Jenseits von Timbuktu
die Blicke des Alten und seines monströsen Hundes wie Nadelstiche im Rücken spürend, den gepflasterten Weg hinauf zum Tor. Aufatmend schloss er es hinter sich. Er stieg ins Auto, wendete und fuhr die SchotterstraÃe hinunter. Erst als er auÃer Sichtweite war, hielt er an und zog sein Handy heraus. Inzwischen hatte Anita ihres sicher angeschaltet. Er wählte.
Aber wieder hörte er nur die Blechstimme mit der sattsam bekannten Ansage, dass der Teilnehmer im Moment nicht erreichbar sei. Er fluchte und warf das Telefon auf den Beifahrersitz. Wo zum Teufel war sie? Oder hatte sie wirklich nur vergessen, ihr Handy einzuschalten? Frustriert angelte er das Gerät wieder heran und wählte Cordelias Nummer.
Aber auch Cordelia wusste nichts über den Verbleib ihrer Schwester. Er registrierte, dass sie besorgt klang, und das gefiel
ihm überhaupt nicht. Als Letztes rief er Jonas auf Inqaba an, und wieder erhielt er eine negative Antwort. Anita war wie vom Erdboden verschluckt. Allerdings gab es genügend Argumente, warum er sich deswegen keine Sorgen zu machen brauchte. Allen voran, dass es ihn absolut nichts anging, wie sie ihren Tag gestaltete. Trotzdem stieg der Pegel seiner Sorge im Minutentakt. Er nahm sich vor, genau bis achtzehn Uhr zu warten, dann würde er offiziell Alarm schlagen. Bis Einbruch der Dunkelheit hätte er noch rund eineinhalb Stunden Zeit, um sie zu suchen.
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Um 16.30 Uhr, als das Sonnenlicht weicher wurde, nicht mehr so grell war, und man schon ahnen konnte, dass der Abend bald kommen würde, hatte Jill sich heiser geschrien. Liz hatte die Plantage auf dem Serviceweg vollständig umrundet. Alle fünfzig Meter hatten sie angehalten und die beiden Mädchen gerufen. Eine Antwort hatten sie nicht bekommen. Jetzt standen sie wieder an ihrem Ausgangspunkt vor dem Farmhaus der Mortimers. Jill zog ihr Mobiltelefon heraus und tat das, was sie längst hätte tun müssen. Sie rief Nils an und erklärte ihm mit tränenerstickter Stimme die Sachlage.
»Bitte komm her und bring Philani mit. Er ist unser bester Spurenleser. Und Zak natürlich. Thabili oder Mario, oder wer immer verfügbar ist, muss dann bei Luca bleiben, bis wir zurückkommen.«
»Ich rufe dich gleich zurück«, sagte Nils und unterbrach die Verbindung. Jill konnte sich vorstellen, was es ihn kosten musste, trotz seiner Angst um seine Tochter so ruhig zu bleiben.
Liz, die ihren Manager zum Haus beordert hatte, parkte wieder im Carport und sprang aus dem Auto, kaum dass es stand. »Bin gleich wieder da, rühren Sie sich nicht vom Fleck«, befahl sie einem mittelgroÃen Mann in Shorts, der neben einem Pickup wartete und ziemlich beklommen wirkte.
Unfähig, ihre Nervosität zu unterdrücken, lief Jill auf dem
Vorplatz hin und her. Wilson hatte sich vor dem Mann aufgebaut. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass es sich um den Farmmanager handelte, befragte er ihn â nach seiner Gestik zu urteilen â sehr eindringlich. Der Manager reichte ihm bis zu den Achseln und wirkte restlos eingeschüchtert.
Jill beobachtete beide angespannt, mischte sich aber nicht ein. Wilson machte den Eindruck als wüsste er, was er tat. AuÃerdem klingelte ihr Telefon in diesem Moment. Es war Nils.
»Wir kommen«, sagte er. »Philani, Zak und Musa. David Rafferty steht mit seinem Helikopter bereit.«
»Gott sei Dank«, flüsterte Jill durchs Telefon. »Wer bleibt bei Luca? Thabili?«
»Nein. Du wirst es nicht glauben, aber Marina Muro ist in einem anderen Leben Krankenschwester gewesen, auf der Kinderstation in der Charité in Berlin. Sie hat angeboten, bei ihm zu bleiben, und so wie sie für Flavio Schröder sorgt, dem es auch nicht wirklich gut geht, habe ich vollstes Vertrauen in sie.«
Jill fiel ein Stein vom Herzen. »Okay, dann warte ich auf dich. Beeil dich, mein Herz.« Sie wollte schon abschalten, aber Wilson rannte mit langen Schritten auf sie zu. »Nils, bist du noch dran? Warte mal eben ⦠Wilson scheint etwas herausgefunden zu haben.«
»Der Idiot â¦Â« Der Leibwächter zeigte mit dem Daumen auf den verängstigt dreinschauende Manager. »Der Idiot sagt, die Mädchen wollten sich die Löwen ansehen. Gibt es hier Löwen auf der Farm?«
»Was?«, brüllte Liz. Sie fuhr herum und stieà wie ein Geier auf den zitternden Manager. »Sind Sie völlig verrückt geworden, Paul? Wo
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