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Jenseits

Jenseits

Titel: Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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schlechtes Wetter bekommen hatten.
    In diesem Moment merkte ich, was es war, das sich an seiner Stimme verändert hatte: Angst . Er hatte Angst. Angst vor dem, was der Friedhofsaufseher mir über ihn erzählt haben könnte.
    »Ja«, sagte ich noch einmal. »Sieh mal …« Ich blickte mich um. Onkel Chris hatte die Gartenmöbel zwar alle in die Garage geräumt, aber neben dem Pool entdeckte ich einen Flecken auf den Steinplatten, den die gnadenlose Hitze dieser Nacht bereits wieder getrocknet hatte.
    »Komm mit«, meinte ich und streckte ihm die Hand entgegen.
    John wich einen Schritt zurück. Er zog seine Hand zwar nicht direkt weg, aber er ließ sie mich auch nicht berühren. Noch nicht.
    »Schon gut«, sagte ich in einem Tonfall, der, wie ich hoffte, beschwichtigend klang.
    John schien sich tatsächlich so zu fühlen wie der Gecko zuvor: Er wusste nicht recht, was dieses komische Mädchen da ihm womöglich antun würde.
    »Ich möchte mich nur irgendwo hinsetzen, wo es trocken ist. Du weißt doch, das mag ich gerne. Trocken sein, meine ich.«
    Er schien den Witz nicht zu kapieren und beäugte mich weiterhin skeptisch, während ich seine Hand nahm und ihn hinüber zu den trockenen Steinfliesen zog. Selbst als ich ihn wieder losließ und meine Füße in das kühle Wasser baumeln ließ, stand er nur wie angewurzelt da und starrte mich an, als könnte er sich keinen Reim darauf machen, was hier gerade vor sich ging.
    Ich beschloss, ihn zu ignorieren. Das hatte ich bei meiner ehrenamtlichen Arbeit im Tierheim gelernt: Wilde Tiere musste man einfach ignorieren. Und es funktioniert tatsächlich. Man muss ihnen nur genug Zeit geben, um von selbst dahinterzukommen, dass man ihnen nichts tun will, dass man sich eigentlich nicht einmal für sie interessiert, und irgendwann begreifen sie es.
    Und dann, mit ein bisschen Glück, kommen sie von allein.
    Was auch John nach ein paar weiteren Sekunden des Zögerns tat und sich im Schneidersitz mir gegenübersetzte – immer noch auf der Hut und bereit, beim geringsten Anzeichen von Gefahr die Flucht zu ergreifen. Irgendwie komisch, fand ich, für einen Totengott.
    Den Vorschlag, er könnte ja vielleicht seine Stiefel ausziehen, verkniff ich mir lieber. Nicht dass dann die Apokalypse losbrach oder so …
    Irgendwo im Garten begann die Zikade, die sich eine kurze Pause gegönnt hatte, wieder zu zirpen. Doch zum Glück war der Wasserfall so laut, dass man sowohl das Zirpen als auch die quakenden Frösche kaum hörte.
    »Was hat Richard gesagt?«, fragte John schließlich, nachdem wir uns eine Minute lang schweigend gegenübergesessen waren. Er schien verblüfft, was aber auch nur zu verständlich war. Schließlich hatte ich bis jetzt weder geschrien noch ihn beschimpft, und ich hatte ihm auch nichts ins Gesicht geschüttet – was eine absolute Kehrtwende in meinem Verhalten ihm gegenüber war. Er fragte sich wahrscheinlich, was in aller Welt der Friedhofsaufseher mir erzählt haben könnte, um eine so dramatische Veränderung herbeizuführen.
    »Na ja«, sagte ich ganz langsam. Ich konnte ja selbst kaum glauben, was gerade passierte und wie . Wenn jemand mir das auch nur eine Stunde zuvor gesagt hätte, ich hätte ihm nicht geglaubt. Aber jetzt schien es irgendwie ganz natürlich.
    Sei doch einfach nett .
    So oder so ähnlich hatte Mr. Smiths Vorschlag gelautet. Aber das war seine Meinung, wie man das Problem lösen konnte, nicht meine.
    »Er hat gesagt, diese Kette hätte tausend Menschen umgebracht«, antwortete ich schließlich.
    Johns ganzer Körper spannte sich an, als würde er jeden Moment aufstehen und gehen – oder mich in den Pool werfen.
    »Hey«, sagte ich und hoffte, dass ich diesmal den richtigen Tonfall getroffen hatte. Ich streckte eine Hand aus und legte sie auf sein Knie. »Du hast mich gerade gefragt, was er gesagt hat. Und genau das erzähle ich dir jetzt.«
    Das mit der Hand schien tatsächlich zu funktionieren. Er lief nicht weg, und ich spürte, wie die Anspannung allmählich aus seinem Körper wich.
    »Das war nicht die Halskette«, erwiderte John mit finsterem Blick. »Glaubst du, ich würde dir etwas geben, das Menschen umbringt? Warum sollte ich sowas tun? Die Furien waren es. Sie waren wütend, weil der Diamant nicht bei der Person war, für die er bestimmt war.«
    »Und für wen war er bestimmt?«, fragte ich.
    Johns Blick verfinsterte sich noch mehr. »Du weißt ganz genau, für wen. Richard sagte, er hat es dir erzählt. Flirtest du eigentlich gerade

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