Jenseits von Timbuktu
siehst sehr gut aus«, beschied ihr Dirk kurz, während er durch ein hohes weiÃes Tor fuhr. Er wartete, bis der Sicherheitsdienst die Schranke für ihn geöffnet hatte und parkte anschlieÃend vor einem weiÃen, lang gestreckten Gebäude im alten Kolonialstil mit dem schwungvollen Namenszug The Oyster Box . Der Inder in weiÃer, hochgeschlossener Uniform mit rotem Turban auf der einen Seite und der breit grinsende Zulu in Tropenanzug und Tropenhelm auf der anderen rissen ihnen die Türen auf. Anita betrat die kühle hohe Eingangshalle und schaute sich um.
Links säumte ein langer Tresen aus poliertem Mahagoni die Wand, und auf dem Tisch vor der Freitreppe, die in den Oberstock führte, stand eine Pyramide von sicherlich mehr als hundert roten Anthurien. Sie blieb verzückt stehen. Schwarze und weiÃe Fliesen, funkelnde, reich verzierte Spiegel, zierliche helle Möbel, rotgrundige Perserteppiche, an den Wänden groÃe Bilder in kräftigen Farben und sepiafarbene Fotos aus vergangenen Epochen, eine Bambuspalme über zwei Etagen, darüber langsam rotierende Ventilatoren mit braunen Schmetterlingsflügeln aus Bambus.
»Zauberhaft«, flüsterte sie und ging weiter.
Diensteifrig eilte ein hochgewachsener Schwarzer im Anzug hinter dem Tresen hervor und geleitete sie hinaus auf die Terrasse.
Hell gefliester Boden, edel eingedeckte Tische unter terrakottafarbenen Sonnenschirmen, eine weiÃe, durchbrochene Balustrade, und dahinter der endlose, ruhig atmende Ozean. Welle auf Welle rauschte aus der blauen Weite heran, wurde gläsern durchsichtig, ehe sie sich donnernd in einer Fontäne von blendend weiÃer Gischt auf dem vorgelagerten Felsenriff brach. Es klang, als tobte über ihnen ein Gewitter.
Auf der Stirnseite der Terrasse glühte ein weiÃer Pizzaofen. Kunstvolle farbige Mosaik-Ornamente überzogen seine Kuppel, Kellner in langen weinroten Schürzen über gestreiften Hosen balancierten Tabletts herbei.
»Gott, ist das schön«, murmelte Anita beeindruckt.
Man führte sie zu einem Tisch direkt an der Balustrade, und Dirk zog ihr den Stuhl zurecht. Anita bemerkte interessiert, dass sie die einzigen weiÃen Gäste waren und dass es für die Tageszeit zudem erstaunlich voll war. Sie setzten sich. Terrakottafarbene Servietten wurden auf ihrem Schoà ausgebreitet, Wein- und Speisenkarte lagen im Handumdrehen vor ihnen. Sie wählten, und gleich darauf stand eine beschlagene Flasche Mineralwasser vor ihr. Dirk schenkte ihr ein.
Anita nahm das Glas in beide Hände und schaute hinaus ins gleiÃende Licht. Es blendete stark und trieb ihr die Nässe in die Augen. Das durchsichtige Grün der Wellenkämme verschwamm, die glitzernden Gischtschleier tanzten und wogten, und plötzlich war ihr, als würde sie hinausgezogen auf das weite, weite Meer, hinein in das funkelnde Licht. In den Sonnenreflexen flimmerte ein silbriger Schemen übers Wasser. DrauÃen, eben über dem Horizont ⦠Schwebte da ein Lachen in der Luft?
»Frank?«, wisperte sie.
»Möchtest du noch ein Wasser?«
Sie starrte Dirk verständnislos an. Neben ihr kaute Andy vernehmlich, schluckte und kippte sein drittes Bier. Verwirrt schaute sie wieder übers Meer, aber der Schemen hatte sich in ein Segelboot
verwandelt, und das Lachen schien vom Nebentisch zu kommen.
»Wasser, Sprudel.« Dirk hob die Flasche. »Sag mal, ist mit dir alles in Ordnung?«, fragte er mit einem Anflug von Sorge.
Verwirrt schaute sie sich um. »In Ordnung? Ja, ja â¦Â« Sie stotterte. »Ich habe nur für einen Augenblick abgeschaltet â¦Â«
Noch einmal glitten ihre Augen über das Funkeln und Glitzern, nach Norden, nach Süden und bis zum Horizont. Aber da war nur das Segelboot, dessen schlanke Silhouette sich jetzt im Licht auflöste.
»Ich glaube, ich brauche einen Kaffee«, murmelte sie und legte die Hände um ihr brennendes Gesicht. »Einen Espresso. Einen doppelten.«
Dirk winkte einen Kellner heran und bestellte zwei Espresso, sah dann Andy und Maurice fragend an. Maurice nickte zustimmend.
»Einen Wodka«, orderte Andy.
»Nein, vier Espresso«, korrigierte Dirk.
Der Kellner, ein beleibter Inder mit langer Schürze, schaute aus unergründlichen asiatischen Augen abwartend von einem zum anderen. Andy war empört hochgefahren, aber als sein Boss ihm mimisch unmissverständlich klarmachte, wer
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