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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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Geräuschs.
    Vor seinen entsetzten Augen lief das Tor langsam zurück. Auf einen Schlag war er schweißdurchtränkt. Aber nach etwa fünf Zentimetern blieben die Rollen in den Führungsschienen stecken. Anita schien von alldem nichts bemerkt zu haben.
    Sich am Ast festhaltend, beugte Dirk sich weit vor, um eine
bessere Sicht zu bekommen, musste aber dabei sehr aufpassen, dass seine vor Schweiß glitschigen Handflächen nicht abrutschten. Hinter den dicken, glänzenden Metallstreben nahm er eine Bewegung wahr. Etwas Gelbes, Großes. Sein Gehirn vervollständigte die durch die Stäbe in Streifen geschnittenen Farbflächen, und er konnte einen lang gestreckten, gelben Körper ausmachen, starre, gelbe Augen, die Anita durch den Spalt fixierten. Ein Löwe. Und alles, was er tun konnte, war, von seinem luftigen Aussichtspunkt aus hilflos zuzusehen.
    Anita zeigte mit keiner Reaktion, dass sie etwas davon bemerkt hatte. Sie hatte sich noch nicht bewegt, zielte weiter auf den am Boden liegenden Pienaar. Die Freiheit unmittelbar vor Augen, bohrte die Raubkatze eine gewaltige Tatze durch die entstandene Lücke, drückte, zerrte, zog, um das Tor aufzuschieben. Dabei ließ das Tier Anita nicht aus den Augen.
    Dirk riss sich aus seiner Erstarrung. In panischer Hast kletterte er von dem Baum herunter. Den Panga schleuderte er einfach von sich. Das Hackschwert verschwand lautlos in der Dunkelheit. Als er einen letzten Blick auf die Szene im Hof warf, um sich zu vergewissern, dass Anita noch immer dort stand, noch immer unversehrt war und Pienaar k.o. auf dem Betonboden lag, bemerkte er entsetzt, dass eines der Beine in den hässlichen Kniestrümpfen zuckte. Pienaar war also nicht tot, sondern nur verletzt, und es sah so aus, als wollte er aufstehen. Angespannt sah Dirk hinüber, aber glücklicherweise fehlte dem Buren wohl die Kraft. Nach ein paar Zuckungen lag er wieder still.
    Es gab nur eine Möglichkeit, Anita zu retten. Er musste irgendwie auf den Hof gelangen, doch dazu musste er erst einmal den Eingang zur Futterstelle finden. Noch einmal suchte er den Bereich vor dem Zaun Meter für Meter ab  – wieder vergebens. Aber Anita würde wissen, wo der Eingang sich befand, fuhr es ihm durch den Kopf, und auch, wie man hineingelangte. Ohne weiter zu überlegen, legte er beide Hände als Trichter um den
Mund und holte tief Luft, um loszubrüllen, aber in letzter Sekunde stoppte ihn die Ungewissheit, ob das unter den Löwen Panik auslösen würde. Dann sah er, wie die große Katze voller Energie mit der Tatze an den Metallstäben zerrte, und schluckte seinen Schrei schleunigst herunter.
    Mit zurückgelegten Ohren presste das Tier seine Schnauze dagegen, bewegte sie kraftvoll hin und her, bis der Spalt sich zu Dirks Entsetzen deutlich ein paar Zentimeter erweitert hatte. Ihm wurde eiskalt. Wie hypnotisiert stierte er den Löwen an. Wieder hakte die Raubkatze eine Kralle hinter die Streben und zog und schob, setzte alles daran, das Tor noch weiter zurückzuschieben. Um auf den Hof zu gelangen. Wo es höchst appetitlich nach Blut roch! Der Löwe zog die Schnauze zurück, grollte tief in der Kehle und schlug wütend mit der Tatze aufs Metall. Die Stäbe schepperten vernehmlich, und das scharfe Geräusch ging Dirk durch und durch. Sein Herz sprang, Angst trieb die Schlagfrequenz in nie erlebte Höhen. Er konnte sich nicht daran erinnern, sich in seinem Leben je derart hilflos gefühlt zu haben.
    Im Nachhinein wünschte er sich, dass er Jills Angebot mit der Waffe angenommen hätte. Er schätzte die Entfernung. Aber ihm wurde schnell klar, dass ein Pistolenschuss aus dieser Entfernung in dem trügerischen Blendlicht viel zu riskant wäre, abgesehen davon, dass er kein freies Schussfeld haben würde. Würde er vorbeischießen, würden die Löwen wahrscheinlich in Raserei geraten und da unten würde die Hölle losbrechen. Das Einzige, was er jetzt tun konnte, war also so schnell wie möglich auf den Hof zu gelangen. Er ließ den Zweig fahren und sprang wie ein Eichhörnchen von Ast zu Ast. Schon hatte er den untersten erreicht, als ihn ein lauter Ausruf vom Hof stoppte.
    Â»Anita, gib mir das Ding!«
    Von den Hofwänden reflektiert, schallten die Worte deutlich zu ihm herauf. Es war eine kräftige männliche Stimme irgendwo aus dem gestreiften Schatten unter den Bambusmatten. Mit
dem Fuß auf dem untersten

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