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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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den Stapel Zeitschriften auf den Boden, den er auf dem Schoß gehabt hatte, zog seine langen Beine von der Balustrade herunter und stand auf. »Ich schätze, unsere Gäste sind im Anmarsch  – wird auch langsam Zeit, es gibt ja schon bald wieder Frühstück«, setzte er nach einem Blick auf seine Uhr unwirsch hinzu und ging ins Haus. Mit dem Telefon in der Hand kehrte er nach ein paar Minuten zurück.
    Â»Das war Dirk. Er wird in etwa einer Stunde mit seinem Assistenten und der Autorin hier sein. Ich frage mich, was die hier eigentlich will. Auf dem Set wird sie nur im Weg sein. Autoren haben immer etwas zu meckern. Aber vermutlich hat man ihr den Mund zugeklebt, damit sie sich nicht einmischt.«
    Jill, die außer einer sandfarbenen Leinenhose und einem hauchdünnen Hemd in der gleichen Farbe, das sie über ein weißes ärmelloses Oberteil geworfen hatte, eine dicke Schicht Mückenspray trug, legte ihr Buch beiseite. »Das kann ich nicht beurteilen, ich habe noch nie einen Autor getroffen.« Sie hievte sich aus dem Liegestuhl. »Ich werde Thabili sofort Bescheid sagen, dass sie Essen vorbereitet. Die müssen ja völlig ausgehungert sein. Nach dieser Katastrophe in Upington wird keiner dem
Essen im Flugzeug vertraut haben, das meist ohnehin ziemlich scheußlich ist.«
    Â»Dirk sagt, dass sie in der Oyster Box etwas gegessen haben …«
    Â»Macht nichts, trotzdem bekommen sie noch etwas. Thabili und Mario stehen schon mit dem Kochlöffel bei Fuß. Mario wäre total eingeschnappt, und du weißt, was das nach sich ziehen kann. Tage von Schmollanfällen und misslungenen Soßen. Ich geh mal rüber und schaue, was wir denen anbieten können. Und wann kommt dieser Schröder?«
    Â»Morgen früh, zusammen mit Marina Muro.«
    Â»Das wird bestimmt interessant.« Sie angelte mit den Zehen nach ihren Flipflops, nahm ihr Gewehr, das wie immer neben ihr lehnte, und lief hinüber zur Restaurantküche.
    Â 
    Es wurde fast neun, ehe der Wächter am Tor die neuen Gäste ankündigte. Jill prüfte eilig ihre Erscheinung im Spiegel, zog den Lippenstift nach, lockerte das Haar auf, schnappte sich ihr Gewehr und machte sich mit Nils durch den von Lichterketten romantisch beleuchteten Blättertunnel auf den Weg zum Parkplatz. Scheinwerferlicht kündigte die Ankunft ihrer Gäste an, und Sekunden später bogen zwei Autos  – ein großer Geländewagen und ein weißer Pkw  – auf den Platz ein und parkten nebeneinander.
    Bevor sich Jill wundern konnte, wer die zusätzlichen Gäste waren, flog die Tür des großen Wagens auf. Der Fahrer kletterte von seinem Sitz und streckte sich ausgiebig. Dann schaute er sich um.
    Â»Dirk! Mann, ist das gut, dich zu sehen!«, rief Nils und breitete die Arme aus.
    Die beiden Männer fielen sich um den Hals, schlugen sich gegenseitig heftig auf den Rücken, boxten sich auf die Oberarme und grinsten dabei unaufhörlich. Schließlich schob Nils seinen Freund ein Stück von sich und musterte ihn eingehend.

    Â»Du kriegst graue Haare.«
    Â»Und du Falten«, gab der Kameramann zurück. Danach grinsten sie sich wieder an.
    Etwas einfältig, fand Jill und trat ein paar Schritte abseits, um Ziko und den neuen Ranger Africa über Funk anzurufen, damit sie die Gäste samt ihren Koffern zu den Bungalows brachten.
    Â»Gut siehst du aus«, sagte Nils. »Trotz der grauen Haare«, setzte er feixend hinzu. »Erfolg steht dir. Ich werde immer gelb vor Neid, wenn ich verfolge, was du so alles drehst … wie du in der Welt herumkommst. Dabei warst du mal genauso ein kleiner Reporter wie ich, immer auf der Jagd nach der besonderen Story. Wenn ich mich recht erinnere, war dein Spitzname Bluthund …« Seufzend verdrehte er die Augen und wedelte die Mückenwolken weg, die über ihm um die Lichtkuppeln tanzten.
    Bei den letzten Worten stockte Jill plötzlich der Atem. Erschrocken sah sie ihren Mann an. Nils hatte nie auch nur angedeutet, dass er sich danach sehnte, sein Zigeunerleben, das ihn von einem Kriegsschauplatz zum nächsten führte, wieder aufzunehmen. Ihr war er bisher immer glücklich erschienen, glücklich mit seiner Familie und mit seinem Posten als Auslandskorrespondent für seinen Sender. Außerdem hatte er gerade angefangen, sein zweites Buch über die politische Entwicklung des Landes zu schreiben. Ein

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