung ein Lächeln auf Anitas Gesicht. »Ich hätte nicht vermutet, dass er
ein Mann dunkler Geheimnisse ist. Davon musst du mir unbedingt mehr erzählen.« Sie lachte sogar, wurde dann aber schnell wieder ernst. »Ist Jabulile gefunden worden? Ihre Mutter war restlos verzweifelt. Kein Wunder. Ich an ihrer Stelle wäre völlig hysterisch.«
Auch Nils wurde schlagartig ernst. »Wir haben Ranger und Tracker losgeschickt. Sie haben in einem Umkreis von einem Kilometer ziemlich alles abgesucht, aber gefunden haben wir die Kleine nicht. Jetzt zählen wir auf unsere Wildererpatrouille. Alle sind alarmiert. Aber ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass Jabulile irgendwo auf Inqaba im Busch herumläuft. Bestimmt ist sie ausgerissen. Sie ist ein intelligentes Kind und hat groÃe Rosinen im Kopf was ihre Zukunft betrifft. Alles, was kleine Mädchen sich so vorstellen. Model, Titelbilder, Filmstar, Popsängerin. Prinzessin.« Ein flüchtiges Lächeln umspielte seinen Mund. »Ich bin mir sicher, dass sie in Kürze wieder von allein auftaucht.«
Anita schien nicht überzeugt zu sein. »Hoffentlich hast du da recht.«
»Wir werden jedenfalls suchen, bis wir sie gefunden haben. Ãbrigens, bevor ich das vergesse, die Nachtsafari findet trotzdem statt, aber alle Gäste werden gebeten, die Augen nach Jabulile offen zu halten. Sehen wir uns nach der Safari zum Abendessen? Anita?«
»Wenn wir nicht selbst zum Abendessen für irgendein Raubtier geworden sind, gern.«
Dirk lachte lauter über ihren kleinen Scherz, als der es verdiente. Er war einfach froh, dass sie ihre gute Laune wiedergefunden hatte. »Wir fahren gemeinsam noch einmal zu de Villiersâ Haus«, teilte er seinem Freund mit. »Als Location für unseren Film ist es einfach perfekt. Aber bevor ich Flavio dorthin schicke, muss ich noch einiges mit dem Besitzer besprechen.«
Nils blinzelte. »Nappy de Villiers? Sieh dich bloà vor, das ist ein ganz ausgekochtes Schlitzohr. Tut so, als wär er ein armes
Schwein, dabei hat er mehr Geld als jeder andere hier. Lass dich, falls ihr handelseinig werdet, bloà nicht über den Tisch ziehen.«
Dirk grinste. »So wird man reich. Nimm dir ein Beispiel daran. Ich werdâs mir aber merken. Die finanziellen Verhandlungen würde sowieso Flavio führen, und glaub mir, der ist ebenso ein Schlitzohr und mindestens genauso knauserig. Der zählt einem die Zuckerstücke in den Kaffee.«
Nils gluckste, hob die Hand und joggte in einem Wirbel greller Farbkleckse davon.
Â
Anita und Dirk trafen sich nach einer kurzen Abkühlung im Pool auf dem Parkplatz wieder. Die feuchte Hitze drückte wie eine schwere Decke auf Anita nieder, und sie hatte deswegen einen weiten, kniekurzen Baumwollrock angezogen. Er war sonnenblumengelb und lieà viel Luft an ihre Beine.
Dirk warf ihr einen anerkennenden Blick zu, der kurz an ihren Beinen hängen blieb, bevor er den Gang einlegte und losfuhr. Zwar verfehlte er einmal den richtigen Weg, und sie mussten zwei Kilometer lang hinter einer dahintrottetenden Kuhhere Schritt fahren, aber sie erreichten das Haus Leon de Villiers dennoch am frühen Vormittag. Als sie durchs Tor gingen, schlug irgendwo im Hintergrund
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