Jenseits von Timbuktu
sonst wirst du das Trauma dein Leben lang nicht los. Ich kümmere mich um Len, versprochen. Nun geh schon!« Er gab ihr einen sanften Schubs.
Auf Anitas Gesicht spielte sich ein Kampf ab. Entsetzen, Angst, das plötzliche Dämmern einer schrecklichen Vorahnung.
»Was hast du vor? Lass mich!« Sie schüttelte ihn ab und wich zurück. »Ich rufe jetzt einen Krankenwagen und bleibe hier, bis er gekommen ist. Wenn Pienaar mit dem Leben davonkommt, wird er vor Gericht gestellt und erhält seine Strafe. Und deswegen werde ich jetzt auch die Polizei alarmieren.«
Maurice legte den Kopf schief und musterte sie schweigend, schien sie aber nicht richtig wahrzunehmen. Dann zog er sie an sich und bevor sie sich wehren konnte, küsste er sie unerwartet auf die Stirn. »Du bist zu gut für diese Welt, weiÃt du das? Vertraue mir einfach. Du wirst sehen, Len stirbt nicht an deiner Kugel. Geh mal ein paar Schritte zurück.« Unvermittelt schob er sie von sich, worauf Anita das Gleichgewicht verlor und gegen die Hauswand stolperte.
»Was hast du vor?«, rief sie im Fallen.
Dirk zuckte zusammen. Was plante dieser Verrückte? Bevor er jedoch reagieren konnte, lächelte Maurice geheimnisvoll und betätigte überraschend den Verschlussmechanismus des Sicherheitstors zum Hof. Es glitt quietschend zurück, und er schlüpfte hindurch. Auf der anderen Seite schlug er auf das Gegenstück zu dem Schalter, bevor ihn Anita daran hindern konnte. Das Tor rumpelte zu.
Es schloss sich aber nicht vollständig. Mit einem Knirschen blieb es auf einmal stehen und sprang sogar ein kleines Stück zurück. Durch die Lücke, die blieb, passte leicht ein Finger hindurch.
Oder eine Löwenkralle.
Wohl durch den Geruch des frischen Blutes rasend gemacht, warf sich der gröÃte Löwe, der Pascha mit der schwarzen Mähne, mit der ganzen Kraft seiner gewaltigen Sprungmuskeln gegen die Stäbe des Gehegetors. Es bebte und quietschte in seinen Grundfesten. Und bewegte sich um weitere Zentimeter zur Seite. Der Löwe presste den Kopf wieder in die Ãffnung, wand ihn hin und her und schaffte es, den Spalt noch weiter zu
vergröÃern. Jetzt fehlte nur noch wenig, bis er seine mächtigen Kinnbacken und damit auch den Körper hindurchwinden konnte.
Anita und erstarrte. »Maurice, komm zurück«, flehte sie mit angsterstickter Stimme. »Bitte, schnell! Die Löwen!«
Aber Maurice lachte nur auf eine Art, die Dirk kalte Schauer über den Rücken jagte. Der Südafrikaner zog ein Taschentuch aus der Tasche und rieb damit sehr sorgfältig über den Knauf der Pistole, die er Anita abgenommen hatte. Er lachte noch immer als er die Pistole in beide Hände nahm, sich breitbeinig vor den Buren stellte und ihm zwischen die Beine schoss. Len Pienaars Unterbauch platzte wortwörtlich auf. Blut, Gedärm und Exkremente ergossen sich auf den Boden.
Anita schrie. Maurice lächelte. Pienaar kreischte. Mit den Fingernägeln kratzte er über den Beton. Wimmernd streckte er einen Arm nach Anita aus und bettelte stammelnd um ihre Hilfe, um sein Leben.
»Maurice«, schluchzte sie.
Maurice gluckste. »Siehst du? Du hast ihn nicht getötet. Das werde ich sein. Er soll dafür bezahlen, was er mir und meiner Familie angetan hat. Und dir und den Kindern. Und allen, die er in seinem beschissenen Leben gequält hat. Ich würde ohnehin für den Rest meines Lebens ins Gefängnis gehen ⦠für ⦠die Kinder ⦠Es waren nicht die ersten, weiÃt du  â ich glaube, es war seine dritte ⦠Ladung â¦Â«
Er rieb sich energisch mit dem Handrücken übers Gesicht, als wollte er dort Schmutz entfernen. Als er wieder redete, war seine Stimme kräftiger.
»Niemand wird je erfahren, dass du auf ihn geschossen hast. Du hast nichts zu befürchten. Ich habe deine Fingerabdrücke abgewischt. Gründlich.« Seinen Blick auf etwas gerichtet, was niemand auÃer ihm sehen konnte, schüttelte er den Kopf. Langsam und nachdenklich. »Du würdest es in unseren Gefängnissen
nicht aushalten, glaube mir. Nicht einen einzigen Tag ⦠keine Minute. Eher würdest du dir wünschen, tot zu sein.«
Anita packte das Türgitter mit beiden Händen. Ihr Mund hing offen, aber sie brachte nichts hervor. Auch Dirk, der zum Zuschauen verdammt war, bekam kein Wort heraus. Hilflos musste er mit ansehen, wie
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