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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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rasender Eile packte er den Panga mit beiden Händen, schwang ihn und hackte tiefe Kerben in den kräftigen Stamm. In die unteren würde er die Füße setzen, die oberste höhlte er so weit aus, dass er mit den Fingerspitzen Halt fand. Kurz darauf umklammerte er den ersten Ast. Den Panga im Gürtel, kletterte er behände hinauf. Als er den höchsten Ast, der ihn gerade noch trug, erreicht hatte, musste er nur einige dünne Zweige abbrechen, die ihm die Sicht blockierten. Er streckte den Kopf hinaus.
    Der Lichtschein, den er zuvor entdeckt hatte, kam von einem starken Scheinwerfer. Er leuchtete den Hof, der von Mauern und an einer Stelle von einem Gitter aus dicken, glänzenden Metallstäben begrenzt wurde, aus. Schnell orientierte er sich. Links stand, mit der Schmalseite zu ihm, ein riedgedecktes Haus, an das sich am anderen Ende der Längsseite ein Schuppen anlehnte. Ein sehr solide wirkendes Metalltor führte auf der linken
Seite vom Hof zu einer Art Vorplatz vor dem Haus. Das nahm er jedenfalls an, denn die Bambusabdeckung darüber hatte zwar überall Lücken, verhinderte trotzdem einen freien Blick. Ein kurzes, leises Quietschen wie von einer Tür drang an sein Ohr, aber er so sehr er sich auch bemühte, er konnte das Geräusch nicht orten. Eine Bewegung zog seine Aufmerksamkeit wieder zurück in den Hofbereich, und ein metallisches Aufblitzen. Eine Person stand am Rande des Schattens. Das Licht streifte ihren Kopf. Dunkles Haar, schlanke Hände, lange Beine in Shorts.
    Anita.
    Es war, als hätte ihn ein harter Haken in den Solarplexus getroffen. Er bekam für einen Moment keine Luft, fasste sich aber schnell wieder. Seine Augen hatten sich an das grelle Licht und die tiefen Schlagschatten gewöhnt. Ihren schockierten Gesichtsausdruck konnte er gut erkennen, aber nicht, was den hervorrief.
    Sein Blick tastete sich an ihr herunter, und zu seinem Schrecken wurde ihm klar, dass das metallische Aufblitzen von einer Pistole herrührte, die sie wie im Krampf mit beiden Händen gepackt hielt. Sie zielte auf einen Punkt auf dem betonierten Boden. Er kniff die Augen zusammen und folgte der Richtung des Pistolenlaufs.
    Er sah Beine, gespreizte Beine mit Buschstiefeln und hellblauen Kniestrümpfen, die unter blutverschmierten Shorts endeten, und den walähnlichen, nackten Oberkörper eines Mannes, der in einer großen roten Lache lag.
    Len Pienaar? Was hatte Jill gesagt? Pienaars Markenzeichen seien hellblaue Kniestrümpfe, in die er immer seinen Kamm stecke. Den Kamm konnte er nicht sehen, aber die restliche Beschreibung stimmte. Ohne Zweifel war es Pienaar, der dort unter der Hofmauer auf dem Betonboden lag. Der Bure bewegte sich nicht. Der sich zusehends ausbreitende Blutfleck auf seinem
Bauch bestätigte ihm, dass Anita ihn getroffen hatte. Wenn es sie gewesen war, die geschossen hatte.
    Auch Anita hatte sich noch nicht gerührt. Sollte sie den Mann tatsächlich angeschossen haben? Das erschien ihm ziemlich unmöglich. Nicht die Anita, die er kennengelernt hatte. Die würde jegliches Leben unter allen Umständen verteidigen, würde sich einem Auto in den Weg stellen, das eine Kröte zu überfahren drohte. Sie würde buchstäblich keiner Fliege etwas zuleide tun.
    Hastig strich sein Blick über die Umgebung. Einmal hin und wieder zurück. Aber sonst war niemand zu sehen. Sie musste geschossen haben. Ungläubig starrte er die Frau an, die seit Tagen seine Gedanken vollständig beherrschte, der er bereit war, sein Leben zu Füßen zu legen. Nicht in seinen wildesten Träumen hätte er ihr das zugetraut. Er verbot sich, darüber nachzudenken, was der Typ ihr angetan hatte, dass sie so weit über die Grenze ihres Charakters getrieben worden war und hoffte nur, dass sie den Kerl so getroffen hatte, dass er kampfunfähig war. Oder tot, dachte er und hatte nicht die geringsten Gewissensbisse ob des brutalen Gedankens.
    Der Bure hatte offenbar versucht, sich im Sturz abzufangen, denn an der Wand hinter ihm lief ein breiter Blutstreifen hoch. Er endete an einem Schalter, der offenbar das Tor betätigte, durch das man, soweit er das ausmachen konnte, in das Gebiet der Raubkatzen gelangte. Ob Pienaar den Schalter tatsächlich getroffen hatte oder nicht, konnte er nicht erkennen. Erst als ein leises metallisches Surren und dann ein Schurren in sein Bewusstsein drang, blickte er hinüber in die Richtung des

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