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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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unangenehm. Heute
fühlte sie sich zu ihrer eigenen Verwunderung auf merkwürdige Art geborgen. Gedankenverloren erschlug sie einen Moskito, der eben seinen Stachel in ihren Arm bohren wollte.
    Nach einer Weile wurden ihr die Lider vor Müdigkeit schwer. Sie schwang die Beine von der Brüstung und ging hinein. Das Licht im Bungalow hatte sie angelassen, und der Lampenschein fiel auf die Schachtel, die die Geburtsurkunde Cordelias  – Cordelia Mbalis  – enthielt. Abwesend hob sie den Deckel und zog das Dokument hervor. Inzwischen hatte sie die Papierfetzen wie ein Puzzle zusammengesetzt und sorgfältig auf einen Bogen Papier geklebt. Er zitterte leicht in ihrer Hand.
    Wollte sie diese Cordelia überhaupt finden? Sie hatte keine Ahnung, wer die Frau hinter diesem Namen war. Welch ein Mensch sie war. In welcher Umgebung sie lebte. Wenn sie noch lebte. Bedeutete ihr Zuluname, dass sie farbig war? Dann wäre entweder ihr Vater oder ihre Mutter fremdgegangen. War es das, was sie für immer aus dem Land getrieben hatte? Und wie würde diese Cordelia auf eine Schwester oder Halbschwester reagieren?
    Die nervöse Unruhe in ihr regte sich erneut, verstärkte sich zunehmend. Sie ging zurück auf die Veranda, marschierte hin und her, ihre Schritte dröhnten auf den Holzbohlen. Blicklos starrte sie in den nächtlichen Busch.
    Diese Suche war sinnlos, dachte sie, völlig idiotisch. Ihr Leben würde durcheinandergeraten, vermutlich restlos umgekrempelt werden, gerade jetzt, wo ihre innere Verfassung allmählich wieder ins Gleichgewicht kam. Plötzlich lief sie, ohne vorher bewusst den Entschluss gefasst zu haben, ins Haus, öffnete ihren Koffer, der noch gar nicht vollständig ausgepackt war, und begann, ihre Sachen hineinzuwerfen. Sie packte wie im Rausch, riss die Sachen förmlich aus dem Schrank.
    Aber nach ein paar Minuten hielt sie inne und ließ sich auf die Bettkante fallen. Die Geburtsurkunde könnte sie zwar zerreißen,
aber ihren Inhalt würde sie nie aus ihrem Gedächtnis löschen können. Bis an ihr Lebensende würde sie davon verfolgt werden, und das würde sie nicht aushalten, dazu kannte sie sich zu gut. Mit schweren Armen packte sie den Koffer wieder aus und ordnete ihre Sachen abermals in den Schrank ein.
    Diese Frau war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Schlüssel dazu, warum ihre Eltern Afrika von einem Tag auf den anderen für immer verlassen hatten. Also musste sie alles daransetzen, Cordelia Mbali Carvalho zu finden. Eigentlich auch wegen des Erbes ihrer Mutter. Die Wohnung, das Haus auf Mallorca und die Bilder. Rechtmäßig würde die Hälfte wohl Cordelia gehören. Geld war keines mehr da. Der Aufenthalt im Pflegeheim hatte alles aufgefressen, dazu noch den Erlös von zwei weiteren Bildern. Sie setzte sich wieder aufs Bett und zwirbelte die Fransen der schweren Tagesdecke abwesend zwischen den Fingern.
    Und dann traf es sie, aus heiterem Himmel. Sie war nicht allein. Cordelia Mbali Carvalho war ihre Familie. Ihr Herz pochte. Eine tiefe Erregung machte sich in ihr breit, ein warmes, weiches Gefühl. Sie hatte eine Schwester, irgendwo hier, vielleicht ganz in der Nähe. Ihre Familie.
    Allerdings hatte sie nicht die geringste Idee, wo sie mit ihrer Suche anfangen sollte, und beschloss, als Erstes das Telefonbuch der hiesigen Gegend zu durchforsten. Morgen. Heute war sie todmüde. Sie begann, sich langsam auszuziehen, um ins Bett zu gehen.
    Als sie sich aus ihren Jeans schälte, fiel der silberne Speicherstift aus der Hosentasche, den sie bereits vergessen hatte. Nachdenklich drehte sie ihn in den Fingern. Gehörte er wirklich Maurice? Oder vielleicht dem Vorbewohner des Bungalows? Was allerdings kein sehr gutes Licht auf die Gründlichkeit von Jills Hauspersonal werfen würde.

    Trotz ihrer Müdigkeit siegte am Ende ihre Neugier, und sie fuhr ihren Laptop hoch. Während der Computer zum Leben erwachte, vergewisserte sie sich, dass die feinmaschigen Moskitogitter vor den Türen und Fenstern nahtlos geschlossen waren. Sie dachte an den Moskito, der sie fast gestochen hätte. Es hätte eine Anopheles sein können, die den Malariaerreger in sich trug. Ihr Vater hatte sie davor gewarnt, in dieser Hinsicht nachlässig zu sein.
    Â»Eine Raubkatze verletzt dich vielleicht nur. Ein Mückenstich kann dich dein Leben kosten! Wenn du dich also jemals in Malaria-Gebieten

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