Jenseits von Timbuktu
weit darüber hinaus in den Rest dieses riesigen Landes reichte. Jeder, der dazugehörte, hatte Freunde, die wiederum Freunde und Verwandte hatten. Das Netz, das nach Kira ausgeworfen worden war, war so dicht, dass kaum eine Maus durch die Maschen würde schlüpfen können. »Danke«, flüsterte sie.
Jonas nahm die Brille ab. »Hast du Nils angerufen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Sein Flug geht in wenigen Stunden von Frankfurt aus. Von dort aus kann er nichts ausrichten. Wenn ich ihn vor Abflug anrufe, dreht er durch. Du kennst ihn doch, wenn es um seine Kinder geht. Ich schicke ihm eine SMS, die er sofort bekommt, wenn er sein Handy in Johannesburg wieder anschaltet. Das ist noch früh genug. Vielleicht haben wir Kira bis dahin auch gefunden. Auf alle Fälle werde ich Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um ihm auf einem früheren Flug von Joâburg nach Durban einen Platz reservieren zu lassen. Ich gehe jetzt hinunter zum Parkplatz.«
Während sie durch den Blättertunnel zum Treffpunkt ihrer Ranger hastete, holte sie ihr Telefon und den Zettel mit den Kontaktadressen und Flugdaten ihres Mannes, den sie immer bei sich trug, solange er im Ausland war, aus der Brusttasche ihrer Uniform und wählte die Nummer der Fluglinie. Nach einigem Hin und Her gelang es ihr, zum Stationsleiter der SAA am Oliver-Tambo-Flughafen durchgestellt zu werden, einem alten Freund aus ihrer Schulzeit. Sie schilderte ihm das Problem.
»Das ist ein Notfall, natürlich«, sagte er. Sie hörte Computertasten klicken, und kurz darauf verkündete er, dass Nils auf die frühere Maschine gebucht war. Mit einem Seufzer der Erleichterung
verabschiedete sie sich rasch, wollte gar nicht wissen, wer seinen Platz für ihn hatte hergeben müssen. Unfreiwillig.
Auf dem Parkplatz waren inzwischen fast alle Safariwagen Inqabas geparkt, und eine groÃe Gruppe aufgeregt miteinander diskutierender Männer hatte sich davor versammelt. Darunter auch die sechs Ranger, die schon zuvor mit ihr die Gegend um die Felswand herum abgesucht und eigentlich jetzt Mittagspause hatten, und fast alle männlichen Angestellten, die auf Inqaba lebten. Neben Ziko stand der neue Ranger namens Africa, den sie erst ein paar Tage zuvor eingestellt hatte. Vorher hatte er in einem anderen privaten Wildreservat gearbeitet, und sie war mit seinen Referenzen zufrieden. Er war muskulös und ein paar Zentimeter gröÃer als Ziko, aber ohne ein Gramm Fett auf den Knochen, wogegen Zikos kräftige Gestalt mit einer gleichmäÃigen Fettschicht gepolstert war.
Jill kletterte auf den Findling, der den Eingang zum Weg markierte, um eine bessere Ãbersicht zu haben und von allen gesehen zu werden, und zählte die Anwesenden durch. Dankbar stellte sie fest, dass 26 buscherfahrene Männer vor ihr bereitstanden. Alle trugen ihr Gewehr geschultert. Mit kurzen Worten stellte sie Africa seinen neuen Kollegen vor und hieà ihn willkommen. Dann kam sie zur Sache.
»Danke, dass ihr so schnell gekommen seid«, begann sie. »Vielleicht habt ihr es schon gehört: Kira wird vermisst.« Ein vielstimmiger Aufschrei bezeugte ihr, wie sehr alle Kira mochten. Sie hob die Hand, worauf alle verstummten. »Wir haben sie überall dort gesucht, wo sie sich für gewöhnlich aufhält, aber keine Spur gefunden. Die einzige Möglichkeit ist â¦Â« Sie musste schlucken, ehe sie weitersprechen konnte. »Die einzige Möglichkeit ist, dass sie ins Gelände gelaufen ist. Seit neun Uhr ist sie von niemand mehr gesehen worden. Jetzt ist es halb eins. Wir können davon ausgehen, dass sie sicherlich nicht weiter als ein paar Hundert Meter gekommen ist. Wir liegen auf einer Hügelkuppe,
rundherum fällt das Land ab und ist von dichtem Busch bedeckt â¦Â«
Mark hob eine Hand. »Es sei denn, sie ist erst die StraÃe längs gelaufen und hat sich versteckt, wenn sie einen unserer Wagen gehört hat. Warum auch immer.«
Jill wurde blass. Daran hatte sie bisher noch nicht gedacht. Sie schluckte wieder. »Das hoffe ich zwar nicht, aber â¦Â« Sie verstummte, während sie innerlich in kopflose Panik zu geraten drohte. Vielleicht hatte jemand ihre Tochter entführt? Oder sie hatte sich im Busch verletzt, sich das Bein gebrochen, war bewusstlos â¦
Mit aller Gewalt riss sie sich zusammen und wandte sich wieder an die Männer. »Okay, Mark, du und Ziko, ihr fahrt zusammen
Weitere Kostenlose Bücher