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Jenseits

Jenseits

Titel: Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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Ernst, lass dich da nicht mit reinziehen. Das ist keine Situation, mit der du umgehen kannst.«
    Ich musste lachen, auch wenn mir eigentlich überhaupt nicht danach zumute war. »Alex, bitte. Vertrau mir einfach. Gegen das, womit ich jeden Tag fertig werde, ist das hier ein Spaziergang.«
    Ich hatte es kaum gesagt, da folgte ein so lautes Donnerkrachen, dass die wenigen Schüler, die noch mit uns unter dem kleinen Vordach standen, schnell in die Sicherheit ihrer Klassenzimmer flohen.
    »Okay«, sagte Alex so laut, dass seine Stimme das Brausen des Windes übertönte, »ich rechne dir den Versuch hoch an, Pierce. Ehrlich. Aber ich glaube, dein Dad hat hier schon genug Schaden angerichtet, findest du nicht?«
    Kayla sog scharf die Luft ein, und ich spürte ein Brennen in meinen Augen. Dann merkte ich, dass es Tränen waren … auch wenn es nicht das erste Mal war, dass ich diese Worte zu hören bekam. Selbst Mom hatte es oft genug gesagt.
    »Wir kommen zu spät«, meinte Alex und schob sich an mir und Kayla vorbei. »Ich sehe dich um zwei auf dem Parkplatz, wenn ich dich heimfahren soll.«
    Er eilte durch den überdachten Gang zum D-Flügel, den Kopf eingezogen, den Rücken gebeugt. Er sah klein aus, kleiner als je zuvor. Und dabei war Alex im Lauf des Sommers beinahe fünf Zentimeter gewachsen. Onkel Chris hatte mir noch ganz stolz die Markierungen am Küchentürstock gezeigt.
    »Er hat’s nicht so gemeint«, sagte Kayla zu mir.
    »Doch«, erwiderte ich kopfschüttelnd. »Hat er.«
    »Okay«, erwiderte Kayla. »Vielleicht hat er das. Aber er ist auch ziemlich durcheinander. Hey …« Sie starrte auf irgendetwas über meiner Schulter. »Ist deine Großmutter nicht die aus dem Wollladen?«
    »Ja«, antwortete ich. »Warum?«
    »Sie ist hier.«
    Ich wirbelte herum.
    Kayla hatte recht. Meine Oma kam gerade den Gang entlang in einem ihrer üblichen, betont ausgesuchten Outfits (beigefarbene Reiterhose, weißes Folklorehemd und weiße Baumwoll-Slipper mit Gummisohle) auf uns zugelaufen. Um den Hals trug sie einen ihrer zahllosen, selbst gestrickten bunten Fransenschals.
    Oma war berühmt für ihre Schals. Manche Einwohner von Isla Huesos kauften sogar welche für ihre Deckenventilatoren, als künstlerisch ausdrucksstarke Alternative zu der schnöden Leine zum Ein- und Ausschalten.
    »Pierce!«, rief Oma und winkte. Selbst aus dieser Entfernung – Oma war noch ganze zwei Spindreihen entfernt – konnte ich ihr lautes Keuchen hören. Sie war nicht besonders sportlich. Ging nicht gerne zu Fuß, fuhr lieber mit dem Auto überall hin. »Gott sei Dank habe ich dich gefunden. Hast du das von Christopher gehört? Wie schrecklich!«
    »Sie muss hier sein, um euch beide von der Schule abzuholen«, flüsterte Kayla mir zu. »Außer zur Mittagspause lassen sie niemand vom Campus, es sei denn, es gibt irgendeinen Notfall in der Familie, und jemand, der über achtzehn ist, kommt und holt einen ab.«
    »Ja?«, erwiderte ich. »Aber hat Alex nicht gerade gesagt, ihr Auto wäre beschlagnahmt worden?«
    Kayla zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich ist sie mit dem Auto deiner Mom gekommen.«
    »Warum hat Mom Alex dann nicht gesagt, dass sie auf dem Weg hierher ist?«
    Kayla schaute mich an. »Prinzesschen. Was redest du da eigentlich? Du klingst ja, als hättest du Angst, deine Oma könnte dich entführen wollen.«
    Magst du ihn?
    Weiß nicht.
    Das wirst du noch.
    Ich stellte meine Büchertasche ab, den Blick immer noch fest auf Oma geheftet, die es jetzt fast an den Spinden vorbeigeschafft hatte, und sah, wie die Fransen an ihrem Schal hin und her pendelten.
    Genau wie die Fransen an dem Schal, den ich an meinem Todestag getragen hatte, sich über mir im Wasser bewegt hatten.
    Die ganze Zeit über war es da gewesen, direkt vor meinen Augen, und ich hatte bis jetzt gebraucht, um es zu sehen. Ich war so dämlich.
    »Sag mal, wie kaputt ist eure Familie eigentlich?«, fragte Kayla weiter.
    »Kayla«, sagte ich und rollte meine Ärmel hoch. »Tu mir einen Gefallen und geh schon mal ins Klassenzimmer, ja?«
    »Äh«, meinte Kayla mit einem leisen Lachen. »Okay. Ich schätze, das heißt dann wahrscheinlich, dass wir uns später nicht auf dem Parkplatz sehen, oder?«
    »Wenn ich bis zwei Uhr nicht dort bin«, erwiderte ich, »hol die Cops.«
    Kayla lachte jetzt lauter. Sie schien das Ganze offensichtlich für einen Witz zu halten.
    »Keine Sorge, Prinzesschen«, erwiderte sie und machte sich auf den Weg zum D-Flügel. »Das werd ich. Ich und die

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