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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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das Geschehen seinen Lauf nahm.
    Der Bure wand sich zu Maurice’ Füßen in seinem Blut. Er schob und stopfte sich schreiend die Därme wieder in die Bauchhöhle, die aber immer wieder herausglitten und sich wie rot glänzende Schlangen auf dem Beton ringelten. Maurice trat ihm in die Seite.
    Â»Halt die Klappe, Len, das nützt dir nichts mehr.« Er hob er die Pistole, zielte und schoss Pienaar in den linken Oberarm. Dann in den rechten. Und darauf in eine der Kniescheiben. Mit jedem Schuss wurden Pienaars markerschütternde Schreie lauter und länger, bis sie in ein einziges Geheul übergingen.
    Selbst Dirk zitterte, als stünde er im eiskalten Winterwind. Nur als Kriegsreporter an vorderster Front hatte er je Menschen so schreien hören. Alles geschah innerhalb weniger Minuten. Anita geriet völlig außer sich vor Angst. Mit beiden Händen umklammerte sie das Türgitter und rüttelte so kräftig sie konnte und rief Maurice’ Namen. Aber er reagierte nicht mehr. Es war als würde er nichts mehr von seiner Umgebung wahrnehmen. Er bewegte sich wie in Trance.
    Inzwischen hatten sich noch mehr Löwen am Gittertor und am Zaun versammelt. Sie jaulten, fauchten und schlugen mit ausgefahrenen Krallen aufeinander los. Mit einem manischen Glitzern in den Augen beobachtete Maurice den großen Mähnenlöwen, der unermüdlich versuchte, die Lücke zwischen Pfahl und Tor zu vergrößern. Plötzlich lachte er laut los. Ein schreckliches Lachen.
    Â»Und nun holen wir die Müllabfuhr«, rief Lias Sohn. Er zog
eine Fernbedienung aus der Tasche, zielte damit in Richtung des Löwentors und drückte den Knopf.
    Das Tor ächzte, ruckelte. Vor Dirks entsetzen Augen rumpelte es zeitlupenlangsam zurück. Der Kopf des Paschas schob sich durch die Öffnung, seine Schultern folgten. Sekunden später stand er im Hof. Er fletschte seine furchterregenden Reißzähne und machte einen lautlosen Satz auf die zwei Männer zu. Sekundenlang fixierte er sie mit peitschendem Schwanz. Dann sprang er vorwärts. Er packte eines von Pienaars Beinen, biss krachend zu und schüttelte den schweren Mann dann wie eine Puppe. Dem Buren quoll das Blut aus dem Mund. Sein Kopf fiel zur Seite, aber er verlor noch nicht das Bewusstsein. Der große Mähnenlöwe kaute auf dem blau bestrumpften Bein herum und schob Pienaar dabei hin und her. Das Gesicht vor Todesangst verzerrt, starrte der Bure den riesigen Raubkatzen entgegen, die sich eine nach der anderen durch die enge Öffnung in den Hofbereich wanden und sich ihm geduckt näherten.
    Â»Wir sehen uns in der Hölle«, schrie Maurice mit einem triumphierenden Blick auf Len Pienaar. »Sag meiner Mutter, es tut mir leid«, rief er dann Anita zu. »Sag ihr, ich musste es für sie tun … Sag ihr, ich liebe sie …«
    Unbemerkt von ihm, hatte sich ihm von hinten eine Löwin genähert. Sie biss mit einem kehligen Knurren zu und erwischte ihn am linken Fußgelenk. Maurice knickte ein. Anita hechelte vor Schock, schreien konnte sie nicht. Aber es war Lias Sohn gnädigerweise der kurze Augenblick vergönnt, den er brauchte, um sich seine Waffe in den Mund zu schieben und abzudrücken.
    Der Knall wurde von den Mauerwänden zurückgeworfen. Sein Hinterkopf explodierte in einer roten Fontäne, und er fiel wie von einer Axt getroffen um. Aus dem Busch schrillten die Warnrufe einer panischen Affenherde, die sich mit dem hysterischen Schreien Anitas mischten. Die Löwen am Zaun scheuten
kurz zurück, ehe sie mit neugierig vorgestrecktem Kopf und aufgeregt bebenden Schnurrhaaren wieder näher schlichen.
    Die Kugel hatte ganze Arbeit geleistet. Sie hatte Maurice’ Gehirn vollkommen zerstört, und er war sofort tot. Len Pienaar brauchte sehr viel länger. Von den Löwen nach und nach in Stücke gerissen, starb er einen ganz und gar afrikanischen Tod. Sein Gebrüll erfüllte noch eine Weile die Nacht, ehe ihm irgendwann die Kraft ausging und nur noch die grausigen Fressgeräusche zu hören waren.
    Und dann begann Anita zu schreien. Aus ihrem aufgerissenen Mund drang ein einziger auf- und abschwellender Schrei, wie das Heulen einer Sirene. Sie hatte die Hände vors Gesicht geschlagen und krümmte sich wie unter starken Schmerzen, während weitere Löwen vordrängten und sich fauchend auf Maurice und Pienaar stürzten. Vom Hof war bald nur noch ein

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