Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jenseits

Jenseits

Titel: Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
Vom Netzwerk:
…«
    »Was?«, brüllte Dad. »Nein. Ich sagte den 2005er Chateau La Mission Haut Brion. Nicht den von 2008. Wenn ich den von 2008 wollte, hätte ich nach dem 2008er gefragt. Wollen Sie mich umbringen?«
    Ich blickte nach unten auf meinen Diamanten. Er hatte wieder seine übliche Farbe angenommen: ein blasses Grau an den Kanten und Mitternachtsblau im Zentrum.
    Was machte ich da eigentlich?
    Ich konnte hier nicht weg. Nicht jetzt . Wenn ich jetzt davonlief, konnte ich genauso gut wieder zurück in meinen gläsernen Sarg kriechen.
    »Dad«, sagte ich und rieb mir die Stirn. »Weißt du, ich …«
    Jetzt sprach er wieder mit mir. »Ich höre gerade, dass ein Hurrikan auf euch zukommt. Hast du das gewusst? Ich habe deiner Mom gesagt, dass sie sich von dieser Teufelsinsel fernhalten soll.«
    Teufelsinsel . Dad, du hast ja keine Ahnung.
    »Schon in Ordnung, Dad«, erwiderte ich. »Ich hab’s mir anders überlegt. Ich möchte bleiben.«
    »Pierce«, meinte Dad, »kein Problem. Ich kann euch das Flugzeug schicken. Nur der öffentliche Flughafen ist geschlossen. Der Pilot muss nur auf dem Marinestützpunkt landen, und ein Freund von mir kommt dich und Mom holen.«
    »Nein, Dad«, sagte ich. »Zerbrich dir nicht den Kopf deswegen. Ich hatte nur einen schwachen Moment. Ich muss jetzt los, Mom ruft mich. Vergiss einfach, dass ich dich angerufen habe. Wir sprechen uns Sonntag wieder, zur üblichen Zeit.« Ich legte auf.
    Mom war direkt nach den Nachrichten ins Bett gegangen wie immer. Ich duschte und wusch mir die Haare, dann zog ich mein altes Nachthemd an und die Schlafanzugshorts. Das Regenband, oder wie auch immer dieses Ding hieß, hatte sich mittlerweile ausgetobt. Ich stellte mich hinter den Vorhang und spähte durch mein Zimmerfenster nach draußen. Der Himmel war wieder vollkommen wolkenlos, und die Sterne leuchteten. Die Lampen, die Moms ach so umweltbewusster Landschaftsgärtner strategisch günstig neben den Königspalmen in unserem Garten platziert hatte, hatten sich eingeschaltet und leuchteten die mächtigen Stämme an.
    Mom hatte sich noch über die »Lichtverschmutzung« beschwert und gemeint, sie könnten die Zugvögel irritieren, aber der Landschaftsgärtner hatte nur entgegnet: »Ma’am, ich glaube nicht, dass die Zugvögel sich von ihnen ablenken lassen werden. Außerdem sind es Energiesparleuchten, die es Ihnen ermöglichen, jeden zu sehen, der eventuell in Ihrem Garten herumschleicht, ohne dass Sie gleich eine dieser energieverschlingenden Hochleistungs-Überwachungs-Lichtanlagen installieren müssen.«
    Vor allem das Wort »herumschleicht« hatte mich nicht mehr losgelassen.
    »Dann nimm sie doch einfach«, hatte ich mit fester Stimme gesagt.
    Und während ich so nach draußen spähte, sah ich, dass Mom die Poolbeleuchtung angelassen hatte. Dampf stieg von der türkisblauen Oberfläche in die feuchte Nachtluft auf, und in der Mitte des Pools entdeckte ich einen schwarzen Umriss.
    Etwas Kleines trieb dort. Es trieb nicht nur, es kämpfte. Es war so winzig, dass ich nicht erkennen konnte, um was genau es sich handelte, aber was immer es war, es hatte Beine. Beine, mit denen es verzweifelt strampelte, um bis zur rettenden Treppe zu kommen, bevor es jämmerlich ertrank. Aber das arme Ding würde es nie und nimmer schaffen. Denn selbst wenn es ihm gelang, die Treppe zu erreichen, würde es nicht mal die erste Stufe hinaufkommen, weil es einfach zu klein war. Jeder, der Augen im Kopf hatte, konnte das sehen.
    Ich trat einen Schritt vom Vorhang weg.
    Warum ich? Das war alles, was mir dazu einfiel. Warum. Immer. Ich.
    Seufzend lief ich aus meinem Zimmer auf den finsteren Flur im zweiten Stock unseres Hauses hinaus. Durch die offene Tür hörte ich Moms leises Schnarchen. Ich kannte niemanden, der so schnell einschlafen und dann unerschütterlich durchschlafen konnte wie Mom.
    Als ich unten war, gab ich den Code für die Alarmanlage ein und trat durch die Terrassentür ins Freie. Es fühlte sich an, als hätte ich mich in einen Teller dampfende Suppe gesetzt, so feucht war die Luft.
    Überall quakten Frösche, und ich hörte das Zirpen einer Zikade. Irgendwo hinter der mit Bougainvillea überwucherten Gartenmauer raschelte eine Katze – oder war es eine Baumratte?
    Ich ignorierte die Geräusche und tappte barfuß über die Steinfliesen zum Pool, voll und ganz auf meinen Rettungseinsatz konzentriert. Die Fliesen waren immer noch nass vom Regen, und überall krochen Schnecken auf ihnen herum, doch das Licht von

Weitere Kostenlose Bücher