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Jenseits

Jenseits

Titel: Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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… entschuldige bitte, dass ich mich so albern aufgeführt habe.«
    Er starrte mich an, als wäre er beinahe ein wenig geschockt wegen meines plötzlichen Gemütswandels.
    »Wie bitte?«, fragte er. »Ich meine, ist das wirklich dein Ernst?«
    »Natürlich«, erwiderte ich und brachte sogar ein verheultes Lächeln zustande. Dann hob ich die Tasse, die er mir gegeben hatte, an die Lippen, als wollte ich daraus trinken.
    In diesem Moment tat John etwas, das er noch nie in meiner Gegenwart getan hatte. Etwas Schreckliches. Etwas, das trotz all seines Geredes, wie gut er mich doch kennen würde, zeigte, dass er in Wahrheit keine Ahnung von mir hatte: Er lächelte.
    Und ich tat etwas, das mir immer noch einen Stich ins Herz versetzt, wenn ich daran zurückdenke. Etwas, das mich bis heute in meinen Träumen verfolgt, und von dem ich nicht glauben kann, dass ich es wirklich getan habe. Ich wünschte mir aus tiefstem Herzen, ich hätte es nicht getan.
    Aber ich musste. So, wie das Bett dort stand, und vor allem, wie er dort stand, und … Nun, ich hatte einfach keine andere Wahl.
    Dennoch, wenn ich mich an dieses Lächeln erinnere, tut es mir immer noch in der Seele weh. Aber ich war noch so jung, und ich hatte Angst. Ich wusste mir einfach nicht anders zu helfen.
    Also tat ich das Erste, das mir in den Sinn kam. Genau das, was mein Dad und sogar meine Mom und die Lehrerinnen von der Westport Academy for Girls gewollt hätten, dass ich tue.
    Ich schüttete John die Tasse Tee ins Gesicht und rannte los.

So kehrt’ auch ich, noch schwer das Herz gepreßt,
    Mich jetzt zurück, nach jenem Passe sehend,
    Der Keinen lebend sonst aus sich entläßt.
    Dante Alighieri, Göttliche Komödie , Erster Gesang
    I ch nahm die Treppe, die nach unten führte, weil ich der Meinung war, sie müsste mich zurück zum See bringen. Und bei jedem Schritt, ich erinnere mich noch daran, als wäre es erst gestern gewesen, hatte ich das Gefühl, mein Herz würde gleich explodieren.
    Das kam, wie die Ärzte mir später erklärten, vom Adrenalin.
    Das Nächste, was ich sah, war das Gesicht meiner Mom. Ich beobachtete, wie ihre Miene sich von schmerzvoller, gequälter Trauer zu wilder, überschäumender Hoffnung veränderte, während ich wie ein Roboter auf die Fragen des Notarztes antwortete. Ja, ich wusste, wer ich war. Ja, ich erkannte meine Mutter wieder und wusste auch, welches Jahr wir hatten, sogar, wie viele Finger der Arzt mir vor die Nase hielt. Ich lebte. War von dem Ort entkommen, wo auch immer ich gewesen war.
    War ihm entkommen.
    Alles danach zog an mir vorüber wie in einem Traum. Die Schädeloperation wegen des Hämatoms. Meine Reha. Die Ärzte. Die Psychiater.
    Die Scheidung.
    Denn es war tatsächlich nicht mein Dad gewesen, der mich gerettet hatte, sondern Mom. Nachdem sie von der Bibliothek zurückgekommen war, hatte sie zunächst nach mir gerufen, dann nach mir gesucht und schließlich entdeckt, was geschehen war. Also sprang sie in den Pool und zog mich heraus. Sie war es gewesen, die mit blauen Lippen zwölf Minuten lang versucht hatte, meinem steifgefrorenen Körper wieder Leben einzuhauchen, bis endlich der Notarzt eintraf. Es war ihr Haar gewesen, das wie Eiszapfen an meinem Gesicht festgefroren war.
    Dad merkte nicht mal, was los war, bis er die Sirene des Krankenwagens hörte, den Mom mit dem Handy gerufen hatte. »Es war ein Glück«, sagte er seitdem immer, »dass das Wasser im Pool so kalt war! Sonst wärst du jetzt nicht mehr am Leben. Nur deshalb konnten die Ärzte dein Herz wieder in Gang setzen, nachdem sie dich aufgewärmt hatten.«
    Damit hatte er sogar recht. Mein Körper war praktisch schockgefroren gewesen und hatte deshalb keine bleibenden Schäden davongetragen.
    Es waren meine psychischen »Probleme«, die den Ärzten Sorgen bereiteten. Vor allem, nachdem Mom mich nach der Operation aus der Klinik abgeholt und gemeint hatte: »Ach, Liebes, das wollte ich dich schon die ganze Zeit fragen. Wo kommt das denn her?«
    Und dann hatte sie mir eine Halskette in den Schoß gelegt.
    Die Halskette. Jene, die er mir gegeben hatte.
    »Wo hast du die her?«, fragte ich zurück und schnappte mir sofort die Kette, in der Hoffnung, Mom würde das Entsetzen auf meinem Gesicht nicht bemerken.
    »Die Ärzte haben sie mir zusammen mit deinen anderen Sachen gegeben, als sie dich für die Operation vorbereiteten«, antwortete sie. »Nachdem sie dich wiederbelebt hatten. Anscheinend hast du sie unter deiner Jacke getragen. Ich wollte

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