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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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stehen und machte eine einladende Geste. »Bitte schön, da wären wir.«
    Anita schaute hinauf. Vor dem schwarzen Himmel schien der Bungalow  – eine luftige Glaskonstruktion mit weizengelbem Rieddach  – aus einem Felsvorsprung herauszuwachsen. Licht leuchtete aus dem Inneren, sodass sie den Eindruck einer Raumkapsel im Dunkel des Weltalls bekam. Und teuer sah es aus. Das war es auch, wie sie sich ins Gedächtnis rief, und eigentlich konnte sie sich diesen Luxus nicht leisten. Nicht, wenn sie nicht bald das neue Buch anfangen würde. Entschlossen verbannte sie diese destruktive Anwandlung und streckte Maurice die Hand hin. »Hast du den Schlüssel?«
    Er setzte die Koffer ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Es gibt keinen. Hier schließt keiner ab. Jills Sicherheitspersonal ist erstklassig. Du bist hier absolut sicher.«
    Â»Vor Menschen vielleicht, aber was ist mit Affen? Mein Vater ist in Brasiliens Urwald aufgewachsen und hat mir endlose Geschichten über die Geschicklichkeit der Affen erzählt. Angeblich fummeln die auch den aufwendigsten Verschluss auf, und das Einzige, was sie zurückhält, scheint ein solides Vorhängeschloss zu sein.«
    Er grinste mit einem Anflug von Ironie. »Offenbar sind unsere südafrikanischen Affen noch nicht so clever. Du weißt ja, wir Afrikaner gelten als zurückgeblieben. Kaum der Steinzeit entwachsen. Warum soll das bei unseren Affen anders sein? Sonst hätte Jill längst Schlösser angebracht. Du kannst also unbesorgt
sein.« Neugierig musterte er sie. »Was haben die Eltern deines Vaters im brasilianischen Urwald gemacht?«
    Â»Die hatten eine Kaffeeplantage, eine ziemlich große«, gab Anita kurz zurück und stieg die knarrenden Stufen hinauf. Mückenwolken umsirrten das Licht über der Eingangstür, Geckos klebten an der Wand und jagten Insekten, die Luft war erfüllt vom hohen Schrillen der Zikaden. Sie drückte die Klinke und stieß die Tür auf. Verblüfft blieb sie stehen.
    Sanftes Licht flutete von oben, ließ die honigfarbenen Fliesen golden glühen, fiel auf Holzbalken und dichtes Grün, auf ein Felsengebilde und vermischte sich mit dem flimmernden Mondlicht. Für Sekunden glaubte Anita, irgendwo im Raum über den Felsen zu schweben. Erst auf den zweiten Blick wurde ihr klar, dass zwischen die massiven, aber trotzdem filigran wirkenden Holzbalken Glas eingesetzt worden war, rundherum, sodass der Eindruck entstand, dass sich der Wohnraum hinaus in die schimmernde afrikanische Wildnis erstreckte. Über ihr erhellten Spots die offen liegende Struktur des Rieddachs. Nachtschmetterlinge flatterten gegen die Glasscheibe und Geckos huschten über die Holzbalken. Es roch süßlich nach trockenem Gras. Tief einatmend durchquerte sie das Zimmer, schob die Glastür auf und trat auf die Veranda, die um das ganze Haus lief.
    Der Mond war hinter den Bäumen emporgestiegen und tauchte die Landschaft in geheimnisvolles Licht. Anita sah, dass das Land hinter einer dichten grünen Hecke, die ihre Veranda zum Abhang hin begrenzte, in sanften Wellen relativ steil zu einem Flusslauf abfiel. Außer gelegentlichem geheimnisvollem Schimmern war der Fluss selbst nicht auszumachen, aber ein dichter Gürtel aus Palmen und großblättrigen Pflanzen wand sich durch das Tal, was nur heißen konnte, dass dort ein Wasserlauf sein musste. An einer Stelle verriet großflächiges Glitzern, dass sich dort wohl ein Wasserloch befand. Und jetzt bemerkte sie auch einen riesigen, soliden Schatten, der sich langsam darauf
zubewegte. Ein Elefant? Ihr Herz begann zu klopfen. Die weißen Blüten der Hecke unter ihr verströmten einen berauschenden Duft.
    Anita verhielt sich ganz still. Schweigend nahm sie alles in sich auf und verlor sich in dem tiefen Frieden, der sie so unerwartet durchströmte. Ein Moment des Friedens, den sie seit Franks Tod nicht mehr erlebt hatte. Den sie nie erwartet hatte, überhaupt je wieder empfinden zu können.
    Â»Toller Bungalow«, sagte Maurice direkt hinter ihr fröhlich. »In welches Zimmer soll ich das Gepäck bringen?«
    Der Zauber war zerstört, und sie blitzte ihn ärgerlich an, beherrschte sich aber. »Lass es einfach hier stehen. Und danke, dass du mich hergebracht hast.« Ihr Ton drückte unmissverständlich aus, dass sie erwartete, jetzt allein gelassen zu werden.
    Maurice blinzelte

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