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Jenseits

Jenseits

Titel: Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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Businessclass-Passagier, dem der Steward gerade ein paar Erdnüsschen angeboten hatte. »Lass sie los.«
    Der Juwelier blickte noch einmal kurz auf, ließ mich aber nicht los. »Verzeihung«, wiederholte er gereizt, »aber kennen Sie die junge Dame? Sie hat nämlich …«
    In diesem Moment griff John über die Theke. Er schien weder wütend noch verärgert, fast emotionslos, könnte man sagen, und legte seine Finger um das Handgelenk des Juweliers, als wollte er ihm den Puls fühlen.
    Aber er fühlte ihm nicht den Puls. Ganz und gar nicht.
    Der Juwelier japste leise nach Luft, und sein Kiefer klappte nach unten. Die Kälte verschwand aus seinem Blick, und an ihre Stelle trat nackte Angst.
    Damals wusste ich nicht, was John da machte. Ich war immer noch viel zu sehr damit beschäftigt, mich zu fragen, wie er überhaupt hierherkam. Aber im Gegensatz zu dem Juwelier war mir aufgefallen, wie Johns Kiefermuskeln hervortraten und wie hart seine Augen waren. Furcht erfasste mich, aber nicht um mich …
    »John«, sagte ich, nachdem ich den Diamanten aus dem Griff des Juweliers befreit hatte und mich bereits rückwärts von dem alten Kauz entfernte, ohne dabei den Blick von dessen Gesicht losreißen zu können. Alle Farbe war daraus gewichen. »Bitte, was immer du da tust, hör auf damit. Es ist gut, ehrlich.«
    Aber es war alles andere als gut. Das war nicht zu übersehen. Doch anscheinend hatte ich genau das Richtige gesagt, denn John warf mir einen kurzen Blick zu, als wollte er den Wahrheitsgehalt meiner Aussage überprüfen, und ließ dann endlich los.
    Noch im selben Sekundenbruchteil keuchte der Juwelier erneut auf und taumelte ein paar Schritte zurück, eine Hand auf seine Brust gepresst.
    Und damit war er nicht der Einzige. Auch ich fasste mir unwillkürlich ans Herz, als ich den bitteren Vorwurf in Johns Blick sah, den er mir gleich darauf zuwarf.
    Nicht mal eine Sekunde später kam der Verkäufer wieder zurück in den Laden. »Alles in Ordnung, Mr. Curry«, sagte er. »Die Polizei ist bereits auf dem Weg und … oh, mein Gott!«
    Was wiederum der Moment war, in dem ich, feige wie ich bin, auf dem Absatz kehrtmachte und blind vor Angst aus dem Geschäft rannte, sodass die Glöckchen über der Eingangstür läuteten wie bei einem Erdbeben. Aber was sollte ich schon anderes tun? Warten, bis die Polizei auftaucht?
    Ich rannte zum Auto meiner Mom.
    »Pierce«, sagte sie, legte ihr Handy weg und starrte mich verwundert an, als ich auf dem Beifahrersitz neben ihr zitternd zusammenbrach. »Da bist du ja. Ich habe die ganze Zeit versucht, dich anzurufen. Hast du dein Telefon wieder vergessen? Du bist nicht drangegangen. Wo …«
    »Fahr einfach«, keuchte ich. »Schnell.«
    »Was ist denn los? Magst du den neuen Doktor nicht? Jennifer McNamaras Mutter sagte, er wäre …«
    »Nein, nicht deshalb. Lass uns jetzt bitte losfahren, ja?«
    Die nächsten paar Stunden waren der reinste Horror. Ich hockte in meinem Zimmer und wartete darauf, dass entweder die Polizei aufkreuzte oder er . Mit Sicherheit hatte jemand unser Auto gesehen und Moms Kennzeichen aufgeschrieben. Und was, wenn das Juweliergeschäft videoüberwacht wurde?
    Aber die Polizei kam nicht. Und John auch nicht.
    Die folgenden Tage ging ich sämtliche Zeitungen durch, selbst die Todesanzeigen, fand aber nicht mal die kleinste Meldung über den Vorfall im Juweliergeschäft.
    Den Grund dafür erfuhr ich erst, als ich das nächste Mal in der Gegend war, und an der Eingangstür des Juweliers ein Schild sah mit der Aufschrift: » ZU VERMIETEN «.
    Ich fragte bei der Verkäuferin in der Kleiderboutique nebenan nach, und sie sagte mir, dass Mr. Curry sich gerade von einem Herzinfarkt erhole und umgezogen sei, wahrscheinlich nach Florida, wo er, wie sie glaubte, Enkelkinder hatte. Und Gott sei Dank, denn jeder habe den launischen alten Kauz ja so gehasst, und jetzt würden sie vielleicht endlich ein anständiges Schuhgeschäft in der Straße bekommen, und außerdem würde dieses eine Kleid ja so toll an mir aussehen, ob ich es denn nicht anprobieren wolle?
    Alles in allem konnte ich mir schließlich zusammenreimen, dass der Angestellte des Juweliers in dem Moment, als die Polizei eintraf, wohl zu sehr damit beschäftigt gewesen war, Mr. Curry eine Herzmassage zu geben, um sich daran zu erinnern, dass er sie eigentlich wegen eines Mädchens gerufen hatte, das eine möglicherweise gestohlene Diamantenkette um den Hals trug. Oder wegen eines Kerls in einer Lederjacke, der auf

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