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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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Hand.
    Africa sah ihr misstrauisch nach, als erwartete er, dass sie jede Sekunde erneut über ihn herfallen würde. Aber Tiki und Naki waren schon nicht mehr zu sehen. Nur Nakis fröhliches Gezwitscher erreichte ihn noch. Erleichtert zündete er den Zigarettenstummel wieder an. Er blinzelte zufrieden durch den Rauch und
schlenderte hinüber zu seinen Kumpanen, die unter dem Indaba-Baum noch immer die Probleme der Welt zurechtrückten.
    Kaum war sie außer Sichtweite des Hauses, nahm Tiki ihren Sohn bei der Hand und ging mit ihm an der Straße entlang zur nächsten Bushaltestelle. »Wir fahren mit dem Bus«, verkündete sie, setzte sich zu den anderen Frauen, die ebenfalls auf den Bus warteten, und fing ein Gespräch an. Höflich erkundigte sie sich nach der Familie, ob alle gesund seien, fragte nach dem Fortschritt der Kinder in der Schule und gab ihrerseits umfassend Auskunft. Nicht vollkommen umfassend allerdings. Über den aufregenden Besuch des Einarmigen verlor sie kein Sterbenswörtchen. Allerdings erfuhr sie von einer Nachbarin, deren Mann auf Inqaba arbeitete, dass Africa seinen Job verloren hatte und auch warum.
    Â»Er wollte den Geierkopf rauchen«, berichtete die Frau und musterte Tiki neugierig. »Hast du das nicht gewusst?«
    Tiki zog ein hochmütiges Gesicht. »Natürlich, ich weiß alles, was meinen Mann betrifft«, beschied sie der Frau und wandte sich dann ihrer anderen Sitznachbarin zu.
    Der Bus war schon restlos überfüllt, aber jeder rückte zusammen, sodass die schlanke Tiki und ihr Sohn noch Platz hatten. Der Bus fuhr mit einem Ruck an. Tiki saß kerzengerade, die Füße ordentlich nebeneinandergestellt, und hielt ihre Einkaufstasche auf den Knien, während sie sich im Kopf herumgehen ließ, was sie Nkosikazi Jill sagen sollte. Sollte sie ihr von dem Einarmigen berichten? Von den anderen Mädchen? Oder einfach nur sagen, dass sie die Kleine »irgendwo« gesehen habe?
    Nachdenklich sah sie hinaus. Die Luft im Bus war zum Schneiden dick, obwohl alle Fenster geöffnet waren. Es war nach den Wolkenbrüchen der vergangenen Tage sehr heiß geworden, die Erde dampfte, und der Fahrtwind, der von draußen hereinwehte, war so mit Feuchtigkeit gesättigt, dass sie glaubte, Wasser zu atmen.

    Sie seufzte schwer. Es war eine schwierige Entscheidung, und sie musste sich das sehr genau überlegen. Vielleicht sollte sie einfach erzählen, wie es war, und nur das weglassen, was Africas Rolle bei dem ganzen Unternehmen betraf. Sie würde es als zufällig darstellen, dass der Einarmige die Kinder in ihrer Hütte untergebracht hatte. Wegen des starken Regens oder so.
    Wieder seufzte sie und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Naki neben ihr zupfte sie am Rock und wollte wissen, wie spät es sei. Da sie keine Uhr besaß, fragte sie ihre Nachbarin. Kurz darauf war sie in ein lebhaftes Gespräch verwickelt  – wie das hier so üblich war  – das ihr die Fahrt bis zur ihrer Haltestelle schnell vertrieb.
    Â 
    Etwa zur selben Zeit, als Anita von dem Stromschlag getroffen wurde, funkte Jonas seine Chefin an. Die war gerade auf einem der Rastplätze, die sie im Busch hatte anlegen lassen, aus ihrem Wagen gestiegen. Wilson folgte ihr, streckte und reckte seine beeindruckenden Muskeln und lief ein paar Schritte, um sich zu lockern. Jill musste dringend die Toilette benutzen und lief über die Lichtung zu der hölzernen, grasgedeckten Hütte, die zwei Toilettenräume enthielt, eine für Damen, die andere für Herren, und die sehr zweckmäßig eingerichtet war. Ein früheres Experiment von ihr, die Toiletten etwas luxuriöser zu gestalten, hatte innerhalb einer Woche dazu geführt, dass nicht nur der Spiegel, die Wasserhähne und das Waschbecken, sondern auch das Toilettenbecken samt Kasten geklaut wurden. Kurzfristig hatte sie erwogen, die Runde in den umliegenden Umuzis zu machen und die Farmarbeiterunterkünfte nach den Gegenständen durchsuchen zu lassen, aber der Aufruhr und die Feindseligkeit, die das Unterfangen ohne Zweifel verursachen würde, waren geklaute Kloschüsseln einfach nicht wert.
    Ihr Funkgerät meldete sich, als sie gerade die Tür der Hütte wieder von außen schloss. Geistesabwesend meldete sie sich,
weil sie eben ein schläfrig wirkendes Nashorn entdeckt hatte, das wie ein riesiger erdfarbener Felsen keine dreißig Meter entfernt

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