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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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über die schuppigen Lippen, warf den Kopf hoch und stieß einen Laut aus, der für Anita wie heiseres Kichern klang.
    Unwillkürlich musste auch sie lachen, aber im selben Augenblick brach das kleine Reptil jäh ab, erstarrte und wollte dann verschreckt weghuschen, doch Bruchteile von Sekunden später ereilte ihn ein schreckliches Schicksal. Aus den tiefen Schatten zwischen den Balken glitt eine leuchtend grüne Schlange pfeilschnell auf den Gecko zu, packte ihn um die Mitte, warf ihn herum, bekam den Kopf zwischen die Kiefer und verschlang ihn.
    Anita machte geistesgegenwärtig einen Satz aus der Dusche und schlug die Glastür zu. Tropfend rannte sie ins Wohnzimmer zum Telefon und wählte die Nummer der Rezeption. Jill meldete sich fast sofort. Während sie die Dachbalken im Wohnzimmer nicht aus dem Auge ließ, berichtete Anita, was vorgefallen war.
    Â»Eine grüne Schlange?«, rief Jill. »Hatte sie ein diffuses schwarzes oder dunkelgraues Fleckenmuster an der Seite oder war sie rein grün? Und wie groß war ihr Kopf?«
    Â»Moment.« Anita nahm das Mobilteil des Telefons und lief zurück ins Bad. Aus sicherer Entfernung spähte sie durch die gläserne Tür der Dusche nach oben. Eine Schlinge des Schlangenkörpers hing vom Balken herunter. Eine dicke Beule, die sich schwach bewegte, zeigte, wo der bedauernswerte Gecko gerade verdaut wurde. Sie zog sich schnell zurück.
    Â»Sie hat so was wie dunkle Flecken an der Seite. Den Kopf konnte ich nicht erkennen, aber der ist eher klein gewesen.«

    Jills Seufzer der Erleichterung war deutlich zu hören. »Gut, das ist eine Grüne Buschschlange, die sich verirrt hat. Sie ist harmlos. Wenn die Flecken nicht wären und sie einen großen länglichen Schädel hätte, wäre es eine grüne Mamba. Eine Boomslang hat einen kleinen Kopf mit großen Augen. Beide sind tödlich giftig, obwohl die Boomslang ein so kleines Maul besitzt, dass sie einen meist nicht richtig erwischt. Hast du fertig geduscht? Sonst kannst du es bei mir im Privathaus machen, falls du Angst hast …«
    Anita versicherte ihr, dass sie im Augenblick nicht mehr zu duschen gedachte.
    Â»Gut. Ich werde sofort jemand in deinen Bungalow schicken, der die Schlange entfernt und sich vergewissert, dass du keine weiteren Mitbewohner hast. Tut mir leid, wenn du einen Schrecken bekommen hast.«
    Â»Na, ich bin jedenfalls schlagartig hellwach geworden«, gab Anita zurück und bewegte die Zehen in der Pfütze, die sich um sie gebildet hatte.
    Â»Eigentlich kannst du tagsüber allein zum Haupthaus gehen. Soll ich dir nach dem Schreck trotzdem einen Ranger schicken, der dich zum Haus begleitet?«
    Anita zögerte kurz, dann lachte sie mit mehr Bravado, als sie eigentlich verspürte. »Ach was, nein, danke. Ich werde meinen ganzen Mut zusammennehmen … Du kannst ja einen Suchtrupp aussenden, wenn ich in einer Dreiviertelstunde nicht eingetrudelt bin.«
    Damit legte sie auf, ging zum Badezimmer, öffnete die Tür einen Spalt, zerrte das Badehandtuch heraus und warf die Tür wieder zu. Während sie sich abtrocknete, erwischte sie sich allerdings dabei, dass sie alle paar Minuten das Gebälk über ihr absuchte, um sich zu vergewissern, dass dort kein Reptil herumkroch. Sie nahm sich vor, ein Buch über hiesige Schlangen zu besorgen. Man konnte ja nie wissen, und wie ihr Vater stets
gepredigt hatte, war es immer gut, den Feind genauestens zu kennen.
    Anschließend cremte sie sich gründlich mit Sonnenschutz ein. Zum Schluss ihrer Badezimmerroutine tuschte sie sich die Wimpern und legte einen pastellfarbenen Lippenstift auf. Das musste genügen. Es gab niemand mehr, der bei ihr den Impuls auslöste, sich aufzubrezeln. Sie zerrte irgendein Top aus dem Schrank, zog es über und schlüpfte in ihre hellen Leinenshorts. Eine halbe Stunde nach Jills Anruf zog sie schließlich die Tür hinter sich zu.
    Das Erlebnis mit der Schlange noch in den Knochen, tastete sie mit großer Sorgfalt jeden Zentimeter des schmalen, gewundenen Wegs und das überhängende Buschwerk mit den Augen ab. Über eine kahle, sonnenbeschienene Fläche erreichte sie endlich die Restaurantveranda. Mit ein paar Sätzen sprang sie die Treppe hoch. Die Tische waren sehr hübsch eingedeckt, aber außer ihr war noch niemand da. Sie wählte einen Tisch, der unter einer Palme stand und ihr eine herrliche Sicht

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