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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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ziemlich hoch. Die Wände zwar dilettantisch gemauert, doch einen Vorsprung, der breit genug gewesen wäre, dass sie ihren Fuß hätte daraufsetzen können, um hochzuklettern, gab es nicht. Außerdem bezweifelte sie, dass sie die Kraft hatte, den Dachbelag auseinanderzureißen. Entmutigt hockte sie sich hin und ließ ihren Blick umherwandern.
    Im Schatten der Ecken und an den Dachsparren hingen dicke, schwarze Spinnen, und sie dankte ihrem Schöpfer, dass sie keine Spinnenphobie hatte. Jedenfalls keine ernsthafte. Obwohl die Spinnen teilweise größer waren als eine große Pflaume und zentimeterlange haarige Beine besaßen. Und sie aus ausdruckslosen Stielaugen beobachteten. Sie bewegte unbehaglich ihre rechte Schulter, hatte den deutlichen Eindruck, dass haarige Spinnenbeine darüberliefen. Ein winziger Gecko, der höchstens zwanzig Millimeter maß und so farblose Haut besaß, dass er praktisch durchsichtig war und sie sein pulsierendes Herz ahnen konnte, lief ahnungslos auf eine Spinne zu, die um vieles größer war als er selbst. Sie saß zwischen den Balken in einer komfortablen Höhe, umgeben von ihrem weitläufigen Netz. Bevor Anita etwas zur Rettung des winzigen Reptils unternehmen konnte, sprang die Spinne wie abgeschossen hervor und schlug ihre Fänge in die zarte Haut. Anita schrie unwillkürlich auf.
    Eine verwischte Bewegung, der Gecko zappelte in den mörderischen Fängen, und in der nächsten Sekunde strampelte er zwischen klebrigen Spinnenfäden. Die Spinne drückte den Faden aus ihrem Hinterleib und spann den Gecko darin ein, bis er sich nicht mehr rühren konnte. Seine goldenen Augen schlossen sich. Anita wurde schlecht. Schleunigst stand sie auf, ließ sich an der gegenüberliegenden Wand herunterrutschen und legte den Kopf auf die angezogenen Knie. Der Gecko hing als Fadenknäuel in der Vorratsecke der Spinne, und sie konnte die unheimliche
Ahnung nicht loswerden, dass auch sie schon ohne es zu wissen in einem tödlichen Netz zappelte.
    Die aufgeheizte Luft war so feuchtigkeitsgesättigt, dass sie schwer wie Blei auf ihr lastete. Ihre Gedanken zerfaserten, es fiel ihr schwer, sich darauf zu konzentrieren, wie sie diesem Ort entkommen konnte. Sollte es Pienaar schaffen, sie ohne eine Spur verschwinden zu lassen, wer würde nach ihr suchen? Seit Franks Tod hatte sie praktisch keinen Kontakt mehr zu ihren Freunden gehabt. Sie konnte deren Mitleid nicht ertragen, die Geschichten, die sie meinten, ihr von Frank erzählen zu müssen, um sie aufzuheitern. Von der Uni, aus der Schulzeit, von Segeltörns, bei denen sie nicht dabei gewesen war. Eigentlich hatte sie sich schon nach dem Gedenkgottesdienst zurückgezogen, und als ihre Mutter versucht hatte, sich umzubringen, war sie seelisch auf Tauchstation gegangen. Es gab also niemanden, der sie vermissen würde. Nervös zupfte sie Grashalme ab, die durch den Beton wuchsen. Dirk Konrad? Sie konnte das nicht richtig einschätzen. Aber allein die Möglichkeit gab ihr Mut. Mit Sicherheit würde jedoch die Chefin von Inqaba Alarm auslösen, wenn Anita tagelang nicht auftauchte. Wenigstens etwas.
    Sie kam nicht dazu, weiter darüber nachzugrübeln. Über ihrem Kopf brach Poltern und wildes Geschrei aus, und bevor sie reagieren konnte, krachte ein großes, haariges Wesen inmitten eines Regens aus Holzsplittern, Gras und Dreck vor ihr auf den Boden Es wirbelte herum, und sie sah sich einem Pavian mit aggressiv gefletschtem Gebiss gegenüber. Sie schrie vor Schreck wie von Sinnen, was den Affen dazu veranlasste, kreischend gegen die Wand zu springen und sich von dort zu den Balken hochzukatapultieren. An einer Hand von den Sparren baumelnd, riss er Grasbündel aus dem Dach und bewarf sie damit.
    Sie probierte es erneut mit Schreien, was aber nur zur Folge hatte, dass drei seiner Genossen auch an dem Spaß teilhaben wollten. Der weit größere Effekt allerdings war, dass Africa
kurz darauf die Tür aufschloss und mit gezogener Waffe hereinstürmte.
    Â»Thula!«, röhrte er.
    Â»Was?«, fragte sie benommen.
    Der Pavian, der am Schwanz hängend hin und her schaukelte, riss ihm den Buschhut vom Kopf und entwischte damit durchs Loch im Dach. Africa brüllte wütend los und feuerte ziellos mehrere Schüsse hinter dem Tier her, die aber alle ihr Ziel verfehlten. Als Antwort veranstalteten die Paviane einen Höllenlärm und bombadierten sie

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