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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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sprühte sich anschließend mit Mückenspray ein, und wie im Ratgeber für Malariaprophylaxe angegeben, trug sie helle, lockere Kleidung, die sie zur Vorsicht ebenfalls einsprühte. Über ausgeblichene Jeans zog sie ein weißes, ärmelloses Top und darüber eine Tunika aus hauchdünnem weißem Baumwollstoff mit überlangen Ärmeln. Ihr Vater hatte jahrelang an Malaria gelitten, und zwar ziemlich übel. Ihre Mutter hatte erzählt, dass er, als er aus Afrika zurückgekehrt sei, nur
noch aus Haut und Knochen bestanden habe und vom Chinin quittegelb gewesen sei. Die Fotos aus der Zeit waren erschreckend. Er sah aus wie ein KZ-Überlebender. Riesige, dunkle Augen in einem Totenschädel. Auch noch in den Jahren danach wiederholten sich die Malaria-Anfälle in regelmäßigen Abständen. Ein erschreckendes Erlebnis für ein kleines Mädchen.
    Ihre Umhängetasche lag auf der Couch. Sie beugte sich vor, um sie hochzunehmen, als sie einen metallisch glänzenden Gegenstand unter dem Wohnzimmertisch entdeckte. Sie hob ihn auf und ließ ihn auf ihrer Handfläche hin und her rollen. Es war ein USB-Stick mit acht Gigabyte Speicher, wie sie feststellte. Ihr gehörte er nicht, also konnte ihn eigentlich nur Maurice verloren haben. Sie ging davon aus, dass der Bungalow vor ihrer Ankunft gründlich sauber gemacht worden war. Sie steckte ihn ein, nahm sich vor, ihn Maurice in den nächsten Tagen zurückzubringen, falls er sich nicht selber melden würde. Sorgfältig schloss sie die Eingangstür hinter sich und setzte sich auf einen der Verandasessel, um auf den Ranger zu warten.
    Â»Hi, ich bin Mark«, sagte der Ranger und tippte mit zwei Fingern an seinen Safarihut, den er verwegen tief ins sonnengegerbte Gesicht gezogen hatte. Er grinste sie mit kräftigen weißen Zähnen an. »Ich gehe vor und halte Ihnen die wilden Tiere vom Leib«, verkündete er mit berufsmäßiger Fröhlichkeit und klopfte auf den Kolben seines Gewehrs, das er über der Schulter trug. »Es kann Ihnen nichts passieren.«
    Anita spähte beunruhigt hinter sich in die undurchdringliche Dunkelheit. »Greifen Löwen denn nur von vorn an?«
    Â»Nicht immer, aber keine Angst, hier wird schon keiner auf uns lauern. Das würde ich riechen.« Mit weit ausgreifenden Schritten marschierte er in den Busch, und Anita blieb nichts anderes übrig, als ihm nachzueilen.
    Jill hatte den Tisch nahe am Haupthaus unter einer ausladenden Palme decken lassen. Kerzen in einem gläsernen Windschutz
warfen warme Lichtflecken auf schimmerndes Silber und dünnwandige Weingläser, winzige Glühbirnen glitzerten zwischen Palmenwedeln. Dirk und Andy saßen bereits am Tisch, ein flackernder Taschenlampenstrahl kündigte weitere Gäste an, die nach kurzem Gruß an die Neuankömmlinge zur Bar strebten.
    Â»Anita, hier ist noch ein Platz frei«, rief Dirk Konrad und zog ihr einen Stuhl zurück.
    Als sie sich setzte, spürte sie seinen Blick wie eine warme Berührung auf ihrer Haut und fragte sich flüchtig, warum ihr das nicht unangenehm war.
    Â»Wie geht es dir?«, fragte Dirk und musste sich räuspern, weil seine Stimme ohne ersichtlichen Grund unvermittelt heiser geworden war.
    Anita breitete sich die Serviette über die Knie. »Sehr viel besser, danke. Ich muss mich nur an das Parfum des Mückensprays gewöhnen. Was gibt es zu essen?«
    Â»Geeisten Gazpacho, frischen Salat mit Avocado, Impalarücken mit fruchtiger Soße und Gemüse, und hinterher ein Mangosorbet«, antwortete Thabili, die mit einer dottergelb gekleideten Kellnerin den ersten Gang brachte.
    Â»Lecker«, murmelte Andy.
    Die Unterhaltung beim Essen tröpfelte spärlich. Es war offensichtlich, dass alle müde waren, und nach dem ausgezeichneten Mangosorbet und einem letzten Schluck Wein verabschiedeten sie sich voneinander und wurden zu ihren Bungalows eskortiert.
    Anita ließ sich auf ihrer Veranda nieder, legte die Beine auf die Brüstung und atmete tief durch, ließ ihre Gedanken frei umherschweifen, genoss die Ruhe, die warme, feuchte Luft, das Rascheln im Busch, die verstohlenen Laute, die ihr sagten, dass sie nicht allein und unbeobachtet war. Der Busch hat viele Augen, das hatte ihr Vater ihr erzählt, als sie ihn ein einziges Mal während eines Brasilienbesuchs in den Urwald begleiten durfte. Damals empfand sie die Vorstellung als sehr

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