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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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zornig. Gerade als sie eine weitere Schimpftirade loslassen wollte, drehte sich Africa zu ihr um. »Der Mlungu passt nur eine Weile auf die Mädchen auf, dann reisen sie weiter.«
    Â»Wohin, will ich wissen! Und die Tochter von Nkosikazi Jill? Woher haben die gewusst, wohin sie weggelaufen ist? Wer hat ihnen das gesagt?« Die Bewegung, mit der Africa die Arme hochwarf, sagte ihr einiges. »Das warst du, oder? Wie würdest du den bestrafen, der deinen Sohn Naki vom Hof stehlen würde?«
    Africa rollte mit deutlichem Missbehagen seine knochigen Schultern und sog an seinem Zigarettenstummel, grunzte dabei, sagte aber nichts Verständliches.
    Tiki kam jetzt richtig in Fahrt. »Was bist du? Mpisi? Eine Hyäne, die feige und hinterhältig ist? Ich dachte, ich hätte einen zum Mann genommen, der wie ein mutiger Löwe ist. Warum hast du die Tochter von Inqaba verraten? Von Nkosikazi Jill, die dir gutes Geld für deine Arbeit zahlt.«

    Africa wurde wieder laut. »Der Einarmige ist reich, er wird mir viel Geld dafür geben. Du jammerst doch immer, dass wir nicht genug haben, willst dieses kaufen und jenes, lächerliches Zeug, wie neue Kleidung … Schuhe … Meine Mutter brauchte nie Schuhe …« Er atmete schwer.
    Tiki ignorierte seinen Ausbruch. »Warum hält er sie gefangen? Will er Geld von der Eigentümerin von Inqaba ?«
    Â»Was weiß ich. Mlungu-Business eben.«
    Â»Africa Magwaza, das ist kein ›Weißen-Business‹. Wir müssen der Nkosikazi Bescheid sagen, dass ihre Tochter hier ist. Wo ist sie jetzt?«
    Ihr Mann rauchte und inspizierte mit großer Konzentration seinen Daumennagel. Dann löschte er sorgfältig seinen Zigarettenstummel und steckte beide Hände in die Taschen des Overalls. »Ich habe dir gesagt, dass wir es ihr nicht sagen können, weil wir sonst vom Mlungu mit dem einen Arm keinen Cent bekommen. Und dann können wir die Dächer unserer Hütten nicht in Ordnung halten, und du kannst keine neue Kleidung kaufen, wenn die alte zerrissen ist. Bald werden wir nackt gehen müssen und auch nichts mehr zu essen haben und am Ende sterben wir dann.« Er fixierte sie und wirkte sehr zufrieden mit seinen drastischen Argumenten. »Außerdem wird dieser Mlungu auch Usathane genannt. Was sagst du dazu?«
    Tiki war überhaupt nicht beeindruckt. Sie zog geringschätzig die Brauen hoch und machte ihm mimisch klar, dass sie das alles für Unsinn hielt. Aber sie wusste genau, wann sie ihn weichgeklopft hatte. Sie trat ganz dicht an ihn heran. Unwillkürlich verzog sie das Gesicht, weil er sehr streng nach Rauch und Schweiß roch. »Wo  – sind  – die  – Kinder?«
    Africa wich zurück. Er warf wieder beide Arme in frustrierter Verzweiflung in die Luft und ließ sie dann fallen. »Auf der Farm von Nkosikazi Lia.«
    Tiki schob ihre volle Unterlippe vor und sah ihn kalkulierend
an. »Gib mir dein Handy, dann rufe ich auf Inqaba an, um Nkosikazi Jill das mitzuteilen.«
    Er zog sein Telefon hervor. »Die Karte ist leer. Ich muss erst eine neue kaufen.« Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen.
    Tiki glaubte ihm kein Wort. Ohne viel Federlesens nahm sie ihm das Gerät aus der Hand und prüfte es. Es war tatsächlich mausetot. »Ha!«, sagte sie und gab es ihm wieder, wollte aber nicht lockerlassen. Demonstrativ hielt sie ihm die Hand hin, die rosa Handfläche unmissverständlich nach oben gewandt. »Gib mir Geld.«
    Africa reagierte unwirsch, wie immer, wenn sie ihn um Geld bat. »Was willst du damit?«
    Â»Essen kaufen.« Sie funkelte ihn herausfordernd an.
    Schließlich knickte er ein und drückte ihr ein paar Scheine in die Hand, die sie sofort in der Tasche ihres Rocks verschwinden ließ.
    Â»Naki«, rief sie ihren Sohn. »Ich brauch dich, wir wollen einkaufen gehen.«
    Naki kam von seinem Spielplatz zwischen den Ziegen herangehüpft. Er trug kurze Hosen in einer undefinierbaren Schlammfarbe, ein grünes T-Shirt und im Gesicht ein schneeweißes Grinsen. Schuhe brauchte er nicht. Seine Füße waren durch eine dicke Hornhaut geschützt. Singend hüpfte er vor seiner Mutter her. Tiki warf ihrem Mann über die Schulter einen kämpferischen Blick zu und entfernte sich mit einem betont sinnlichen Schwung ihrer Hüften. Das würde ihn reizen, das wusste sie, und dann fraß er ihr aus der

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